Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
spöttisch-zweifelndem Unterton. »Wieso fällt es mir nur so schwer, das zu glauben?«
»Schon mal was von einem Typen namens George gehört, Jay?«, sage ich. »Vertrau mir, ich weiß, wie es sich anfühlt, unglücklich verliebt zu sein. Ich weiß, wie es ist, wenn die Person, in die man verliebt ist, monatelang nur mit deinen Gefühlen spielt und dich dann an Heilig Abend in einer Suite im Hotel Le Maurice auf dem Trockenen sitzen lässt, weil derjenige seine Liebe zu einer gewissen texanischen Schnecke namens Patty feiern will.«
Meine Stimme klingt heiserer als beabsichtigt. Ich wollte das ja eigentlich nur erzählen, um Jays Zuneigung zu gewinnen, aber es tut gut, mal ganz offen darüber zu reden, wie mir dieser kleine Scheißkerl das Herz gebrochen hat. Ziemlich gut sogar.
»Alex, ist das dein Ernst?« Jay sieht mich mit großen Augen an. »George steht auf Patty?«
»Ja.« So sehr wollte ich eigentlich gar nicht ins Detail gehen, aber irgendwie bin ich jetzt in Fahrt gekommen. »Und er ist nicht der Erste, der mir das Herz gebrochen hat. Du hättest mich mal letztes Jahr um diese Zeit sehen sollen. Meine Französischlehrerin hat mich gebeten, dem Neuen aus der Klasse, Jeremy aus Kalifornien, privat Nachhilfe zu geben. Jeden Samstagnachmittag ist er zu mir gekommen und ich habe ihm geholfen, auf den Stand der Klasse zu kommen. Mit der Zeit haben wir aber mehr geknutscht als gelernt, und ehe ich mich's versah, hatte ich meine Jungfräulichkeit verloren. Kaum hatten wir's getan, hat er unserer Französischlehrerin erzählt, er sei jetzt gut genug in Französisch, um mit dem Nachhilfeunterricht aufzuhören, und sie war damit einverstanden. Danach hat er drei Monate lang nicht mehr mit mir gesprochen, sodass ich angefangen habe, Französisch zu schwänzen, um ihn nicht mehr jeden Tag sehen zu müssen. Glücklicherweise hatte ich Französisch immer in der letzten Stunde. Im vergangenen Jahr in den Pfingstferien habe ich ihn dann zufällig wiedergetroffen, auf dem Rückflug von Miami nach New York - meine Mutter und ich waren in der Woche in St. Barts gewesen, und er war mit seiner Familie in Puerto Rico -, und das Ganze ging wieder von vorne los. Ich dachte, er würde mich endlich fragen, ob ich seine Freundin werden will, also so richtig, als er mich zu ein paar seiner Auftritte eingeladen hat. Er ist in dieser Indie-Band, die sind sogar wirklich ziemlich gut. Aber dann bin ich eines Abends Backstage gegangen und habe ihn mit dieser Schlampe Marissa aus der Neunten rummachen sehen. Danach bin ich auf der Brooklyn Prep nie wieder in den Französischunterricht gegangen und musste auch im Jahreszeugnis am Ende eine Sechs einstecken.« Dass meine Mutter quasi versprechen musste, ihre Zeitschrift würde die Brooklyn-Prep-Wohltätigkeits-Gala sponsoren, damit meine Aufnahme ins »Programme Américain« nicht rückgängig gemacht wurde, lasse ich lieber unerwähnt. Hat ja nicht viel genützt.
Jay bleibt erst mal eine Weile stumm und trinkt seine Cola. Vielleicht waren das jetzt doch zu viele Informationen. Habe ich ihm wirklich gerade von der ganzen Jeremy-Sache erzählt, einschließlich des Parts, wie ich meine Jungfräulichkeit verloren habe?
»Holla, Alex.« Jay winkt den Barkeeper heran, um für mich ein Kronenbourg und für sich noch eine Cola zu bestellen. Ich habe mein Glas schon ausgetrunken und seines ist fast leer. Eine seltsame Sache in Frankreich - und es gibt hier ja eine Menge seltsamer Sachen, neben allem Schönen - ist, dass es gesellschaftlich absolut akzeptiert wird, in eine Bar zu gehen, selbst an Silvester, und die ganze Nacht nur Cola zu trinken. Die Franzosen stufen das gepflegte, moderne Abhängen höher ein, als sich zu betrinken.
»Das ist echt krass.«
»Sag also nicht, ich würde immer kriegen, was ich will«, murmle ich, während ich mir gleichzeitig wünsche, ich könnte einiges von dem gerade Gesagten zurücknehmen. Mit hochrotem Kopf trinke ich mein frisches Bier in einem Zug halb aus. Wahrscheinlich habe ich schon alles kaputt gemacht, ehe es überhaupt anfangen konnte.
»Mach ich doch gar nicht«, entgegnet Jay. »Das würde ich niemals von dir behaupten.« Er blickt mich wieder an. »Aber ich kann dir echt sagen ...«
»Sag's.« Was habe ich noch zu verlieren?
»Den anderen Typen kenne ich ja nicht, aber George ist ein Blödmann. Er ist ein Idiot, wenn er Patty dir vorzieht, und auch in fast allem anderen. Ohne ihn bist du echt besser dran.«
Ich muss lachen. »Glaubst
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