und unbelebten Straßen in ihr Hotel zurück.
Sie war beunruhigt und enttäuscht und sie hatte Angst. Der Tag war alles andere als ein Erfolg gewesen. Sogar die Sammelbüchsen hatten sie im Wagen zurücklassen müssen. Es wäre zu gefährlich gewesen, die Dinger durch die Stadt zu schleppen. Nun war das ganze Geld zum Teufel, und die Polizei war ihnen auf der Spur.
Eilig packte sie ihre Sachen. Im Wagen hatte sie plötzlich eine Vision gehabt: eine kleine unauffällige Absteige, mitten in London, wo ihr niemand viele Fragen stellen würde. Sie hatte die Spießigkeit der Provinz satt und sehnte sich nach dem großstädtischen Leben.
Sie schnallte gerade ihren Koffer zu, da klopfte es schüchtern an die Tür. Die Polente klopfte anders, aber dennoch war ihr ungemütlich zumute. Es klopfte noch einmal. Sie schlich zur Tür, öffnete sie einen Spalt und spähte hinaus.
Draußen stand Beefy. Ein sehr bekümmert aussehender Beefy.
Sie stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus und riß die Tür weit auf. Beefy schob sich langsam hinein.
«Hat alles geklappt, Beefy?» fragte Ida und setzte sich aufs Bett.
«Also, ich hab mich in ‘nem Zelt versteckt. Von wegen der Polente, die hinter mir her war. Und da waren ‘ne Menge Leute und ‘n Kerl, der vorn stand, sagte:
, und ‘n paar von den Leuten standen...»
Er verstummte. Ida betrachtete ihn besorgt. «Und du, Beefy», sagte sie, «du bist doch nicht etwa...»
Beefy wurde purpurrot. Er starrte auf seine Schuhspitzen. «Ja, Ida, ich - ich bin aufgestanden.»
In dem kleinen Zimmer herrschte Schweigen. Endlich sagte Ida vorwurfsvoll: «Das hättest du nicht tun dürfen.»
«Aber ich bin doch sowieso ehrlich jetzt», verteidigte sich Beefy.
«O nein, das bist du nicht», sagte Ida und ließ ihre Maske fallen, «nicht, solange ich ein Wort mitzureden habe. Das ehrliche Leben ist nichts für dich, Beefy.» Sie versuchte es mit Schmeichelei. «Für die meisten mag es richtig sein, aber du, Beefy, du bist viel zu gut dafür.»
Beefy würgte. «Ich darf nichts Krummes mehr machen», sagte er kläglich.
Ida zuckte gereizt die Achseln. Doch einen Trumpf hatte sie noch in der Hand. «Na, Beefy, wenn du das so ernst nimmst», sagte sie, «dann mußt du jetzt auch jeden Sonntag in die Kirche gehen.»
Beefy erbleichte. «Jeden Sonntag, Ida?»
«Jeden Sonntag», sagte sie mit Nachdruck.
Beefy antwortete ruhig und würdevoll: «Wenn es sein muß, muß ich es tun.»
«Quatsch.» Ida war wütend. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Sie hatte nur noch fünf Minuten Zeit bis zur Abfahrt des Busses. Sie griff nach ihrem Koffer. «Ich muß jetzt gehen», sagte sie. «Sag den Jungens, meine Nerven brauchen dringend Erholung. Sonst klappe ich noch völlig zusammen.»
Sie stürzte davon. Beefy folgte ihr unglücklich. Die Zukunft sah für ihn wirklich alles andere als rosig aus. Nun mußte er wohl wirklich jeden Sonntag in die Kirche gehen.
Aber dann fiel ihm ein, daß am nächsten Sonnabend Sally kommen wollte. Vielleicht würde sie ihn begleiten.
10
Am Sonntag, dem 4. Mai, strömten von allen Seiten die Andächtigen zur Abendandacht herbei.
Einer von ihnen war der schüchterne und verwirrte Beefy. In einer der letzten Bankreihen nahm er Platz.
Als der Chor mit lieblichem Gesang durch die Kirche zog, allen voran, der Kreuzträger, dem langsam und feierlich die Fahnen- und Bannerträger folgten, war Beefy von diesem Schauspiel ganz hingerissen und fragte sich, warum er nicht längst einmal in die Kirche gegangen war.
Schließlich betrat der Pfarrer die Kanzel. «Dies ist der Festtag des „ heiligen Judas des Finsteren», sagte er. «Nun ist dieser heilige Judas aber ‘ ein äußerst bescheidener Mann gewesen. Ja, er war so bescheiden, daß wir nichts, aber auch gar nichts über ihn wissen. Was also können wir an , diesem seinem Festtag von dem heiligen Judas lernen? Doch wohl nur, daß auch wir bescheiden sein sollten.»
Beefy starrte mit offenem Mund zur Kanzel hinauf. Bescheiden - genau das hatte Sally doch von ihm gesagt. Der freundlichste und bescheidenste Mensch, den sie je getroffen hätte. Bescheiden. Das war er. Genau wie dieser Judas.
Die Predigt endete. Der Schlußchoral hob an. Beefy war glücklich. Aber dann geschah etwas Entsetzliches. Ein Rascheln ging durch die J singende Gemeinde. Die Männer griffen in ihre Jackentaschen, die Frauen kramten in ihren Handtaschen; und Männer mit Tellern bewegten