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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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das muss man ins Verhältnis setzen zu den theoretischen Einspielmöglichkeiten, die so ein Film hat. Wer kann den Film sehen? Was ist der Markt für den Film? Dann ist es so, dass das Risiko sehr hoch zu bemessen ist. Und ich bin auch mehrmals ganz bös auf die Schnauze gefallen.«
Was sind Ihre Ziele?
BE: Ich möchte erreichen, dass ich mit meiner Firma in eine Situation komme, wo ich Filme herstellen kann, von denen ich glaube, dass sie gemacht werden sollten. Sowohl fürs Fernsehen, ich mach gern Fernsehen – aber man muss sehen, dass es richtige Stoffe fürs Fernsehen gibt und Stoffe, die fürs Kino richtig sind. Dass man die richtigen Leute jeweils zusammenkriegt und sich über die Zielsetzung jeweils im Klaren ist. Und mit der Zeit eine Situation erreicht, die das Arbeiten sinnvoll macht. Entweder ich erreiche das, oder ich nehme das Angebot von meiner Hausbank an. Die hat mir nämlich einen Job angeboten! (lacht)
     
    Dass Bernds Hausbank ihm einen Job angeboten hatte, stimmte tatsächlich. Bernd fand die Vorstellung, dass eine Bank gerade ihm einen Job angeboten hatte noch dreißig Jahre später amüsant. Lustig ist diese Vorstellung natürlich nur, wenn man weiß, wie oft Bernd während seiner Karriere in den Abgrund des finanziellen Ruins geschaut hat. Das Filmgeschäft zu verlassen, war nie eine ernsthafte Option für ihn. Aber er war ernsthaft frustriert. Die Art, wie er sich das Leben Anfang zwanzig eingerichtet hatte, funktionierte nicht mehr – sowohl privat wie auch beruflich. Doch Bernd plante schon seine Flucht nach vorn. Als »… sonst würde das Kino sterben« 1979 ausgestrahlt wurde, war Bernd schon seit dem 7. Januar teilhabender Geschäftsführer der Constantin Film.

Nur Küsse schmecken besser
    AL s Bernd und ich 2006 zum ersten Mal gemeinsam nach Cannes zu den Filmfestspielen reisten – ich arbeitete damals noch als Journalistin für das Branchenblatt Variety und musste tagsüber arbeiten, während er auf dem Bett lag und sich mit dem Skript zu »Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer« beschäftigte –, fuhren wir abends am Hotel Splendid vorbei. Das Hotel Splendid liegt im alten Hafen von Cannes und hat eine nette Zuckerbäckerfassade aus weißem Stuck. Es ist jedoch bei weitem nicht so herrschaftlich wie das Majestic oder das Carlton, wo sich das Filmfestival hauptsächlich abspielt. Im Vergleich zum Hotel Eden Roc ist es gar ein jämmerlicher Kasten. Bernd zeigte mit dem Finger darauf: »Hier habe ich mein Konzept für die Constantin Film geschrieben! « Bernds »business plan« für die Constantin ist eine atemberaubende Lektüre, nicht nur, weil er die Entwicklung des Kinos voraussieht und es wirklich ein ebenso kluges wie mutiges Konzept ist, sondern auch wegen des selbstsicheren Tons, den Bernd darin anschlägt.
    Bernd schrieb das Konzept für Ludwig Eckes, Besitzer der Eckes AG und Hersteller nicht nur des Likörs »Eckes Edelkirsch«, sondern auch von Fruchtsäften wie »Hohes C« und »Granini«. Ludwig Eckes ist einer der Unternehmer, die das Wirtschaftswunder der Fünfziger mit bewirkt haben. Seine Idee war, die amerikanische Orangensaftkultur nach Westdeutschland zu bringen. Mit seinem Slogan »Nur Küsse schmecken besser« für den Likör »Eckes Edelkirsch« schrieb er deutsche Werbegeschichte und brannte sich ins kollektive Bewusstsein der Verbraucher. Er hatte die marode Constantin Film AG für seinen Schwiegersohn gekauft, einen Libanesen namens Sylvio Tabet, der sich auf seiner persönlichen Website heute noch als »renaissance man« beschreibt und neben Film auch Poesie und Immobilien zu seinen Hobbys zählt. Tabet lebte in Paris, sprach kaum Deutsch und wenig Englisch, was die Verständigung innerhalb eines deutschen Unternehmens und insbesondere mit Bernd schwierig machte. Bernd sprach nämlich kein Französisch.
    Die Sprachbarriere war nicht das einzige Problem der Constantin Film, die am 1. April 1950 von dem deutschen Filmkaufmann Waldfried Barthel (Branchenspitzname: Der Konsul) und dem dänischen Filmkaufmann Preben Philipsen gegründet worden war. Mit seichter Nachkriegsunterhaltung wie Heimatfilmen (»Ja, ja die Liebe in Tirol«), Edgar-Wallace-Trash-Thrillern und Karl-May-Verfilmungen war die-Constantin Film in den Fünfzigern zum erfolgreichsten europäischen Filmverleih aufgestiegen. Doch dann begann das Fernsehen seinen Siegeszug durch die deutschen Wohnzimmer. Leichte Unterhaltung bekam man jetzt umsonst direkt nach Hause aufs Sofa geliefert. Nach

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