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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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der er nach einer langen Nacht absacken konnte. Nein, das Hotel war auch der perfekte Ort, um Mittags-Rendezvous zu inszenieren. Bernd erzählte mir, dass er, als er im Hotel wohnte, Frauen oft direkt ansprach. Ob sie Lust auf Sex hätten. Wenn ja, dann sollten sie einfach um zwölf Uhr auf sein Zimmer kommen. Er würde da sein und auf sie warten. Wenn nicht, auch okay. Alles ganz unverbindlich. Es sei erstaunlich gewesen, so Bernd, wie oft die Frauen tatsächlich kamen. Es ging um anonymen Hotelsex, nichts anderes. Frauen waren nach Bernds Ansicht nicht anders als Männer.
    Trotz dieser Annehmlichkeiten sah Bernd es mit vierzig an der Zeit, seinem Leben eine gewisse Stabilität zu geben und in eine feste Bleibe umzuziehen. Neben der Wohnung in Schwabing kaufte er sich auch in Manhattan ein phantastisches Penthouse mit einem phänomenalen Blick zu einem Schnäppchenpreis. Allerdings überließ er – wie immer, wenn er sich eine Bleibe zulegte – die Einrichtung anderen. In diesem Fall einer Filmausstatterin. Bernd gab ihr Geld und erwartete, dass sie sein großartiges New Yorker Penthouse noch großartiger machte. Pläne wollte er gar nicht sehen oder mit ihr besprechen. Sie würde das schon hinkriegen. Als er nach zwei Monaten die Wohnung wieder betrat, traf ihn der Schlag: Die Ausstatterin hatte in die großen Räume Wände einziehen lassen und das Penthouse in eine Kleinbürgerwohnung verwandelt. Bernd war darüber so zornig, dass er die Wohnung sofort wieder mit Verlust verkaufte. Mittlerweile wäre die Wohnung viele Millionen wert, meinte Bernd kopfschüttelnd, wenn er sich an dieses Immobiliengeschäft erinnerte. Und meine Antwort lautete jedes Mal: »Na und? Ist doch egal. Du warst da total unglücklich. New York ist einfach nicht deine Stadt.«
    Die Wohnung in München war jedoch noch nicht genug der lebensverändernden Maßnahmen. Bernd spürte es in seinem Körper. Er brauchte einen radikaleren Schnitt. Etwas Schreckliches war nämlich eingetreten: Er hatte begonnen, fett zu werden! Und das passierte ihm! Er, der immer so dünn gewesen war, dessen Körper jeden Exzess – auch achtzehn Spiegeleier vom Room Service um vier Uhr morgens – mitgemacht hatte! Jetzt auf einmal entwickelte er einen Bauchansatz. Das war ganz offensichtlich der Anfang vom Ende. Es war abzusehen, dass er in ein paar Jahren genauso unförmig, unbeweglich und bräsig daherkommen würde wie all die anderen fetten alten Säcke, die er früher immer verachtet hatte. Es war ganz klar: Er musste sein Leben ändern! Sonst würde das alles böse und höchst unästhetisch ausgehen.
    »Ich hatte damals das Gefühl, wenn ich so weitermachte, würde ich irgendwann als ausgeknockter Boxer enden … so einer, der versoffen und fett irgend ’ne Bar oder ein Restaurant in München betreibt, über dem Tresen seine alten Champion-Gürtel hängen hat und nur von alten Zeiten redet … so wie Robert De Niro in ›Raging Bull‹, weißt’?« So beschrieb Bernd den Grund, warum er sich entschloss, Deutschland zu verlassen. In München hatte er alles erreicht, was er erreichen konnte. Die Tatsache, dass »Letzte Ausfahrt Brooklyn« – also der Film, mit dem er neue, für ihn wirklich interessante Wege eingeschlagen hatte, in Deutschland durchgefallen war – nicht nur bei den Kritikern, sondern auch beim Publikum – konnte nur eines bedeuten: Von jetzt an konnte es in Deutschland nur noch abwärts gehen. Wenn er nicht zum »Raging Bull« werden wollte, musste er sich ein neues Ziel setzen. Bernds Ziel hieß Hollywood.

A Sunny Place for Shady People
    IN Hollywood hatte Bernd bereits viele Freunde. Es war kein fremder Ort für ihn. Unter anderem hatte er dort während einer Party im Chateau Marmont Uschi Obermaier kennengelernt. Die beiden mochten sich. Eine Affäre begann, die sich irgendwann zu einer Freundschaft entwickelte. Später habe ich sie auch kennenund ihren freien, großzügigen Geist schätzen gelernt. Sie hat mir nach Bernds Tod mit ihren eigenen Erfahrungen nach dem Tod ihres Freundes Dieter Bockhorn sehr geholfen.
     
    Mit ihr sprach ich 2011:
     
    Was hat Bernd besonders gemacht?
UO: Du wusstest, wenn alle Stricke reißen, kannst du zu ihm gehen. Das machte einen so stark, dass man dann meistens seine Hilfe gar nicht brauchte. Wenn er einmal mit dir befreundet war, dann war da diese Sicherheit. Von wie vielen Leuten kannst du sagen: Die würden dich nicht fallen lassen? Bernd hat so vielen Leuten geholfen, ohne groß Aufhebens darum

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