Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
auf die fernen Berge.
    »O ja«, antwortete Jase. Der Roboter besaß eine
ungewöhnlich tiefe und volltönende Stimme, und er machte
guten Gebrauch davon. Seit tausend oder mehr Jahren waren
Kultur-Roboter mit Aura-Feldern ausgestattet, die sich entsprechend
ihrer Stimmung färbten. Das war ihr Äquivalent für
Gesichtsausdruck und Körpersprache. Jase jedoch war alt,
hergestellt, lange bevor man an Aura-Felder gedacht hatte, und er
hatte sich geweigert, nachträglich mit einem ausgerüstet zu
werden. Er zog es vor, sich auf seine Stimme zu verlassen, wenn er
den Wunsch hatte, auszudrücken, was er empfand, und andernfalls
undurchschaubar zu bleiben.
    »Verdammt!« Fal betrachtete den Schnee auf den Gipfeln.
»Ich wollte, ich wäre beim Klettern.« Sie schnalzte
mit der Zunge und sah an ihrem rechten Bein hinunter, das sie vor
sich ausgestreckt hielt. Das Bein hatte sie sich vor acht Tagen beim
Klettern in den Bergen auf der anderen Seite der Ebene gebrochen.
Jetzt war es mit einem feinen Flechtwerk von Feldsträngen
geschient, die sich unter modisch engen Hosen verbargen.
    Jase hätte das zum Anlaß nehmen können, dachte
Fal, ihr wieder einmal eine Predigt zu halten über die
Ratsamkeit, nur mit einem Schwebeharnisch oder mit einem Roboter in
der Nähe zu klettern oder zuallermindest nicht allein zu gehen.
Aber Jase schwieg. Fal sah ihn an. Ihr sonnengebräuntes Gesicht
schimmerte im Licht. »Und was hast du für mich, Jase?
Arbeit?«
    »Leider ja.«
    Fal setzte sich auf der Steinbank so bequem zurecht, wie es ging,
und kreuzte die Arme. Jase ließ ein kurzes Kraftfeld aus seinem
Gehäuse sprießen, um das unbeholfen ausgestreckte Bein zu
stützen, obwohl er wußte, daß das Feld der Schiene
vollkommen ausreichte.
    »Spuck’s aus!« sagte Fal.
    »Vielleicht erinnerst du dich an einen Punkt der Synopse vor
achtzehn Tagen über eins unserer Fahrzeuge, das von einem
Fabrikschiff in dem Raumabschnitt diesseits des Düsteren Golfes
zusammengeschustert wurde. Das Fabrikschiff mußte sich
zerstören, und diesem Beispiel folgte später das Fahrzeug,
das es hergestellt hatte.«
    »Ich erinnere mich.« Fal vergaß überhaupt
wenig und von der täglichen Synopsis nichts. »Es bestand
aus nicht zusammengehörigen Einzelteilen. Das Fabrikschiff
versuchte, auf diese Weise ein Gehirn, das für ein Systemschiff
bestimmt war, in Sicherheit zu bringen.«
    Jases Stimme klang ein bißchen müde. »Und damit
haben wir ein Problem.«
    Fal lächelte.
    Die Kultur, daran war nicht zu zweifeln, verließ sich bei
dem Krieg, in den sie jetzt verwickelt war, auf ihre Maschinen,
sowohl in der Strategie als auch in der Taktik. Tatsächlich
hätte man behaupten können, die Kultur sei ihre
Maschinen, und ihre Maschinen repräsentierten sie auf
elementarere Weise als irgendein einzelner Mensch oder eine Gruppe
von Menschen innerhalb der Gesellschaft. Die elektronischen Gehirne,
die jetzt von den Fabrikschiffen der Kultur, von ungefährdeten
Orbitals und größeren System-Schiffen hergestellt wurden,
gehörten zu den raffiniertesten Ansammlungen von Materie in der
Galaxis. Sie waren so intelligent, daß kein Mensch fähig
war, zu verstehen, wie intelligent sie waren (und die Maschinen
ihrerseits waren nicht fähig, es einer derartig
beschränkten Lebensform zu beschreiben).
    Von diesen mentalen Kolossen über die alltäglicheren,
aber immer noch über Bewußtsein verfügenden Maschinen
und die klugen, aber letzten Endes mechanistischen und berechenbaren
Computer bis hinunter zu den kleinsten Schaltungen in einem
Miniflugkörper, der kaum mehr Intelligenz als eine Fliege
besaß, hatte die Kultur auf die Maschine statt auf das
menschliche Gehirn gesetzt, schon lange bevor man den idiranischen
Krieg hatte vorhersehen können. Das lag daran, daß die
Kultur sich als eine Gesellschaft sah, die sich ihrer
Rationalität bewußt war. Maschinen waren besser imstande,
diesen gewünschten Zustand zu erreichen, und, wenn sie ihn
erreicht hatten, Gebrauch davon zu machen. Das genügte der
Kultur als Begründung.
    Außerdem gab es den Menschen in der Kultur die Freiheit,
sich um die Dinge zu kümmern, auf die es im Leben wirklich
ankommt, zum Beispiel Sport, Spiele, Romantik, das Studium toter
Sprachen, barbarischer Gesellschaften und unmöglicher Probleme
und das Ersteigen hoher Berge ohne die Hilfe eines
Schwebeharnischs.
    Eine voreingenommene Auslegung dieser Situation mochte zu der
Vorstellung führen, die elektronischen Gehirne der Kultur
könnten mit

Weitere Kostenlose Bücher