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Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe

Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe

Titel: Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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auf einen Schlag so verunsichern kann? So war das schon immer. Gerade wenn ich denke, dass ich mal etwas richtig mache, sagt sie mir, es sei alles ganz falsch.
    »Du warst nicht da, Annabel«, murmle ich. »Was sollte ich denn tun?«
    Annabel bleibt stumm.
    »Du hast ja keine Ahnung, wie verkorkst mittlerweile alles geworden ist«, erzähle ich ihr und ziehe die Steppdecke bis zum Kinn hoch. In ihrer Wohnung ist es kalt, sie ist schlecht isoliert und sehr zugig. »Mom hat sich solche Sorgen um dich gemacht. Dad auch. Und Dave - ich weiß nicht, ob er sich jemals von dem Schlag erholen wird. Wir haben dich gesucht - wir sind sogar bis nach Kanada hochgefahren. Hast du das gewusst? Hast du gewusst, dass sie alles riskiert haben, nur um dich zu finden? Und dass sie genau da geschnappt worden sind?«
    Es ist eine furchtbare Nacht gewesen. Mom, Dad, Dave und ich sind nach Norden gefahren. Wir haben kurz angehalten, damit ich Pipi machen konnte, und da hat die Polizei meine Eltern auf dem Parkplatz einer Tankstelle in die Enge getrieben. Wenige Tage später, nachdem ich bereits nach Frankreich aufgebrochen war, haben Polizisten vom Drogendezernat unser Haus durchsucht und meine Eltern ins Gefängnis gesteckt. Sie haben illegal verschreibungspflichtige Medikamente über die Grenze geschmuggelt.
    »Sag du mir bitte nicht, dass ich mich für Paris rechtfertigen muss«, fahre ich fort. »Das werde ich nämlich nicht tun. Nicht nachdem du so plötzlich abgehauen bist.« Ich bin überrascht, wie selbstsicher ich klinge. Mir war nicht klar gewesen, dass unter all dem Schmerz und der Sehnsucht nach ihr auch Wut lag.
    »Das muss schlimm gewesen sein«, meint Annabel.
    Daraufhin seufze ich nur. Ich habe auch ziemlich schlimme Schuldgefühle. Schließlich ist es nicht so, als wäre ich zu Hause geblieben, um das Ganze bis zum bitteren Ende durchzustehen. Wir haben uns beide in Sicherheit gebracht, Annabel nur früher als ich.
    »Warum bist du so mir nichts dir nichts abgehauen? Und wieso hast du mir nicht gesagt, wohin du gehst? Ich hätte mitkommen können. Alles hätte ganz anders laufen können...«
    »Ich musste einfach weg«, sagt Annabel. »Genau in diesem Augenblick. Es ging nicht anders!«
    Das will mir zwar nicht in den Kopf, aber so ist Annabel nun mal.
    Kurz darauf rollt sich Annabel zu mir und umarmt mich mitsamt meiner umwickelten Decke. Ich kann spüren, wie sich ihre langen braunen Haare mit meinen blonden verweben, und als sie die Decke von meinem Gesicht schiebt und ihr Gesicht auf meines legt, vermischen sich die Tränen auf unseren feuchten Wangen.
    »Ich bin so froh, dass du mich gefunden hast«, flüstert sie mir zu.
    Ich greife hoch, um sie an der Wange zu berühren. »Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen. Ich habe mich auf einmal so sehr nach dir gesehnt, dass ich es keine weitere Sekunde mehr ausgehalten hätte.«
    Wenige Minuten später rollt sich Annabel auf die andere Seite und schläft ein. Genau wie immer schläft sie tief und fest, aber sehr unruhig.
    Ich liege noch eine ganze Weile wach, unfähig, irgendeinen Sinn in die Sache hineinzubringen. Gerade als ich wegdämmere, verpasst Annabel der Decke heftige Fußtritte und stößt ein sterbenselendes Wimmern aus, wie ein Baby, das man an einer Haustür abgelegt hat: gequält und voller Angst, die Nacht vielleicht nicht zu überleben.
    »Psssst«, versuche ich sie im Schlaf zu beruhigen. »Alles ist gut, jetzt, wo wir wieder zusammen sind. Alles wird gut.«
    Als ich am nächsten Morgen aufwache, will ich aufstehen, kippe aber sofort um, direkt neben Annabels Bett. Ich knalle mit dem Kopf gegen die Wand, und durch das laute Geräusch wird Annabel wach und wühlt sich unter der Decke hervor. Ihre Haare bauschen sich wie eine dunkle Wolke um ihre schmalen Schultern.
    »Oh mein Gott, PJ, alles in Ordnung? Was ist denn passiert?« Schon steht sie neben mir. Ihre Augen sind glasig, weil sie im Schlaf geweint hat.
    Ich kann ihr nicht antworten.
    »Schon okay, Penny Lane«, sagt Annabel, während sie mir die Stirn fühlt. »Ich glaube, du hast einfach Fieber bekommen. Dann bringen wir dich mal wieder ins Bett.«
    Ich lege mich hin und schlafe fast vier Tage lang durch.
    Wie im Traum kann ich hören, wie Annabel kommt und geht. Sie singt im Schlaf für mich, Lagerfeuer-Lieder, die sie im Sommer immer gern draußen gesungen hat. Am Herd in der kleinen Küche köchelt sie ein Hühnchen, bringt mir die Brühe und füttert mich damit. Ich sehe durch die

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