BE (German Edition)
angestrengt, altmodisch und fatal irrelevant, außer für einen Kleinstkreis von »Eingeweihten«.
Emir Kusturicas Ausführungen dagegen sind stets global, philosophisch in einem weltumspannenden Sinn (wieso z. B. macht er jetzt eine Tournee durch Italien mit einer Zigeunerband und hat solch enormen Erfolg?). Merkwürdig – aber auch bezeichnend, dass dieser Begriff »Erfolg«, der mir in unseren Breiten stets so viel Mühe macht, für diesen Menschen (und in unseren Gesprächen) so wenig Anlass zur Interpretation nötig macht.
Er ist in seiner gesamten Disposition weltoffen und gleichzeitig bewundernswert in sich geschlossen, was sein Wertesystem anbetrifft. Auf jeden Fall eine bemerkenswerte Erscheinung und in seiner Anlage außergewöhnlich. Wir werden sehen!
(…)
Intern und Extern in der Firma ist der Teufel los. Ein unglaubliches Gerangel um Posten und Kompetenzen. Der Arbeitsaufwand ist gewaltig, manchmal so, dass ich für kurze Momente das brennende Gefühl der Verzweiflung, des Versagens und der Angst durchmache. Es sind an sich nur Momente, aber diese Momente fressen deine Seele auf, denn die Seele besteht ja aus dem Vertrauen auf die Zukunft und die Gelassenheit, diese Zukunft zu meistern, inklusive den Tod.
D.h. wenn das Vertrauen in die eigene Kraft schwindet, schwindet die Zuversicht, die Zukunft und du hast plötzlich Angst vor dem Tod. Das ist schrecklich! Man sollte keine Angst haben vor dem Tod, denn das heißt Angst vor dem Leben, den Entscheidungen, die wir treffen müssen, um würdig und sinnvoll zu leben und das zu tun, was wir tun müssen, in Anbetracht unseres Talents, unserer Verantwortung uns und anderen gegenüber.
Samstag
Noch immer gestrandet in Rom – übrigens in derselben Raucherecke im Flughafen. Nachdem wir gestern 5 Stunden auf den Abflug warten mussten, dann endlich rauf aufs Flugfeld –, konnte der Flieger wegen Triebwerkschaden nicht starten! Alles wieder raus in den Flughafen, Geschrei, Aufregung überall. Mich hat es vor Frust fast zerrissen, Mit den letzten Lire (Martin hat mir Gott sei Dank noch welche dagelassen) mit dem Taxi ins Sheraton. Vor Wut hab ich gar nicht bemerkt, dass er mich um ca. fünfzig DM beschissen hat!
Jetzt ist es Mittag, und die Maschine nach München hat schon wieder 1 ½ Stunden Verspätung.
(…)
Mit fünfzig sollte ich mehr Gelassenheit zeigen, die Dinge auch auf mich zukommen zu lassen, leichter gesagt als getan: denn meine grausame Ungeduld steht mir dabei stets im Wege. Andererseits, wenn man nicht manchmal versucht, die Ereignisse zu zwingen, dann entsteht auch nichts.
Bulle & Bär
19 99 ging die Constantin Film an die Börse. Und das obwohl jeder sagte: Die Constantin ist so ein unzivilisierter, chaotischer Haufen, das wird nie etwas. Der Weg dorthin war langwierig. Neun Monate härtester Arbeit, um das Unternehmen börsenfähig zu machen. Nicht nur, dass die Constantin für den Zweck des Börsengangs von Rechtsanwälten und Buchhaltern auf den Kopf gestellt wurde. Bernd musste zudem Vorträge vor Investmentbankern halten und diesen versichern, was für ein bombensicheres und hochprofitables Geschäft die Filmbranche doch sei. Bernd war dies höchst unangenehm. Wie oft hatte die Firma an einem seidenen Faden gehangen, wie oft war er selbst am Bankrott vorbeigeschrammt. Und nun sollte er diesen Leuten, die im Gegensatz zu ihm über nichts anderes nachdachten als Geld, erzählen, wie sie jedes Jahr ihre Profitmargen steigern konnten, wenn sie in die Constantin-Aktie investierten? Ihm wurde versichert, das sei eben das Spiel. Diese Vorträge würden alle Unternehmen halten, die an die Börse wollten. Das sei nun einmal der Handel mit der heißen Luft. Der Markt würde das Soufflé dann schon wieder auf realistische Größe zusammenschrumpfen lassen.
Hilfe bekam Bernd beim Börsengang von einem Sohn Helmut Kohls, der als Investmentbanker arbeitete. Dieser war ihm von Leo Kirch aufgedrückt worden. Die Freundschaft zwischen Leo Kirch und dem Altbundeskanzler zog übrigens auch weitere Kreise. Bei einem Abendessen, das Bernd zu Hause bei sich veranstaltete, hatte er auch Leo Kirch eingeladen. Sehr zum Missfallen von Leo Kirchs Ehefrau goss Bernd seinem Geschäftspartner ordentlich Alkohol ein. Irgendwann, so Bernd, habe Leo Kirch dann zum Besten gegeben, wie er es vollbracht habe, seine Verfilmung der Bibel als TV-Serie in die USA zu verkaufen. Als er nämlich keinen US-Sender für die Serie hatte finden
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