BE (German Edition)
weltweit verkauft hatte.
Ein paar Tage später befand ich mich auf einer Berlinale-Party, auf der ich in meiner Funktion als Journalistin ein paar Leute treffen und kurz interviewen sollte – »work the room« heißt das bei Variety . Mit einem gesunden Autismus kann so etwas Spaß machen. Gerade stand ich an der Bar, als ein ehemaliger Liebhaber auftauchte. Ojeh. Ich wollte diesem Herrn gerade vorschlagen, dass wir zur Abwechslung doch einfach mal nicht so tun könnten, als wären wir Darsteller in einer Ingmar-Bergmann-Parodie, als Bernd den Raum betrat. Er sah mich und steuerte direkt auf mich zu. Da war er also: dieser große Mann, der so seltsam verwundbar wirkte und dennoch über alles hinwegzustrahlen schien. In diesem Moment musste ich mich entscheiden. Bei diesem Exliebhaber stehenzubleiben hätte bedeutet, dass die Unterhaltung mit Bernd ein professioneller Plausch geworden wäre. Ich nickte dem Verflossenen zu, drehte mich weg und machte den Schritt zu Bernd.
Mein erstes Date mit Bernd war ein Mittagessen im Café Einstein Unter den Linden. Ich hatte mir eine Ausrede ausgedacht und mich heimlich aus der Redaktion geschlichen. Es hatte schon Fotos von Bernd und mir gegeben, nachdem Bernd und ich uns wieder auf einer Veranstaltung begegnet waren und er darauf bestanden hatte, mich zu seiner nächsten Veranstaltung als seine Begleitung mitzunehmen. Es war das erste Mal gewesen, dass ich einem Blitzlichtgewitter ausgesetzt war, und es hatte mir extrem Angst gemacht. Nicht nur, dass man das Gefühl hat, gleich zu erblinden oder einen epileptischen Anfall zu bekommen. Nein, ich hatte große Sorge, was meine Chefin sagen würde, wenn sie diese Bilder sah. Zwar würden diese Fotos höchstwahrscheinlich nicht abgedruckt werden, aber sie und die Bildredakteurin sahen sich jeden Morgen die Veranstaltungsfotos der Agenturen vom Abend zuvor an. »Bernd Eichinger und Begleitung« war nicht das, was man über eine Variety -Journalistin lesen wollte oder sollte. Noch hatte ich diese Fotos in der Redaktion mit »Zufall« rechtfertigen können. Es stimmte auch, dass Bernd mich einfach mit ins Bild gezogen hatte. Aber dieses Mittagessen war alles andere als professionell. Bernd hatte mich dazu gedrängt, nachdem ich am Abend zuvor um ein Uhr nachts den Cinderella-Abgang vollzogen hatte. Zu dem plötzlichen Abschied hatte ich mich entschieden, nachdem ich etwas Seltsames miterlebt hatte: Bernd und ich waren gerade sehr angeregt im Gespräch gewesen, als sein Blick plötzlich zur anderen Seite des Raumes wanderte. Es war, als ob er plötzlich einen Schalter umlegte: Bernd warf die »Bernd Eichinger Maschine« an. Er sprang auf, ging hinüber zu einer Bank, auf der unter anderem Sönke Wortmann saß, stellte sich hinter die Sitzenden und machte irgendwelche Zampano-Faxen. Die Fotografen drehten durch. Es war dann das Foto, was am nächsten Tag in der Zeitung war. Von Bernd inszeniert. Ich hatte das alles als befremdlich empfunden und das Ganze als Signal zum Gehen gesehen. Aber Bernd hatte mich erst ziehen lassen, nachdem ich mich mit ihm für den nächsten Tag zum Mittagessen verabredet hatte.
Ich war mir nicht sicher, ob Bernd sich überhaupt an unsere Verabredung erinnern würde. Immerhin war es schon spät und er auch nicht mehr ganz nüchtern gewesen. Aber als ich das Lokal betrat, saß er schon da, mit seinem blauen Jackett, die verkaterten Augen hinter der Sonnenbrille versteckt. Die Sonnenbrille nahm er zum Glück ab. Es ging ja um das gegenseitige Kennenlernen, das war von Anfang an klar.
Wenn ich an unser erstes Date zurückdenke, dann fällt mir zuerst einmal mein klopfendes Herz ein. Es war ja auch eine aufregende Situa tion. Wir fühlten uns beide vom anderen angezogen und wollten testen, ob wir wirklich miteinander reden konnten. Bernd wollte wissen, ob ich auf Augenhöhe mit ihm war, und ich – auch nicht bescheiden – wollte wissen, ob er mir das Wasser reichen konnte. Diese »Bernd Eichinger Maschine« war mir nicht ganz geheuer gewesen, und ich wollte wissen, inwiefern das Teil seines Wesens war und ob sich hinter dem Äußeren des triebhaften Erfolgsmenschen noch etwas Substanzielles verbarg. Wir redeten über Geschichte. Bernd erzählte mir von seiner Faszination von Napoleon, die ich aber nicht nachvollziehen konnte. War das nicht auch einer gewesen, der nichts anders konnte als Krieg? Bernd versprach, mir ein Buch über Napoleon zu schicken, was ich ihm aber zurückgeben müsse, denn es sei eine
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