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Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Beautiful Americans 03 - Leben á la carte

Titel: Beautiful Americans 03 - Leben á la carte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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irgendeinen lustigen Kommentar darüber abgibt, dass ich Bobby zu Besuch habe. Er würde so gern seine beiden besten Freunde verkuppeln.
    Aber es ist nicht Pierson, sondern André.
    Hey Du hast gestern die beste Show aller Zeiten verpasst. Willst Du heute Abend was trinken gehen?
    Ich schaue Bobby an und lächle nervös.
    »Wer ist das?«
    »Ach, nur ein Brite, den ich kennengelernt habe«, erkläre ich ihm. »Er tanzt in derselben Kompagnie wie Olivia. Er würde gern was unternehmen. Hast du Lust?«
    »Klar.« Bobby zuckt mit den Schultern, ohne mein plötzliches Herzklopfen zu bemerken. Ich kann es fast selbst nicht fassen, dass ich kurz davor bin, zurückzuschreiben, dass wir uns zu dritt treffen. Das könnte die Rezeptur für den peinlichsten und schlimmsten Abend meines Lebens werden. Aber ich wünsche mir so sehnlich, André endlich mal wiederzusehen.
    * * *
    André hat ebenfalls gebruncht - ein sonntägliches Ritual, das fast bis um fünf Uhr nachmittags gedauert hat. Wir treffen ihn und ein paar andere Tänzer in einem Bistro in der Nähe seiner Wohnung. Natürlich kennt er sich in seiner Nachbarschaft ziemlich gut aus und weiß, wo die besten Orte zum Ausgehen sind. In Oberkampf tobt tags und nachts der Bär - überall hocken die Leute draußen in Cafés herum, andere stöbern in Buchhandlungen und Geschenkeläden, die voll sind mit japanischen Importen und Fair-Trade-Waren. Der Mix an Menschen kann einen erst mal etwas verwirren, wenn man aus der Metro hochkommt: alte Nordafrikaner, die Zeitungen verkaufen, große schwarze Frauen mit farbenfrohen Kopfbedeckungen, die auf dem Weg zum Postamt sind, Scharen französischer Kinder, die kreuz und quer auf Bänken sitzen und sich Baguettes teilen, indem sie Stücke davon abbrechen. Da ich nun schon ein paarmal hier war, bewege ich mich inzwischen gelassener in der bunten Menge. Mit Bobby an meiner Seite fühle ich mich sogar fast schon so, als ob ich dazugehörte. Ich kann spüren, wie er alles in sich aufsaugt.
    Andrés Tänzerfreunde begrüßen Bobby und mich mit einem freundlichen Lächeln, als wir in das belebte Eck-Bistro hineingehen, wo sie gerade einen After-Brunch-Drink zu sich nehmen, aber dann plaudern sie sofort auf Französisch miteinander weiter. Sie sind eine große, ziemlich trendy Gruppe. Ein paar von ihnen rauchen, direkt hier im Bistro, auch wenn das in Paris streng genommen verboten ist. Durch den ganzen Rauch, der vor den Wänden aus unbearbeitetem Holz und dem halb blinden Spiegel hinter der Bar aufsteigt, sehen sie aus wie in Nebenschwaden gehüllt, so als hätten wir ein Filmset von vor zehn Jahren betreten, bevor es die Digitalfotografie gab. Die Farben und die Atmosphäre sind so wie auf den Hochzeitsfotos meiner Eltern: altmodisch, gemütlich und leicht verblasst.
    »Wer von denen ist dein Freund?«, fragt mich Bobby leise.
    »Der da.« Ich zeige auf André, der sich auf der gegenüberliegenden Seite des Raums aufhält. Er steht am Kopfende des Tisches, obwohl alle anderen sitzen. Seine Lippen sind vom Rotwein, den er trinkt, rot befleckt. Als wir reingekommen sind, hat er mir ein bisou auf beide Wangen gedrückt, aber kaum haben wir Stühle gefunden, hat er die Unterhaltung wieder aufgenommen, in die er gerade vertieft war.
    »Du kennst ihn über Olivia? Ist sie auch hier?«, will Bobby wissen.
    »Nein, sie ist nicht hier. Sie ist wahrscheinlich zu Hause und lernt«, antworte ich. »Möchtest du was trinken?«
    »Hast du morgen denn keine Schule?«, wundert sich Bobby. »Ich meine, ich kann ja wahrscheinlich ausschlafen, aber du musst doch sicher ziemlich früh raus, oder?«
    Ich schaue auf meinem Handy nach, wie spät es ist. »Bobby, es ist halb sechs. Es ist schon okay, wenn ich was trinke, auch wenn morgen Schule ist ...« Ich verdrehe die Augen. »Du solltest dir auch einen Drink genehmigen.«
    »Okay«, sagt Bobby leichthin, aber mir entgeht nicht sein sarkastischer Unterton. Verlegen warten wir auf unsere Getränke, ohne ein Wort miteinander zu wechseln und ohne dass irgendjemand ein Wort mit uns wechselt. Wir bekommen jeder ein Bier, Marke 1664. Ich trinke meines in einem Zug halb leer, in der Hoffnung, dass mir alles unverkrampfter erscheint, wenn ich erst mal ein bisschen angeheitert bin.
    André sieht echt gut aus. Klar, wie könnte es anders sein! André ist heiß. Die dunkelbraune Haut, seine kurz geschorenen Haare und große weit auseinanderstehende braune Augen verleihen ihm ein ganz besonderes Aussehen. Als Tänzer liegt

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