Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
findet den Saum meines Pullis, dann schiebt er seine kühle Hand darunter und legt sie flach auf meine warme Haut. Er nimmt gern mein Gesicht in seine Hände und sagt mir, dass ich wunderschön bin. Und wenn wir uns erst mal küssen, können wir nicht mehr damit aufhören.
Thomas zieht mich den Boulevard de Courcelles hinunter. Dort, wo die Straße in den Boulevard de Batignolles übergeht, herrscht reges Treiben. Es gibt viele Stände, die Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Brot, Seife und andere Bio-Produkte verkaufen. Tief atme ich die unterschiedlichen Gerüche der französischen Küche ein. Die Produkte hier sind so frisch wie nirgends sonst und liegen knackig in der frühnachmittäglichen Wintersonne da.
Am Ende der langen Reihe von Händlern steht ein einzelner Mann vor einer schlichten Grillfläche und gießt einen zähflüssigen, würzig riechenden Teig auf die schwarze, schimmernde Oberfläche. Binnen weniger Minuten verwandelt sich der rohe Teig in etwas gebräuntes, knuspriges Pancakeartiges. Es duftet so verführerisch, dass mein Magen knurrt, obwohl ich gerade eben erst Müsli gegessen habe.
»Mmmh, die riechen sehr gut«, sagt Thomas und bleibt stehen, um dem Mann eine Weile bei der Zubereitung der Pancakes zuzusehen. Dieser bemisst fachmännisch die Teigmenge, sorgt dafür, dass kein Pancake anbrennt, und überreicht jeden ganz frisch zubereitet, noch glühend heiß, seinen Kunden.
»Möchtest du einen?«
Ich lächle. »Was ist denn drin?«
»Ach, Kartoffeln, Zwiebeln, etwas Mehl ... und Käse, viel Cantal-Käse.«
Klingt nach einem ziemlichen Dickmacher. Thomas gibt dem Mann zu verstehen, dass er gern zwei Pommes Anna hätte, und ich schaue hungrig zu, wie unsere beiden Pancakes brutzeln. Als ich abbeiße, ist es ein echtes kulinarisches Ereignis: buttrig und salzig und käsig und einfach rundherum perfekt.
Thomas und ich essen unsere Pommes Anna auf und gehen im 17. Arrondissement spazieren, wo es so still ist, dass ich unseren Atem hören kann. Alle paar Schritte bleibe ich stehen, um Thomas anzusehen, oder er bleibt stehen, um mich anzusehen, und wir können nicht an uns halten und küssen uns, unsere Zungen mischen sich mit dem würzigen Geschmack unserer französischen Kartoffel-Pancakes. Als die Sonne langsam hinter der Sacré-Coeur versinkt, beschließen wir, nach Ternes zurückzugehen. Wir zögern, denn dort werden wir uns nicht mehr so viel küssen können. Wir haben es zwar noch nicht laut ausgesprochen, aber ich weiß, dass wir beide weder Mme Rouille noch Elise sagen wollen, was zwischen uns passiert ist.
Auch wenn es ein tolles Gefühl ist - ich glaube nicht, dass die anderen - weder Mme Rouille noch Mme Cuchon und ganz sicher nicht meine Eltern in San Diego - unsere Beziehung gutheißen würden.
»Thomas, wann beginnen eigentlich deine Uniseminare dieses Semester?«, frage ich ihn, als mir mit einem Mal einfällt, dass es ja ein ganz normaler Wochentag ist. Viele Leute haben nach den Feiertagen schon wieder angefangen zu arbeiten.
»Hmm, bald«, sagt Thomas unverbindlich. »Ich muss mal auf den Semesterplan schauen.«
»Du weißt nicht, wann deine Seminare wieder beginnen?« Jetzt, da die Revue Bohème vorbei ist, stresst es mich total, mich wieder auf die Schule vorzubereiten. Eigentlich müsste ich längst Französisch lernen und Trigonometrie, damit ich meine gute Durchschnittsnote halten kann. Selbst wenn ich nicht mehr vorhabe, von hier aus auf die UCLA zu gehen, wo Vince schon studiert, habe ich trotzdem meine Ziele im Auge. Und ich dachte, Thomas wäre genauso gestrickt und würde das auch ernst nehmen. Das war einer der Hauptgründe, warum er mir anfangs überhaupt so aufgefallen ist.
Thomas lacht, bleibt vor einer Patisserie stehen und bewundert die Törtchen und Gebäckstücke im Schaufenster. »Ich kann im Moment an nichts anderes denken als an dich, Olivia!«
»Thomas!« Ich bleibe ebenfalls stehen und blicke ihm in die Augen. »Das ist nicht dein Ernst, oder? Du kannst doch nicht einfach die Uni schmeißen. Deine Mutter wird dich umbringen. Und mich gleich noch dazu, wenn sie herausfindet, dass ich was damit zu tun habe!«
Thomas zuckt mit den Schultern. »Schau dir das mal an, Olivia.« Er zeigt auf ein Plunderstück, das religieuse heißt - eine dicke glasierte Teigkugel mit Schlagsahne obendrauf und noch einer kleineren Teigkugel. »Schau mal, das sieht wie ein Priester fast aus. Möchtest du einen probieren?«, bietet er mir lächelnd an. » C'est très
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