BE (German Edition)
Gruppe von »Weltverbesserern«, der er mit »absoluter Skepsis« begegne. Er, Eckes, sei nämlich in die Constantin aufgrund von »gesellschaftspolitischen« Motiven eingetreten und er »stehe auf dem Boden des christlichsozialen Gedankengutes«. Eckes machte sich Sorgen, dass sein neuer Teilhaber, der »gesellschaftspolitischen Zersetzungsarbeit« der »Weltverbesserer« Vorschub leisten könne. Bernds Antwort auf diesen Brief ist nicht festgehalten, aber schon am 14. Dezember ereilte ihn ein weiterer Brief Eckes. Darin teilte Eckes Bernd mit, dass ihn ein »Freund« vor Bernd gewarnt hätte. Ohne den Namen des Freundes zu nennen, zitiert Eckes ausführlich aus dessen Brief. Ob sich Eckes denn bewusst sei, dass die Produktionen des Herrn Eichinger bisher keine nennenswerten Zuschauerergebnisse vorweisen könnten? Dass Eckes es auf keinen Fall zulassen dürfe, dass dieser Herr Eichinger seine typischen Solaris-TV-Co-Produktionen ins Kino »quälen« würde. Das fing ja schon mal gut an …
Bevor Bernd im Januar 1979, vier Monate vor seinem 30. Geburtstag, seinen neuen Posten bei der Neuen Constantin Film antreten und damit seine persönliche Version einer Marx-Brothers-Komödie erleben würde, tat er etwas für ihn Ungewöhnliches: Er fuhr in den Urlaub. Um sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, welche kolossalen Aufgaben nun vor ihm lagen und wie er diese Aufgaben anpacken würde, fuhr er alleine nach Irland und verbrachte dort in einem Pub auf dem Land Silvester. Diese Reise genoss er sehr. Was ihm vor allem daran in Erinnerung blieb, waren die vielen Lieder, die dort in den Pubs gesungen wurden, und wie peinlich es ihm war, als ihm jemand die Gitarre in die Hand drückte und er zwar die Beatles, aber kein einziges deutsches Lied spielen beziehungsweise singen konnte. Was für ein komisches Land Deutschland doch sei, wo die Leute keine eigenen Lieder hatten, sollen die Iren daraufhin gesagt haben. Nach der Reise durch Irland, die eine der wenigen bleiben sollte, die Bernd in seinem Leben aus purer Reiselust unternahm, wartete in München der Ernst des Lebens das heißt die endlos langen Gänge der Constantin Film in der Albert-Roßhaupter-Straße. Ein deprimierender Ort, bei dem allein die Filmplakate in den Gängen daran erinnerten, dass es sich hier um ein Unternehmen handelte, das etwas mit Kreativität zu tun hatte. Auf einem von diesen Plakaten von irgendwelchen deutschen Unterhaltungsfilmen, die seichten Eskapismus versprachen, war übrigens Hannelore Elsner abgebildet. Einige Jahre später sollte sie Bernds Freundin werden. Bernd fand dieses Detail immer sehr witzig.
Bernds Anfang bei der Constantin war extrem schwierig. Er hatte seinen Posten in dem Glauben angetreten, zumindest Volker Schlöndorffs »Die Blechtrommel« im Verleih zu haben. Doch als Bernd dann im Januar 1979 bei der Constantin aufschlug und fragte: »Ja wo ist sie denn jetzt, die Blechtrommel?!«, lautete die Antwort seiner Co-Geschäftsführer: »Herr Eichinger, glauben Sie wirklich, dass da irgendjemand reingeht? ›Die Blechtrommel‹ interessiert doch niemanden!« Man hatte »Die Blechtrommel« tatsächlich sausen lassen. Bernd war außer sich! Und sein Zorn erwies sich als berechtigt: »Die Blechtrommel« sollte 1979 allein in Deutschland 3,9 Millionen Zuschauer anlocken. Damit wäre Bernd zumindest fürs erste Jahr aus dem Schneider gewesen. Stattdessen hatte die Neue Constantin eine riesige Staffel an Filmen, die nach Bernds Ansicht alles Gurken waren. Bernd konnte nur einen Hoff nungsträger erkennen:
George A. Romeros »Zombie« (im Original »Dawn of the Dead«). Romeros vorheriger Film »Die Nacht der lebenden Toten« (im Original »Night Of The Living Dead«) war nach Bernds Ansicht schon ein phantastischer Film gewesen. Auf »Zombie« wollte Bernd setzen. Das Problem war nur, dass der Verleihchef Dr. Böllinghaus immer noch am alten Gießkannenprinzip festhielt: Bisher hatte die Constantin Film vor allem auf Quantität gesetzt. Fast jede Woche wurde ein neuer Film mit geringer Kopienzahl auf den Markt geworfen, in der Hoffnung, dass irgendeiner schon funktionieren würde. Filmvermarktung fand so gut wie gar nicht statt. Die Werbeanzeigen waren winzig und absolut beliebig. In der Werbeabteilung wurden die Filmplakate eigenhändig an den Schreibtischen mit Schere und Klebstoff dilettantisch gebastelt. Außerdem war man hier Jodelsex und Schnulzen gewohnt. Mit Zombies konnte man wenig anfangen. Auch in den anderen
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