Beautiful Losers
arbeitete (es ist jetzt deine Fabrik), entdeckte ich in der levantinischen Miene des Chefs regelmäßig einen seltsam schmerzlichen Ausdruck, und zwar immer dann, wenn er einen schmutzigen, verschlagenen, bärtigen Glaubensbruder aus der Halle beförderte, einen Mann, der nach rumänischer Bauernkost stank und jeden zweiten Monat in die Fabrik kam, um für eine obskure Jiddische Physiotherapeutische Akademie Spenden zu sammeln. Der Boss steckte ihm immer einige Groschen zu und schob ihn unbeholfen und eilig über die Laderampe nach draußen, als könnte seine Anwesenheit einen Streik nach sich ziehen oder weit Schlimmeres. An jenen Tagen bin ich ihm immer etwas freundlicher begegnet, denn er wirkte untröstlich auf mich, merkwürdig verletzlich. Langsam verloren wir uns zwischen mächtigen Rollen von Kaschmir und Harris-Tweed, und ich war ihm zu Willen. (Er hatte nichts gegen meine neuen Muskeln, die ich dem Dynamischen Expander verdanke. Warum hast du mich von dir gestoßen?)
– Und was ist aus meiner Fabrik geworden? Ein Haufen Lumpen, Etiketten zum Einnähen, eine Ablenkung, eine Verhöhnung meines Geistes.
– Und die Gruft, in der Ihr Ehrgeiz ruht, mein Herr?
– Ganz genau, Kleiner.
– Und der Staub in Ihrem Mund, und die Glut in Ihrem Auge, mein Herr?
– Ich will den Typen hier nicht mehr sehen, habt ihr mich verstanden? Eines Tages werden sie einfach aufstehen und mit ihm fortziehen. Und ich vorn mit dabei. Die arme Sau ist besser dran als diese ganze Horde hier.
Natürlich hat er den widerlichen Bettler nicht ein einziges Mal rausgeschmissen, er hat darunter gelitten mit der Regelmäßigkeit von Menstruationsbeschwerden, mit denen Frauen dem Leben nachtrauern, das hinter der fahlen Gesetzmäßigkeit des Mondes liegt.
Wie der Mond hast du mich heimgesucht. Ich weiß, du fühlst dich alten Gesetzen von Leid und Rückzug verpflichtet. Ich fürchte mich vor der Weisheit des Krüppels. Ein paar Krücken, ein groteskes Nachziehen des Fußes könnten den Spaziergang ruinieren, auf den ich mich begeben will, pfeifend, frisch rasiert, mit neuem Anzug. Ich habe dich beneidet, weil du wusstest, dass du es zu nichts bringen würdest. Ich habe den Zauber deiner zerrissenen Kleidung begehrt. Eifersüchtig habe ich die Schrecken betrachtet, die dir zugedacht waren, zittern konnte ich vor mir selbst allerdings nicht. Ich war nie betrunken genug, nie arm genug, nie reich genug. All das tut sehr weh, vielleicht gerade weh genug. Ich bin drauf und dran, laut, mit seitlich ausgestreckten Armen, um Trost zu flehen. Ja, ich will Präsident der neuen Republik werden. Ich liebe es, wenn bewaffnete Teenager vor den Toren des Krankenhauses meinen Namen skandieren. Lang lebe die Revolution! Macht mich zum Präsidenten für dreißig Tage, es werden meine letzten sein.
Wohin gehst du heute Abend, mein Freund? Isst du noch Fleisch? Bist du entwaffnet und leer, ein Instrument der Gnade? Kannst du aufhören zu reden? Hat dich die Einsamkeit in Ekstase versetzt?
Wenn du mir einen geblasen hast, habe ich immer deine tiefe Barmherzigkeit gespürt. Ich habe das gehasst. Ich habe es missbraucht. Ich wage aber zu hoffen, dass du das Beste dessen verkörperst, wonach ich mich gesehnt habe. Ich wage zu hoffen, dass du die Perle hervorbringen und über meine kümmerlichen Absonderungen hinwegsehen wirst.
Dieser Brief ist in unserer althergebrachten Sprache verfasst, es war nicht immer einfach für mich, die obsoleten Wörter und Wendungen aus dem Gedächtnis hervorzuholen. Ich musste weit zurückreichen in Gebiete, die hinter Stacheldraht liegen, denen ich ein Leben lang zu entkommen versucht habe. Und doch bereue ich nicht, dass ich es versucht habe.
Unsere Liebe wird niemals vergehen, das kann ich dir versprechen. Ich, der diesen Brief wie einen Drachen hat steigen lassen, der im Wind deiner Sehnsüchte taumelt. Wir sind zusammen geboren worden, in unseren Küssen haben wir einander den Wunsch gestanden, noch einmal von Neuem geboren zu werden. Wir lagen in enger Umarmung, einer des anderen Lehrer. Jede Nacht hatte einen eigenen Ton, den wir zu treffen versuchten. Wir haben uns immer bemüht, das Rauschen zu unterbinden, und litten unter der Erkenntnis, dass es zum Ton gehörte. Ich war dein Abenteuer, und du warst mein Abenteuer. Ich war deine Reise, und du warst meine Reise, und Edith war der Stern, der uns geleitet hat. Dieser Brief entspringt unserer Liebe wie die Funken dem Schwertkampf, wie ein Nadelschauer angeschlagener
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