BE (German Edition)
Schottland verlieben und dort das Leben genießen lernen. Die rote Telefonzelle ist heute immer noch dieselbe, die auf dem Filmplakat zu sehen ist. Auch Bernd verliebte sich sofort. Im Pub erkundigte er sich, ob im Ort möglicherweise ein Haus zum Verkauf stünde. Wie es der Zufall wollte, gab es tatsächlich eines, eine winzige Hütte. Bernd überlegte nicht lange und kaufte sie. Bernd hat wohl einige der glücklichsten Stunden seines Lebens in diesem Haus verbracht, in dem es bis heute keinen Telefonanschluss gibt. Auch ein kleines Fischerboot gehörte ihm dort, mit dem er mehrmals in Seenot geriet und sich von haushohen Wellen umgeben sah. Jedes Mal wurde er in letzter Minute gerettet. Trotzdem wagte er sich immer wieder hinaus auf hohe See.
Irgendwann schenkte Bernd das Haus seiner Sekretärin Marianne als Dank für jahrzehntelange Dienste. Trotzdem fuhren wir noch einmal im Herbst vor Bernds Tod gemeinsam nach Pennan. Es war der schönste Urlaub, den wir jemals zusammen verbracht haben. Keine Anrufe, kein Internet. Nur blaues Meer, Möwen und Meeresrauschen. Bernd ließ sich einen Bart wachsen und starrte in den Himmel. Jeden Tag fuhren wir zum Fischhändler und überlegten uns, welchen Fisch wir an diesem Tag kochen sollten. Dann weiter zu dem winzigen Supermarkt, wo Bernd jedes Mal lange vor dem Bratwurstregal meditierte. Der Supermarkt war für Bernd, der sonst nie einkaufen ging, immer wieder ein großes Abenteuer, und die britischen Würste hatten es ihm angetan. Einmal, als ich noch kurz zum Gemüseregal zurückging und ihn dann suchte, hätte ich ihn beinahe nicht erkannt: Dieser große bärtige Mann in seiner abgewetzten Seemannsjacke aus weißem Leder (ein Geschenk von Wolfgang Petersen vom Set von »Der Sturm«), der so tief in sich versunken und ganz still vor einem Regal stand und sinnierte, war das tatsächlich Bernd? Das einzige Regal, vor dem sich Bernd sonst länger aufhielt, war sein Bücherregal zu Hause.
Eines Morgens während dieses Urlaubs wachte ich auf und merkte, dass Bernd schon aufgestanden war. Ich ging ins Wohnzimmer. Weil er dort auch nicht war, schaute ich aus dem Fenster. Da sah ich ihn stehen, auf der Kaimauer an den Pfosten der Wäscheleine gelehnt. Er sah hinaus auf das spiegelglatte blaue Meer, das nahtlos in den blauen Himmel überging. Ich fand ihn so schön, wie er da so lässig stand. Damals konnte ich nicht wissen, dass ich das Foto, das ich von diesem Glücksmoment machte, für die Dankeskarten benutzen würde, die ich nach Bernds Beerdigung verschickte. Susan Sontag hatte recht. Wenn man jemanden fotografiert, so partizipiert man auch in der Sterblichkeit und Verletzlichkeit dieser Person.
Aber zurück zu »Salz auf unserer Haut«. In dem Roman spielt Sex eine zentrale Rolle. Auch wenn Bernd einen Film machen wollte, den sich auch seine Mutter anschauen konnte, so ließen sich Sexszenen dennoch nicht vermeiden. In den Hauptrollen hatten Bernd und Andrew Greta Scacchi (»The Player«) und ihren damaligen Freund Vincent D’Onofrio (»Full Metal Jacket«). Beide waren sehr ineinander verliebt. Da sollten die Sexszenen kein Problem sein, oder? Tja … am ersten Drehtag klopfte Bernd an Greta Scacchis Garderobe, um ihr viel Glück zu wünschen. Damit sie gute Laune bekam und gegenüber der Produktion positiv eingestellt war, hatte er auch ein teures Geschenk dabei: eine sehr aufwendige Uhr. Scacchi packte die Uhr aus, sah sie voller Verachtung an und knurrte dann, Bernd wolle sie mit diesem Geschenk wohl daran erinnern, nicht zu spät zu kommen. Bernd dachte sich »Was ist das für eine blöde Ziege?« und zog wieder von dannen. Kurz darauf dann die Bombe: Scacchi ließ verlauten, sie wolle sich für den Film nicht nackt ausziehen. Szenen oben ohne zu drehen, das könnten sich Bernd und Andrew gleich aus dem Kopf schlagen. Andrew: »Scacchi hatte zu diesem Zeitpunkt den Ruf weg, in jedem Film immer gleich die Hüllen fallen zu lassen. Deswegen wollte sie dieses Mal unbedingt angezogen bleiben. Greta wusste natürlich, dass die Sexszenen von Anfang an im Drehbuch gestanden hatten. Aber sie hatte die Rolle trotzdem angenommen, wohl, weil sie gerne mit ihrem Freund zusammenarbeiten wollte und das Ganze gut bezahlt war.«
Bernd regte sich furchtbar auf. Andrew beruhigte ihn und machte ihm einen Vorschlag: Scacchi hatte ganz offensichtlich Sorge, dass Bernd und Andrew die gedrehten Szenen mit nach Hause nehmen und dann einen echten Softporno daraus schneiden würden. Die
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