BE (German Edition)
ein erneutes Problem: Obwohl Sigourney Weaver die Hauptrolle hatte spielen wollen – und das auch noch für relativ wenig Geld –, hatte Bille darauf bestanden, die junge und damals als zukünftiger Star gehandelte Julia Ormond zu casten. Bille fand Julia Ormond einfach sexier. Bernd war außer sich. Wer will Julia Ormond, wenn er Sigourney Weaver haben kann!? Aber Bille wollte Julia Ormond, und schließlich musste Bernd seinen Traum von einem Film mit Sigourney Weaver aufgeben. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Zwar unterscheiden sich hier die Erinnerungen, aber das ist, was Bernd mir erzählte: Julia Ormond mochte das Drehbuch nicht, das Andrew Birkin geschrieben hatte. Sie wollte Ann Biderman wiederhaben. Sie wollte, dass Ann Biderman das Drehbuch noch einmal umschrieb. Bernd blieb nichts anderes übrig, als nach Canossa zu gehen und Ann Biderman anzurufen. Sie solle doch bitte zurückkommen. Diese Schmach konnte Bernd Julia Ormond nicht vergeben.
Sich »Fräulein Smillas Gespür für Schnee« gemeinsam mit Bernd anzuschauen, hat wenig Spaß gemacht. Bis auf das alberne Ende mochte ich den Film sehr, ganz besonders Julia Ormond. Aber mit Bernd neben mir war der Film eine Qual. Schon nach den ersten zwei Minuten schimpfte er ununterbrochen wie ein Rohrspatz. »Ich hätte einen Film mit Sigourney Weaver haben können! Und jetzt hab ich einen mit Julia Ormond. Und wo ist Julia Ormond heute? Verschwunden in der Versenkung!« Beim Auftritt von Gabriel Byrne ging das Schimpfen weiter. »Schau dir das an: Hat sich geweigert zu trainieren … deswegen wollte er dann in der Sexszene sein T-Shirt anlassen! Also, welcher Mann trägt denn im Bett nach dem Sex ein Hemd?« Schlimm war auch die Erinnerung beim Anblick der Metallbrücke, die zu dem großen Hochseedampfer hinüberführt. Es hatte drei Wochen gedauert, diese Brücke zu bauen. Eines Morgens versank sie zum Horror der Crew einfach im Eismeer. Bernd stand lachend daneben, weil das Verschwinden des Sets im Meer einfach viel zu grauenhaft war, um sich aufzuregen. Was sollte er tun? Es half ja nichts! Also lachte er.
Vollkommen entnervt war Bernd dann vom Ende des Films. Das Ende war schon im Roman sehr nebulös gewesen, und das Drehbuch hatte es nicht geschafft, die Probleme des Romans zu lösen. Bernd fand das Ende einfach peinlich. Es nutzte nichts, wenn ich beim gemeinsamen Anschauen des Films Bernd bat, mir doch meinen Zuschauergenuss zu lassen. Er schaffte es nicht, sich mit seinen Kommentaren zurückzuhalten. »Fräulein Smillas Gespür für Schnee« war kein Film, mit dem Bernd zufrieden war.
Etwas Wichtiges war bei den Dreharbeiten zu »Fräulein Smilla« jedoch geschehen: Bernd hatte sich entschlossen, die Regie zu dem Fernsehfilm »Das Mädchen Rosemarie« zu übernehmen. Sicherlich war das auch eine Folge der Frustration mit Ann Biderman. Er hatte lange genug versucht, diese Autorin zum Schreiben zu bringen und seine Kreativität in sie und andere Autoren hineingepumpt. Nun überlegte er, das Wagnis einzugehen, die Hosen runterzulassen und selbst ein Drehbuch zu schreiben und Regie zu führen. Bille August erinnert sich: »Immer wieder kam er an und meinte zu mir: ›Bille, da gibt es etwas, was ich einfach mal ausprobieren muss … aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es kann. Ich weiß nicht, ob ich mit den Schauspielern umgehen kann, ich weiß nicht ob ich die Geduld habe!‹ Und es stimmt ja auch, als Produzent muss man nicht am Set bleiben. Man kann immer gehen, wenn es einem zu bunt wird. Als Regisseur kannst du dir keine Ungeduld erlauben. Ich habe ihm trotzdem geantwortet: ›Du musst es tun! Wenn du es willst, musst du Regie führen!‹ Als er sich dann schließlich dazu entschlossen hatte, die Regie zu ›Das Mädchen Rosemarie‹ zu übernehmen, sagte er zu mir: ›Du bist schuld, dass ich mich dazu entschieden habe, Regie zu führen! Wenn alles schiefgeht, dann bist du schuld!‹«
Bernd schrieb das Drehbuch zu »Das Mädchen Rosemarie« in zwei Wochen am Set von »Fräulein Smilla« in Kopenhagen, basierend auf dem Drehbuch des gleichnamigen Originalfilms aus dem Jahre 1958. In dem Stoff fühlte er sich sicher, schließlich war er ein Kenner des Rotlichtmilieus, und die Doppelmoral der fünfziger Jahre war ihm aus seiner Kindheit vertraut. Die Geschichte der Rosemarie Nitribitt, die als Hure in die feine Gesellschaft aufsteigen will und so naiv ist zu glauben, die Männer, die mit ihr ins Bett gehen, würden sie in ihre Kreise
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