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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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Kirch-Imperiums. Die Sorge, dass »Das Parfum« das durch den Börsengang entstandene Cash-Polster der Constantin Film auffressen und die Firma bankrottgehen könnte, konnte Bernd nicht nachvollziehen.
    Da der Aufsichtsrat der Constantin Film den Kauf der Rechte ablehnte, Bernd aber an diesen Stoff glaubte, entschied er sich, einen Kredit auf seine Constantin-Anteile aufzunehmen und die Rechte als Privatmann zu erwerben. Weihnachten 2000 schrieb Kirch daraufhin an Bernd, dass er Bernds Entscheidungen nicht länger folgen könne. Er befürchte, so Kirch, dass Bernd an seinem Schritt, dieses Abenteuer auf eigene Rechnung einzugehen, »schwer zu tragen« haben werde.
    Am 9. Januar 2001 gab Bernd in einer Presseerklärung bekannt (auf Constantin-Film-Briefpapier), dass er die Filmrechte an »Das Parfum« erworben habe. Die US-Fachzeitschrift Variety hatte nämlich in einer großaufgezogenen Titelgeschichte Bernds Erwerb der Rechte bekannt gegeben. Allerdings war in dem Artikel nichts davon berichtet worden, dass nicht die Constantin, sondern Bernd persönlich die Zahlung geleistet hatte. In den Büros der Constantin in Los Angeles und München liefen sofort die Telefone heiß. Am selben Tag schrieb Leo Kirch einen erbosten Brief an Bernd, in dem er ihn bezichtigte, er würde den Namen der Constantin Film AG benutzen, um gegen den Willen des Aufsichtsrats Tatsachen zu schaffen Außerdem betonte Kirch, dass er weiterhin jede inhaltliche Befassung der Constantin mit »Das Parfum« ablehne und es nicht zulasse, dass der Constantin Film durch das Projekt Kosten entstünden. Im Klartext: Bernd musste alle Kosten, also Flüge, Bewirtung und vor allem Gagen von Drehbuchautoren aus eigener Tasche bezahlen. Der Brief endet mit folgendem P. S.: »Solange Du Dich weiter mit durchsichtigen Manövern über meinen Willen hinwegzusetzen versuchst, sehe ich in einer persönlichen Begegnung keinen Sinn.«
    Bernd zückte seine letzte Waffe: Am 10. Januar 2001 verfasste er handschriftlich auf dem Briefpapier des Hotel Adlon in Berlin folgendes Fax:
     
    10. Januar 2001
     
    Lieber Leo –
Dein letzter Brief an mich zeigt nun endgültig, wie unheilbar Dein Vertrauensverhältnis in mich erschüttert ist. Unterschiedlicher Meinung zu sein, ist eine Sache, aber dass Du mir allen Ernstes »durchsichtige Manöver« unterstellst, ist zwischen uns undenkbar. Es ist mir unmöglich, dies hinzunehmen und so zu tun, als wäre nichts passiert. Daher lege ich den Vorstandsvorsitz der Constantin nieder. Derart zerrüttete Verhältnisse können nicht zum Wohle der Firma sein. Schon gar nicht einer Firma, die ich aufgebaut habe und die ich liebe. Wir werden eine andere geeignete Person finden, die das Management übernimmt. Mein Entschluss diesbezüglich ist unumstößlich. Wenn das gewollt ist, werde ich die laufenden Filmproduktionen selbstverständlich zu Ende führen. Ich kann mir auch vorstellen, in einer Produktionskapazität weiter mit der Constantin zu arbeiten.
  Lass mich noch sagen, dass ich ohne Bitterkeit bin und dass Du aus meinem Munde niemals ein Wort der Verleumdung hören wirst. Du bist mein Freund und wirst es bleiben, ob Du nun willst oder nicht. Es waren gute Jahre mit Dir. Wer weiß, was die Zukunft uns noch bringt – vielleicht noch Gutes.
  Für jetzt wünsche ich mir, dass wir das, was jetzt kommt, wie Männer von Format behandeln.
  Wie immer: Glück und Gesundheit.
  Dein Bernd.
     
    Zu sehen, wie sich bei dem Satz »Daher lege ich …« Bernds Handschrift verkrampft hat, lässt einen den Schmerz und die Aufregung fühlen, die ihn das gekostet haben muss. Für »Das Parfum« hat Bernd in der Tat alles riskiert: sein Vermögen, seine Anteile an der Constantin, seinen Job und in dem Sinne seinen Lebensinhalt. All das ging mir durch den Kopf, als wir im September 2006 in einem Zimmer im Bayerischen Hof in München saßen. Es war noch eine Stunde bis zur Premiere von »Das Parfum«. Bernd lag auf dem Bett, neben sich einen Eiskübel mit einer Flasche Weißwein, und starrte an die Decke. Ich saß neben dem Bett auf einem Stuhl und sah auf Bernd. Wir sprachen kurz darüber, welche Opfer ihn dieser Film gekostet hatte, welches Herzblut darin steckte. Und wie unfassbar es war, dass nun dies alles auf dem Spiel stand. Gleich würde er in die Arena ziehen, auf dem roten Teppich in die Kameras lächeln und dabei denken »Ave Caesar, morituri te salutant« und dann warten, ob der Imperator Publikum den Daumen hoch oder runter halten

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