Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
»Das ist eine alte Schrottkarre! Jay, du hast es echt geschafft; das hässlichste Auto auf dem ganzen Parkplatz zu mieten!« Ich hoffe, dass er ein bisschen lockerer wird, wenn wir ihn ein wenig aufziehen.
Alex kichert. Aber Jay nicht.
Er macht mit einem lauten Scheppern den Kofferraum auf und wirft seinen Rucksack hinein. »Startklar?« Aber er wartet unsere Antworten gar nicht erst ab, sondern schließt die Tür auf der Fahrerseite auf und springt hinein.
»Ach, das ist ja so aufregend!« Alex schleppt ihre Louis- Vuitton-Reisetasche nach hinten zum Kofferraum und wartet darauf, dass ich sie hineinhieve. Alex tut so, als wolle sie helfen, aber sie kann kaum etwas über den flauschig-pinkfarbenen Angoraschal hinweg sehen, den sie sich um den Hals geschlungen hat.
»Pass doch auf!«, motzt sie, als ich die Tasche fast fallen lasse. »Da sind wichtige Sachen drin.«
Gestern bei Olivia war Alex ziemlich zuversichtlich, dass wir PJ innerhalb weniger Tage finden würden, aber gepackt hat sie, als wäre sie einen ganzen Monat unterwegs. Allerdings weiß ich, dass das nichts zu bedeuten hat - bei der Klassenfahrt nach Lyon im letzten Monat war Alex genauso bepackt.
»Allmächtiger, die ist aber ganz schön schwer«, sage ich. »Ich hoffe doch, dass ich nicht auf der ganzen Reise deinen Gepäckträger spielen muss.«
»Vielleicht kann Jay sie ja tragen, wenn du's nicht schaffst.«
Während ich Alex' Reisetasche so neben Jays Rucksack lege, dass in dem vollgepackten Kofferraum noch genug Platz für meinen Rucksack bleibt, saust Alex schon um das Auto herum nach vorne und setzt sich auf den Beifahrersitz. Ich höre, wie sie über irgendetwas, das Jay sagt, entzückt kichert und begreife langsam, dass das Ganze für Alex anscheinend ein Heidenspaß ist. Wie abgedreht kann man sein? Schließlich ist eine Freundin von uns spurlos verschwunden, Himmelherrgott!
Jay hat bereits die Autoheizung angemacht, als ich mich auf den Rücksitz fallen lasse, dessen Polsterung vom jahrelangen Gebrauch durchsackt. Im Auto riecht es nach abgestandenem Zigarettenrauch, Vanille-Lufterfrischer und Bleiche. Würgend öffne ich ein Fenster, um frische, eiskalte Luft hereinzulassen.
»Danke, Schätzchen!«, sagt Alex zu mir. Schätzchen ist ihr neuestes Lieblingswort. Jeder und alles ist ein Schätzchen. Außer die Franzosen. So weit würde Alex nicht gehen, dass sie einen Franzosen poulette nennen würde.
Kaum sind wir vom Parkplatz runter, reicht Jay Alex einen großen Faltplan von Frankreich. »Dirigier mich aus der Stadt raus, ja?«
»Kein Problem«, zirpt Alex. »Auf welcher Straße sind wir denn jetzt?«
Mehrere Minuten lang fahren wir immer im Kreis herum durch das 14. Arrondissement, bis ich es nicht mehr länger aushalte. »Himmel, Alex, gib her!« Ich reiße ihr den Plan aus der Hand und breite ihn auf meinem Schoß aus.
»Jay, bieg rechts ab«, weise ich ihn an. »Dann noch mal rechts und gleich wieder links. Wir müssen genau in die andere Richtung. Die Auffahrt zur Autobahn liegt hinter uns.«
»Keine Aufregung«, sagt Alex. »Immer schön locker bleiben.« Sie versucht, so fröhlich zu klingen wie bei der Abfahrt, aber mir entgeht nicht ihr angespannter Unterton. Meine Miene verfinstert sich und ich bringe uns mit so wenigen Worten wie möglich auf die Autobahn.
Ungefähr eine Viertelstunde, nachdem wir Paris hinter uns gelassen haben, schläft Alex ein. Sie hat sich auf einem pinkfarbenen Seidenkissen zusammengerollt, das sie sich mitgebracht hat. Sie schläft gern auf Satin oder Seide, weil ihre glänzenden schwarzen Haare auf dem glatten Stoff nicht so verfilzen. Im Seitenspiegel kann ich sehen, dass ihre Lippen einen niedlichen Kussmund formen, und ich bekomme ein ganz schlechtes Gewissen. Warum habe ich sie bloß so angefahren? Sie ist nun mal so, wie sie ist.
»Danke, Mann«, sagt Jay leise. »Ich dachte schon, wir kommen nie aus Paris raus.« Seine Dankbarkeit hebt meine Laune.
»Alex ist in vielerlei Hinsicht ein Genie«, flüstere ich leise, »aber man sollte sich besser nicht auf ihren Orientierungssinn verlassen.«
»Hab verstanden, mein Freund«, sagt Jay mit einem Grinsen zu mir nach hinten. Jetzt, da wir unterwegs sind und mit hundert Stundenkilometern zu PJ fahren, entspannt sich Jay ein wenig. Ich atme tief durch und denke darüber nach, ob diese Reise vielleicht doch nicht so toll wird. Aber wenn wir PJ erst mal gefunden haben, ist Jay glücklich. Und wenn Jay glücklich ist, bin ich es auch. Selbst
Weitere Kostenlose Bücher