BE (German Edition)
würde.
Zurück zum »Parfum«-Konflikt zwischen Leo Kirch und Bernd. Kirchs Antwort auf Bernds Kündigung kam postwendend. Bernd hatte ihm die Pistole auf die Brust gesetzt. Für einen Mann wie Leo Kirch konnte dies nur eine Konsequenz haben:
10. Januar 2001
Lieber Bernd,
gerade erhalte ich Deinen Brief. So sehr ich Deinen Rücktritt als Freund bedauere, als Unternehmer muss ich ihn annehmen. Über die Modalitäten sollte später gesprochen werden; selbstverständlich kann ich mir weitere Formen der Zusammenarbeit vorstellen. Wir werden die Sache unaufgeregt und unter Männern zu Ende bringen. Dann gibt es auch wieder Zeit für Gespräche. Bis auf weiteres sollte nichts nach außen dringen. Dein Freund will und werde ich bleiben.
Mit freundlichen Grüßen,
Leo
Eine harte Nummer. Da musste Bernd schlucken. Aber ihm blieb keine andere Wahl. Es half ja nichts. Die Situation hatte sich so zugespitzt, dass der Kapitän das Schiff verlassen musste. Bernd handelte mit der Constantin einen Produzentenrahmenvertrag aus und betrieb nun das Projekt auf eigene Kosten. Trotzdem wollte keine Ruhe einkehren.
Im April 2002 musste Leo Kirch einen Insolvenzantrag stellen. Dies hätte den Weg für »Das Parfum« frei machen sollen, aber da waren ja noch die Schweizer Gesellschafter, die Kirchs Anteile übernommen hatten. Dem Chef von Highlight Bernhard Burgener hatte Kirch, wie gesagt, von Anfang an eingebläut: Bloß kein Parfum! Der Film würde der Untergang der Constantin sein! Als neuen Vorstandsvorsitzenden hatte Bernd Fred Kogel gewinnen können, der nach seinem Job als Sat1-Chef die dankbare Aufgabe übernommen hatte, Kirchs Insolvenz abzuwickeln. In seiner letzten Sitzung als Aufsichtsratsvorsitzender der Constantin – wir schreiben nun das Jahr 2003 – beschloss der Aufsichtsrat mit Fred Kogels Stimme, Bernd die Rechte zu »Das Parfum« abzukaufen und ihn von seiner persönlichen Bürgschaft zu erlösen. An seinem ersten Arbeitstag als Vorstandsvorsitzender erfuhr Kogel, dass über Nacht der Super-GAU eingetreten war: Seit 2001 war Werner Klatten der neue Vorstandsvorsitzende der EM.TV und neben Bernd und der Highlight einer der Hauptgesellschafter der Constantin Film AG, doch nun hatte er seine Anteile an der Constantin an die Highlight verkauft. Damit hatte Klatten das Versprechen gegenüber Bernd gebrochen, er werde die EM.TV-Anteile nur mit Bernds Wissen verkaufen und Bernd auch ein Vorkaufsrecht gewähren. Stattdessen besaß nun Burgener die Mehrheit an der Constantin. Dies war nichts anderes als eine feindliche Übernahme. Als Bernd und ich eines Abends, es war lange nach der Premiere von »Das Parfum«, im Schumann’s saßen, zog plötzlich ein dunkler Schatten über sein Gesicht, als hätte er den Geist von Jack the Ripper gesehen. Es war Werner Klatten, der das Lokal betreten hatte. Bernd schaute besorgt auf den leeren Tisch neben uns und bedeutete dann einem der Kellner, dass er Klatten auf keinen Fall an diesen Tisch führen sollte. Klatten war für ihn ein Verräter der übelsten Sorte.
Bernd und die Vorstandsmitglieder der Constantin Film AG wehrten sich mit Händen und Füßen gegen diese Übernahme. Sie erreichten, dass die Highlight anstatt der geplanten 3,50 Euro pro Aktie 4,50 Euro zahlte. Trotzdem ließ sich der Kauf nicht blocken. Und Burgener versuchte zunächst einmal, ganz im Sinne von Leo Kirch, »Das Parfum« zu verhindern. Es war ein mörderischer Stress. Nach einer der zahllosen Verhandlungen mit der Highlight kehrte Bernd in sein Büro zurück und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er wunderte sich, dass seine Sekretärin Tanja Goll die Musikanlage angestellt hatte und aus den Lautsprechern ein lautes Rauschen klang. Doch Bernd irrte sich, die Anlage war ausgestellt. Von nun an sollte er ein amtliches Tinnitus-Rauschen im Ohr haben.
Mit der Zeit entspannte sich – auch dank Fred Kogels Einwirken – das Verhältnis zwischen Burgener und Bernd. Aus dem Gesellschaftskrieg wurde eine echte Sympathie und Wertschätzung. Später sollte Burgener sogar »Das Parfum« retten, indem er die Privatinvestorin Giggi Oeri mit an Bord brachte. Die Ironie des Schicksals ist auch die, dass, nachdem ich den Marmor für Bernds Grabstein ausgewählt hatte, sich herausstellte, dass ausgerechnet dieser Brocken Marmor aus einem Steinbruch stammte, der Bernhard Burgener gehört.
Tief, tief, tief in den Osten
ES war das Jahr 2002. Der Krieg um »Das Parfum« tobte. Trotzdem musste das
Weitere Kostenlose Bücher