Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
Pancake machen?«, fragt Alex. Plötzlich fällt mir auf, dass sie schon geduscht und frisiert ist - das macht sie sonst eigentlich immer erst sehr viel später. Außerdem hat sie ein schlichtes Outfit an: Jeans, feste Laufschuhe und einen eng sitzenden Kapuzen-Pulli. »Noch mehr Ahornsirup? Wir müssen uns heute stärken.«
»Für was denn?«, frage ich. »Weswegen stärken?«
Alex und Jay wechseln einen Blick. Jay reicht ihr seinen Teller, damit sie ihm einen weiteren Pancake auftun kann.
»Wir glauben, dass uns PJ heute Morgen einen Fingerzeig gegeben hat«, sagt Alex. »Stimmt's, Jay?«
»Es könnte vielleicht ein Fingerzeig sein«, erklärt mir Jay. »Vielleicht aber auch nicht.« Er zieht sein Handy aus der Hosentasche. »Sieh dir das an.«
Ich lese die E-Mail auf dem Display.
Ich glaube, ich habe alles kaputt gemacht, zertrümmert. Echt, Jay, mein Leben liegt in Trümmern. Ich wünschte, ich könnte dir mehr erzählen.
Bonne année.
PJ
»Was heißt das?«, frage ich. »Wo soll da der Fingerzeig sein?«
»Trümmer. Ihr Leben liegt in Trümmern«, erklärt Alex.
»Alex glaubt, dass sie mir - uns - sagen will, dass sie sich in der Nähe irgendwelcher Trümmer oder Ruinen versteckt. Was glaubst du?« Jay sieht so aus, als würde ihn meine Meinung ernsthaft interessieren. Ich beiße mir auf die Lippe. Ich weiß nicht genau, was ich darauf sagen soll.
»Na ja, okay, sie hat das Wort zwei Mal benutzt«, sage ich.
»Genau«, meint Alex. »Das muss doch ein Hinweis sein.«
»Aber was für Ruinen?«, frage ich. Schweigend kaue ich meine Pancakes. Sie sind leicht angebrannt, aber sehr buttrig und süß. Wer konnte ahnen, was alles in Alex steckt? »In Frankreich gibt es Unmengen von Ruinen.«
»Na ja, Jay hat ihr geschrieben, dass wir in Montauban sind. Und dass wir gestern nach Toulouse gefahren sind. Und jetzt schreibt sie, sie liege in Trümmern -«
»Ihr Leben«, wirft Jay ein.
»Ja, ja, schon klar, aber ich glaube, das ist es!«, sagt Alex. »Denn hier in der Umgebung gibt es so viele Ruinen. Und ich habe mir gedacht, wir könnten hinfahren, vielleicht campt sie dort irgendwo. Ich meine, PJ ist doch der Typ, der zeltet und das auch noch gern, oder?«
»An welche Ruinen hast du denn gedacht?« Ich räuspere mich.
Alex springt auf, um jedem von uns ein Glas Orangensaft zu holen. »Danke«, sage ich. »Habt ihr den Orangensaft auch heute eingekauft?«
»M-hm«, sagt Alex und nickt in Jays Richtung. »Wir waren heute Morgen ganz ausgehungert. Die letzte Nacht war so eine Enttäuschung.«
Ich erinnere mich daran, wie Alex letzte Nacht im Klub mit dem Hintern einen Typen in einem eng anliegenden T-Shirt angestoßen hat, und als ich in den Pub kam, in dem sie mit Jay zusammen saß, hat sie ein Bierchen gezischt. Allzu trübsinnig kam sie mir nicht vor.
»Was für Ruinen denn?«, wiederhole ich.
»Montségur«, antworten Jay und Alex wie aus einem Munde. »Wir wollen gleich los.«
»Ich hoffe, ihr wolltet nicht ohne mich fahren«, sage ich ganz unschuldig. »Mich macht der Gedanke ganz krank, auch nur einen weiteren Tag ohne PJ zu verbringen. Ich mache mir solche Sorgen um sie.«
Jay stellt sein Geschirr in die Spüle. »Dann lasst uns fahren.«
Sofort springt Alex auf und folgt ihm aus der Tür. Ich mache mir wirklich große Sorgen. Aber nicht so sehr wegen PJ, was wahrscheinlich niemanden verwundern wird. Gott segne sie.
* * *
Auf dem Weg nach Montségur kommen wir durch Toulouse. Sehnsüchtig schaue ich auf die »Rosa Stadt« und denke an all die Jungs, mit denen ich gestern Nacht getanzt habe. Danach sieht man ringsherum nur noch Bäume, Bäume und noch mehr Bäume. Die Äste auf den bewaldeten Hügeln sind nun kahl und braun, aber im Sommer sind sie sicher dicht mit Schatten spendenden Blättern belaubt. In Anbetracht des Walds um uns herum beschleicht mich das Gefühl, als würden wir eine Hexe jagen oder uns auf einen langen beschwerlichen Treck in unbekanntes Terrain begeben. Gruselig.
Alex öffnet auf ihrem BlackBerry eine Touristeninfo-Seite über Montségur und liest sie uns während der letzten Stunde unserer Fahrt vor.
»Montségur war eine befestigte Siedlung der Katharer«, erzählt Alex uns. »Die Katharer waren frühe Christen - für Rom waren sie aber Ketzer und deshalb führten die Römer während der Kreuzzüge Krieg gegen sie. Die Ruinen liegen oben auf einem Berg, was der Grund dafür ist, dass die Katharer so lange standhalten konnten. Sie nannten die Siedlung >sicherer
Weitere Kostenlose Bücher