Beautiful Disaster: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
ein paarmal mit den Fingern hindurch, bevor Travis mich zur Tür führte.
»Heiliger Bimbam! Es ist der kleine Scheißer!«, rief einer der Jungs.
Travis nickte gemessen. Er versuchte, finster dreinzuschauen, aber ich konnte sehen, wie er sich freute, seine Brüder zu sehen. Das Haus war alt, mit gelb-braunen, fadenscheinigen Tapeten und groben Wollteppichen in diversen Brauntönen. Wir gingen über einen Flur direkt in einen Raum, dessen Tür weit offen stand. Rauchschwaden zogen auf den Flur; seine Brüder und sein Vater saßen auf verschiedenen, nicht zueinanderpassenden Stühlen um einen runden Holztisch.
»Hey, hey … einen anderen Ton in Gegenwart der jungen Dame, wenn ich bitten darf«, sagte sein Vater, und die Zigarre in seinem Mund wippte beim Sprechen auf und ab.
»Täubchen, das ist mein Dad, Jim Maddox. Dad, das ist Täubchen.«
»Täubchen?«, fragte Jim mit amüsierter Miene.
»Abby.« Ich reichte ihm die Hand.
Travis zeigte auf seine Brüder. »Trenton, Taylor, Tyler und Thomas.«
Alle nickten und sahen bis auf Thomas wie ältere Versionen von Travis aus: mit extrem kurzen Haaren, braunen Augen, in T-Shirts, die sich über gewölbten Muskeln spannten, und übersät mit Tattoos. Thomas trug dagegen ein Anzughemd und eine gelockerte Krawatte, seine Augen waren braungrün und die dunkelblonden Haare etwa drei Zentimeter lang.
»Hat Abby auch einen Nachnamen?«, fragte Jim.
»Abernathy«, nickte ich.
»Schön, dich kennenzulernen, Abby!« Thomas lächelte.
»Wirklich schön!« Trenton musterte mich schelmisch von oben bis unten. Daraufhin verpasste Jim ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, und er jaulte auf. »Was hab ich denn gesagt?«, jammerte er und rieb sich den Kopf.
»Setz dich, Abby, und schau zu, wie wir Trav sein Geld abknöpfen«, kündigte einer der Zwillinge an, die sich wirklich unglaublich ähnlich sahen und sogar die gleichen Tattoos hatten.
Im ganzen Zimmer hingen alte Fotos von Pokerspielen, Porträts von Pokerlegenden, die mit Jim und jemandem – vermutlich Travis’ Großvater – posierten. Dazu waren alte Spielkarten auf den Regalen verteilt.
»Du kanntest Stu Ungar?«, fragte ich und deutete auf ein verstaubtes Bild.
Jims halb zugekniffene Augen begannen zu strahlen. »Du weißt, wer Stu Ungar ist?«
Ich nickte. »Mein Vater war auch ein Fan von ihm.«
Er stand auf und zeigte auf das Bild daneben. »Und das da ist Doyle Brunson.«
Ich lächelte. »Mein Dad hat ihn einmal spielen sehen. Er ist unglaublich.«
»Travis’ Großvater war ein Profi … wir nehmen Poker hier ziemlich ernst«, meinte Jim lächelnd.
Ich setzte mich zwischen Travis und einen der Zwillinge, während Trenton mit Geschick die Karten mischte. Die Jungs legten ihr Bargeld auf den Tisch, und Jim verteilte die Chips.
Trenton hob fragend eine Augenbraue. »Willst du mitspielen, Abby?«
Ich lächelte höflich. »Ich glaube, besser nicht.«
»Weißt du nicht, wie es geht?«, fragte Jim.
Ich konnte ein Grinsen nicht verbergen. Jim sah so ernst drein, fast väterlich. Ich wusste, welche Antwort er erwartete, und es war mir zuwider, ihn zu enttäuschen.
Travis küsste mich auf die Stirn. »Spiel … ich bring es dir bei.«
»Dann solltest du jetzt lieber deinem Geld einen Abschiedskuss geben, Abby«, lachte Thomas.
Ich presste nur die Lippen zusammen und holte zwei Fünfziger aus meinem Portemonnaie. Die ließ ich mir von Jim in Chips wechseln. Trenton verzog das Gesicht zu einem herablassenden Grinsen, aber ich ignorierte ihn.
»Ich vertraue auf Travis’ Fähigkeiten als Lehrer.«
Einer der Zwillinge klatschte in die Hände. »Ja, zum Teufel! Heute Abend werde ich reich!«
»Lasst uns klein anfangen«, sagte Jim und warf einen Fünfdollarchip in die Tischmitte.
Trenton gab, und Travis fächerte das Blatt für mich auf. »Hast du je Karten gespielt?«
»Ist schon eine Weile her.«
»Quartett zählt nicht, Schneewittchen!« Trenton schaute in seine Karten.
»Halt den Rand, Trent.« Travis warf seinem Bruder einen vernichtenden Blick zu, bevor er sich meinen Karten widmete. »Du sammelst die höchsten Karten, fortlaufende Zahlen und, wenn du richtig Glück hast, in derselben Farbe.«
Beim ersten Blatt schaute Travis in meine Karten und ich in seine. Ich beschränkte mich hauptsächlich darauf, zu nicken und zu lächeln, und spielte, wenn ich dazu aufgefordert wurde. Travis und ich verloren beide, und am Ende der ersten Runde war mein Chipsvorrat schon beträchtlich
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