BE (German Edition)
»Macher«, der so erfolgreich ist, weil er auch ein künstlerisches Auge hat. Aber sich hinzustellen und zu sagen: »Ich bin Künstler« – das war war ein Weg, den er sein ganzes Leben lang mühsam gegangen ist. Glücklicherweise hat er die Zielgerade erreicht. Er hatte zum Schluss ein durchaus gesundes Selbstverständnis als Künstler, das weiß ich. Er war zwar noch unsicher und wackelig damit, aber das ist ja das Gesunde – und für sich alleine hat er bei manchen Arbeiten noch mal draufgeschaut und feststellen können: »Okay, das habe ich geschaffen. Das ist Kunst. Das kommt von mir.«
Ich habe bei ihm immer ein Spannungsverhältnis zwischen dem aktiven »Machenwollen« und der Sehnsucht nach der Auflösung des Egos in der Illusion, der Phantasie, den Schatten an der Wand gesehen … mit seinem Tod ist er dann endgültig in diese andere Welt gegangen.
TT: Der Weg hinein in das Künstlerische hat Bernd befreit von der Last einer bestimmten Rolle, die ihn auch immer wieder sehr angestrengt hat. Dieser Schritt hat ihm auch sehr viel geschenkt. Ich glaube wirklich, dass seine letzten zehn Jahre zunehmend glücklich waren. Ich habe immerhin acht davon mitbekommen. Ich hatte Glück, ich habe eine Spitzenzeit mit Bernd abbekommen.
Für die Rolle der Rosemarie fand Bernd die Jungschauspielerin Nina Hoss. Eine zu diesem Zeitpunkt völlige Unbekannte. Es war ihre erste Hauptrolle in einem Film. Bernd meinte, sie habe damals nicht einmal in hochhackigen Schuhen gehen können und musste dies erst für die Rolle lernen. Nina Hoss spielte die Hure Rosemarie mit einer Wucht und einer trotzigen Erotik, erzählte Bernd. Schon vor der Premiere des Films hätte die deutsche Presse entschieden: Ein neuer Star ist geboren. Bernd gilt als der Entdecker von Nina Hoss, aber Bernd hat immer betont: Nina Hoss hat sich selbst entdeckt. Jeder bekommt ab und zu die eine oder andere Chance, nur hat nicht jeder den Mut sie zu nutzen. So etwas Ähnliches schrieb Bernd auch in seinem Glückwunschtelegramm an Christoph Waltz, nachdem dieser für »Inglourious Basterds« einen Oscar gewonnen hatte. Was den Star zum Star macht, ist, dass er eine Chance bekommt und diese auch beim Schopf ergreift. Carpe Diem.
Wie schon erwähnt ließ Dieter Kosslick »Das Mädchen Rosemarie« in Gedenken an Bernd im Rahmen der Berlinale 2011 vorführen. Eine grandiose Idee, denn der Film war ein großer Trost. Wenn man sich »Das Mädchen Rosemarie« anschaut, dann verbringt man tatsächlich zweieinhalb Stunden in Bernds Kopf. Um wieder bei Bernd zu sein, wurde mir da klar, musste ich einfach nur ins Kino gehen.
Wenn man vom Teufel spricht
AU ch Mitte der Neunziger hatte die Constantin Film trotz des Erfolgs von »Der bewegte Mann« immer noch ständig Geldsorgen. Ein Problem war der amerikanische Markt. Die Zeiten, in denen es genügte, mit einem guten Projekt aufzutreten, um einen guten Cast und US-Verleih zu bekommen, waren vorbei. Vor allem die Tatsache, dass Bernd nie den wichtigen deutschen Markt aufgeben wollte, sondern darauf bestand, seine Filme in Deutschland immer selbst zu verleihen, machte das Geschäft mit Hollywood schwierig. Ein Hollywoodstudio wollte den ganzen Kuchen und nicht, dass Bernd sich das saftigste Stück – Deutschland – herausschnitt. Wenn man sich auf einen solchen Deal einließ, dann musste dies einen guten Grund haben. Zu Zeiten von »Die unendliche Geschichte« konnte dieser Grund noch ein gutes Projekt sein. Mittlerweile gab es nur noch einen triftigen Grund: Geld.
Im Gegensatz zur Constantin Film hatten Ende der Neunziger andere unabhängige Verleiher, wie z.B. Kinowelt, viel Geld. Diese waren börsennotiert und schwammen regelrecht darin. Die sogenannten »Zukunftsbranchen« wie Informationstechnologie, Multimedia und Telekommunikation euphorisierten die Anleger. Es war die Zeit, in der Strahlemänner wie Tony Blair und der Saxophon spielende Bill Clinton die »New Economy« ausriefen. Alles war möglich, das ultimative High hieß »Zukunft«. Der Drogenumschlagplatz dieses »Highs« war in Deutschland der »Neue Markt«. Dieser war 1997 an der deutschen Börse gegründet worden, nach dem Vorbild der amerikanischen Technologiebörse NASDAQ. Die Idee dahinter war, aufstrebenden Medienunternehmen wie eben Kinowelt eine Eigenkapitalfinanzierung zu bieten. Das Resultat waren völlig unrealistische Aktienkurse, die den notierten Unternehmen die Illusion von Geld verschafften. Nie war der Satz von Karl Marx aus dem
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