Beautiful Americans 03 - Leben á la carte
verändern. »Schwule brauchen kein offizielles >Coming-out< mehr. Genau wie bei Zachariah hier. Er hat sich noch nie geoutet, und trotzdem wissen wir alle, dass er schwul ist.«
»George, hör auf damit!«, sagt Sara-Louise. »Was ist nur los mit dir? Was hast du gegen Zack?«
George lacht los, und zwar so heftig, dass er schließlich doch den Augenkontakt abbricht. Er lacht so sehr, dass er sich den Kopf hält. Vielleicht dreht er ja gleich durch oder es ist nur Show. So oder so jagt es mir ziemliche Angst ein. Wir beobachten ihn alle mit angehaltenem Atem.
Endlich richtet sich George auf und erhebt sich. »Was ich gegen Zack habe? Was ich gegen Zack habe?«
Mary springt vom Fußboden auf. »Ja, George, was ist es? Warum bist du heute Abend so gemein zu Zack? Er hat dir doch nichts getan!«
George trinkt einen Schluck Wein, dann stellt er das Glas auf den Couchtisch und lässt die Fingerknöchel seiner beiden riesigen Hände knacken. Ich kann nicht fassen, dass Alex diesen Typen mit etwas anderem als kompletter Abscheu angesehen hat.
George beugt sich zu mir herunter. »Ich werd dir sagen, was ich gegen dich habe. Gegen dich und deine kleine flittchenhafte Freundin. Ihr habt Drew sämtliche Chancen vermasselt, fürs College und fürs gesamte Leben. Wie soll er jetzt an eine Elite-Uni kommen? So wie es im Moment aussieht, kann er nicht mal auf die staatliche Humboldt-Uni. Ihr habt sein Leben zerstört, Schwuchtel.«
Zitternd schaue ich in mein Weinglas. Georges Stimme ist so hass- und zornerfüllt, dass es nur eine Frage von Sekunden ist, bis er sich so in Rage geredet hat, dass er zuschlägt.
»Drew hat sich sein Leben selbst kaputt gemacht«, flüstere ich. Ich habe so schreckliche Angst davor, dass er mich schlägt, dass ich Bauchkrämpfe bekomme. »Er hat Livvys Leben zerstört. Ich habe ihm nichts getan.«
»Schwachsinn!«, ruft George. Tina und Patty springen auf, um George zurückzuhalten.
»George, du musst jetzt leider gehen«, sagt Mary und schiebt ihn in Richtung Tür. »In meinem Haus dulde ich keinen homophoben Unsinn. Es reicht jetzt endgültig. Aus, Ende, basta.«
»Aber Zack und ich klären doch nur ein paar Dinge.« Sofort klingt Georges Ton wieder viel entspannter.
»Ich glaube, es ist Zeit, dass du mal klärst, was für ein Arschloch du bist«, sagt Mary, die ihn noch immer in Richtung Tür schiebt. »Tschüss dann. Auf Wiedersehen.«
»Ja, George.« Sara-Louise lacht. »Lern dich erst mal selbst kennen. Ganz intim.«
»Ach, komm schon, Mary. Du schmeißt mich echt raus?«
Patty stemmt die Hände in die Hüften. »Mary, was ist los mit dir? George hat doch wohl ein Recht, für unseren gemeinsamen Freund einzutreten.«
»Das ist aber nicht seine Sache«, entgegnet Sara-Louise. »Und auch von niemand anderem. Wo sind deine Manieren, Patty?«
George schnappt sich seine Packung Zigaretten. »Fein, ich gehe.« Aber er steuert gar nicht auf die Wohnungstür zu, so als ob er ernst macht mit seiner Aussage, sondern er geht auf den Balkon. Tina und Patty folgen ihm.
An Sara-Louise gewandt, stelle ich die banalste Frage, die mir einfällt: »Was ist eigentlich in der pâté?«
»Rohe Entenmägen«, antwortet sie ruhig.
Schaudernd renne ich ins Bad. Während ich mir den Mund mit Seife ausspüle, höre ich es an der Tür klingeln. »Oh Gott«, rutscht es mir heraus. André. Ich reiße die Badezimmertür auf und laufe in den Flur, wo ich gerade noch sehe, wie ein Mädchen namens Katie ihn hereinlässt. Als die anderen, die im Wohnzimmer sitzen und ruhig miteinander quatschen, den unbekannten Mann in der Diele sehen, verstummen sie.
»Hey, allerseits«, begrüßt uns André mit einem strahlenden Zahnpasta-Werbe-Lächeln. »Hey, Zack, schön, dich zu sehen.« Er hat eine Flasche Champagner und eine Kuchenschachtel in den Händen. »Wo ist Olivia?« Er macht ein paar Schritte vorwärts, um mich auf die Wange zu küssen, während er gleichzeitig weiter nach ihr Ausschau hält.
George hat sich inzwischen wieder auf der Couch niedergelassen, ganz gemütlich zwischen Tina und Patty.
»Raus hier, George«, sagt Mary angespannt hinter uns. »Ich mein's verdammt ernst. Und zwar jetzt gleich!«
»Schon okay, Mary.« Ich ziehe meine Jacke von der Lehne eines Stuhls. »Ich werde gehen. Bis denn. Viel Spaß noch beim Filmschauen.«
»Hey, was ging denn da gerade ab?«, fragt André mich, während er mir die Straße entlang zur Metro-Station folgt. Cambronne wäre sogar zu Fuß zu erreichen, aber ich
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