Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
aufgegessen.«
»Ich muss nicht lange fackeln«, sagt Jay. »Alles, was ich brauche, ist mein Mädchen.«
Alex blickt auf ihre Turnschuhe, die mit Schlamm verschmiert sind. Jay nimmt die Steine und unebenen Holzstufen so schnell er kann, nie stolpert er oder rutscht in dem Matsch aus. Ich stecke das Brot in meine Manteltasche, für den Fall, dass mein Magen vielleicht später damit klarkommt. Auf Jays Worte hat keiner von uns mehr eine Erwiderung.
Jay hat ein zügiges Wandertempo und läuft Alex und mir weit voraus. Nie dreht er sich um, um zu sehen, ob wir noch hinter ihm sind. Er weiß, dass wir da sind, nur eben langsamer gehen.
Je höher wir kommen, desto kühler und windiger wird es. Aber dafür wird die Aussicht umso schöner: eine eindrucksvolle, romantische Hügellandschaft mit kleinen Bächlein, die sich am Horizont durch Gruppen kahler Bäume schlängeln. Die Hügel, die hier und da mit hohen Gebäuden gesprenkelt sind, sind oben von Nebel gekrönt. Ein kleines Dörfchen, offenbar Montségur, wirkt von hier aus winzig. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass dort richtige Menschen leben und nicht bloß Puppen.
»Hey, Schätzchen, was ist der Heilige Gral?«, keucht Alex.
»Was meinst du?«, frage ich.
»Du weißt schon, wenn Leute davon reden - vom Heiligen Gral. Worum geht es da?«
»Willst du mir gerade ernstlich weismachen, dass du nicht weißt, was der Heilige Gral ist?«
»Stammt das nicht aus irgendeinem Kinofilm?«
Ich pruste los. »Schon mal was von Jesus gehört?«, ziehe ich sie auf. »Vom letzten Abendmahl?«
»Natürlich habe ich schon von Jesus gehört«, entgegnet Alex. Schnaufend schiebt sie sich ein besonders steiles Wegstück hinauf. »Meine Großeltern gehen zur Park Avenue Presbyterian Church. Die ist sehr exklusiv.«
»Wie kann denn eine Kirche exklusiv sein?«, wundere ich mich, dann fällt mir ein, dass wir ja von der Upper East Side in Manhattan reden. Aus Alex' Erzählungen zu schließen, sind dort selbst die öffentlichen Toiletten verschiedenen Klassen zugeordnet. »Schon gut. Sie haben dir nie vom Heiligen Gral erzählt?«
Alex reagiert gereizt. »Nein, Zack. Aber du musst nicht gleich so gehässig werden.«
»Ich mein ja bloß. Du gehst in eine der besten Prep Schools im ganzen Land, wirst wahrscheinlich schon allein aufgrund deiner Beziehungen auf Unis wie Harvard, Stanford und Penn kommen, und du kannst mir nicht mal sagen, was der Heilige Gral ist?«
»Echt, du kannst mich mal, Zack.« Alex ist nun richtig sauer. »Ich will es gar nicht mehr wissen. Ich habe nur gefragt, weil hier auf der Touri-Seite steht, dass manche Leute denken, hier sei der Ort, an dem sich der Heilige Gral befindet. Warum bist du in letzter Zeit eigentlich so grob? Wo ich dir doch Pancakes mache und Brote zum Mittagessen schmiere? Ich meine, ich habe gestern Nacht deinen stinkenden Arsch ins Bett gebracht. Weißt du eigentlich, wie du gerochen hast?«
»Ja, das wollte ich sowieso mal fragen, Alex«, sage ich. »Wo hast du eigentlich geschlafen?«
»Auf der Couch. Wieso?«
»Ich dachte nur, du seist vielleicht zu Jay ins Bett gekrochen«, flüstere ich so leise, dass Jay es nicht hören kann. »Zuzutrauen wär's dir.«
Alex wirbelt herum und zischt mit zusammengebissenen Zähnen: »Zack! Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen?«
»Was? Irre ich mich etwa? Geht es denn bei diesem kleinen Ausflug nicht genau darum?«
Alex verschränkt die Arme über ihrem schwarzen Mantel. Ihr pinkfarbener Schal flattert im Wind. »Nein! Ich möchte wirklich PJ finden. Ich möchte, dass Jay glücklich ist. Ich möchte helfen. Du etwa nicht?«
»Doch, natürlich, Alex!«, fauche ich. »Glaubst du, Jay ist mir plötzlich schnurzpiepegal?«
»Na ja, doch, irgendwie schon. Als ich dich gestern Abend in dem Klub mit den ganzen Jungs tanzen gesehen habe, hatte ich schon den Eindruck, als wärst du über ihn hinweg und würdest vielleicht nach jemand Neuem Ausschau halten.«
»Fein, das stimmt ja auch!« Wie sind wir bloß auf dieses Thema gekommen?
»Gut!«, sagt Alex. Sie sieht aufrichtig erfreut aus. »Da bin ich aber froh!«
»Ja«, sage ich. »Weißt du, ich habe ihn wirklich sehr gemocht, aber es hat eben nicht sollen sein. Also schaue ich nach vorne, genau wie ich gesagt habe. Aber ich möchte Jay trotzdem noch immer helfen.«
»Ach, Süßer, das weiß ich doch«, sagt Alex und schlingt ihre Arme um mich. »Das wollte ich nicht anzweifeln. Verzeihst du mir?«
Ich umarme sie, sodass ich pinke
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