BE (German Edition)
danach noch zusammensaßen … Bernd, Uli, Christine Rothe, Rainer Klausmann, Anna Gross und natürlich Nina und die Schauspieler. Reste der Aufregung spülten noch durch unsere Körper ebenso wie das Wissen, dass das jetzt der Höhepunkt und gleichzeitig das Ende einer langen Reise war. Alle sahen sie wahnsinnig gut aus in ihren Smokings und Abendkleidern. Wir waren umgeben von Palmen, von lauer Nachtluft, wir waren so weit weg vom deutschen Terrorismus und doch war da diese Frage im Hinterkopf: »Wie konnte uns all das vergossene Blut und all die betrogenen Ideale in diese Zwischenwelt katapultieren?«
Bernd arbeitete mittlerweile an einem neuen Drehbuch: »Stella« – nach dem Roman »Schweigeminute« von Siegfried Lenz. Bernd hatte mir das Buch aus den Händen gerissen, als ich es neben ihm im Bett las. Es war genau das Gegenprogramm, das er sich nach »Baader Meinhof« wünschte: statt eines Epos mit viel Action und Gewalt eine kleine verträumte Liebesgeschichte am Meer. Das Drehbuch schrieb er wieder in Los Angeles. Es waren die schönsten Drehbucharbeiten, die ich mit Bernd erlebt habe. Wenn Bernd schrieb, beherrschte die Geschichte, das Thema seines Drehbuchs immer die Atmosphäre unseres Lebens. Nun waren es Liebe und Romantik, die unser Leben bestimmten. Diese warme Welle der Liebe rauschte über uns hinweg. Statt BKA-Berichten und Zeugenaussagen lagen nun Emil-Nolde-Bücher im Wohnzimmer herum. Bernd war ganz weich. Ich war sehr glücklich.
Bernd und Uli wollten und konnten noch nicht voneinander lassen, wollten noch einen Film zusammen machen. »Stella« sollte das Gegenmittel zu »Baader Meinhof« werden. Jetzt konnten sie endlich beide ihre romantische Ader ausleben. Im Sommer sollte gedreht werden. Das »Baader Meinhof«-Team war schon benachrichtigt. Alle standen in den Startlöchern. Dann auf einmal ein Anruf von Nadja Uhl auf meinem Handy. Nadja sollte Stella spielen, die Englischlehrerin, die eine tragische Liebesaffäre mit ihrem Schüler beginnt. Sie war für Bernd die perfekte, die einzig mögliche Besetzung. Wie eine deutsche Jean Seberg in »Außer Atem« würde sie in dem Film aussehen. Als ich Nadjas Namen auf dem Display meines Handys sah, ahnte ich, dass es Probleme geben könnte. Und so war es dann auch. Nadja war schwanger. Das war ja per se eine gute Nachricht, nur eben etwas schwierig für den Film. Uli traf sich mit allen anderen deutschen Schauspielerinnen in dieser Altersgruppe, aber das Ergebnis war unbefriedigend. Nadja Uhl wäre perfekt gewesen für die Rolle, alle anderen Optionen waren ein Kompromiss, der sich falsch anfühlte. Dazu kam noch, dass sich kein idealer Drehort finden ließ. Dadurch explodierte das Budget. Was ein kleiner Film hatte werden sollen, wurde plötzlich sehr teuer. Zu teuer für Bernd, der wusste, dass er mit einem Liebesdrama auf die Kritiker angewiesen war. Aber auf die konnte er sich nun wirklich nicht verlassen. Wie sollte er diesen Film also in die Kinos bringen? Das Risiko erhöhte sich ständig. Eine Ampel nach der anderen schaltete auf Rot. Bernd tat das einzig Vernünftige und zog den Stecker.
Nun stand Bernd vor dem nächsten Problem: Sein geliebtes Team, das sich immer auf ihn verlassen können sollte, rechnete mit dem Sommerdreh. Die standen nun ohne Job da, und Bernd hatte Sorge, das Vertrauen seiner Mannschaft zu verlieren. Ein Ersatzprojekt musste her. Bei der Constantin lag ein Filmprojekt, das auf der Autobiographie des Deutsch-Rappers Bushido beruhte. Weil Bernd Rap und die Aufsteigergeschichte eines Jungen mit Migrationshintergrund interessant fand, hatte er das Buch gelesen. Ich weiß noch, wie er neben mir im Bett lag und ständig mit den Augen rollte. Dies »Alles Schlampen außer Mami«-Narrativ war nun wirklich nicht sein Ding. Aber dann wurde Bushido uns am roten Teppich vom Filmball vorgestellt und saß neben uns am Tisch. Das war ein wirklich netter, sehr höflicher und auch witziger Typ. Ganz anders als sein Buch. Die Fotografen flippten aus, als sie Bernd mit Bushido sahen. Diese Kombination ließ sich ganz offensichtlich verkaufen. Dazu kam noch, dass Uli Edel ein großer Fan von Rapmusik ist und während des »Baader Meinhof«-Drehs ständig in dieser roten Rapper-Jacke rumgelaufen war. Bernd und Uli trafen sich mit Bushido und seinem Rapper-Kumpanen Kay One. Die hatten einen Wortwitz und eine anarchische Blödelkultur, die wirklich Spaß machte. Warum also nicht? Das würde vielleicht kein »8 Mile« werden, aber
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