Beeinflussen, Ueberzeugen, Manipulieren
werden soll. Sprachen zerschneiden die Natur, das Zerschneiden ergibt die Worte im Lexikon. Wir denken über die Welt nach, als wäre sie eine Sammlung von Dingen, die den Worten entsprechen. Wir projizieren die Bedingungen unserer Sprache auf das Universum und sehen sie dort.“
Beispiel:
So lässt Walter Porzig einen Bauer seine Verwunderung im Planetarium ausdrücken: „Dass man die Bahnen der Sterne berechnen kann, begreife ich – aber wie in aller Welt haben sie ihre Namen herausgebracht?“
Offenbar geht der Bauer davon aus, dass die Namen der Sterne schon seit Jahrtausenden existieren. Das ist aber ein Irrtum. Was noch nicht im Bewusstsein der Menschen existierte, hatte noch keinen Namen. Erst die Entdecker der Sterne haben ihnen nach eigener Willkür und Ermessen einen Namen gegeben. Für Kinder ist es selbstverständlich und so sehen es auch viele Erwachsene, dass die Worte die Wirklichkeit genau abbilden. Doch so ist es nicht.
Sprache bestimmt die Grenzen Ihrer Welt
Verlassen wir die Welt des Greifbaren, wird es sogar noch abstrakter. So erweckt das Wort „Wind“ den Eindruck, dass es den Wind auch gibt. Doch wo ist der Wind, wenn er nicht weht? Den Wind gibt es nicht, es gibt nur den Prozess des Wehens.
Nehmen wir einmal die abstrakten Begriffe „ Ruhm “ und „ Ehre “. Hätten Sie die Begriffe noch nicht gehört, könnten Sie auch nicht in den Begriffen denken. Erst wenn Sie die Begriffe kennen und den Inhalt wissen, mit dem sie gefüllt werden, vermögen Sie auch zu denken, was vorher nicht oder nur in Ansätzen unklar jemals in Ihrem Bewusstsein aufgetaucht ist.
Wichtig:
Der Philosoph Ludwig Wittgenstein sagt: „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Wirklichkeit .“ Sie können nur das denken und kommunizieren, wofür Ihr Sprachschatz auch Worte hat. Nur was gesagt wird, kann gesagt und auch wiederholt werden. Das heißt auch: Wenn Sie Ihren Sprachschatz um zusätzliche Worte erweitern, verschieben Sie die Grenzen in Ihrem Kopf.
Deshalb schaffen Werbeleute und Philosophen auch neue Worte. So bezeichnet beispielsweise eine Sparkasse sich als „geldrichtig“ oder wirbt das Kaufhaus mit „Frohe Hi-Fi-nachten“.
Übernehmen Sie die Worte Ihres Gegenübers, übernehmen Sie auch seine Sichtweise . Heutzutage wird das Wort „Krieg“ kaum noch verwendet, stattdessen spricht man von „friedenserhaltenden Maßnahmen“. Übernehmen Sie diese beiden Worte unkritisch, machen Sie sich auch die verharmlosende Sichtweise zu eigen. Der in der Sprache enthaltene Erfahrungsschatz erspart Ihnen zwar viel Mühe und eigene Arbeit, sich auszudrücken. Andererseits können aber darin Einstellungen enthalten sein, die überholt sind und Sie am wirklichkeitsgerechten Handeln hindern.
Offenheit ist notwendig. Hinterfragen Sie plakative Bilder und Worte, mit denen Sie von anderen zu einer bestimmten Sichtweise der Wirklichkeit gebracht werden sollen, die nicht mehr angemessen ist. Wenn Sie wissen, was Sprache ist, ihre großen Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen erkennen, reduzieren Sie Ihre Abhängigkeit von Verführungen durch die Sprache.
Lassen sich Worte genau definieren?
Die Frage drängt sich auf: Lässt sich der sichere Gebrauch der Sprache festlegen? Der Philosoph Immanuel Kant sagte dazu: „Klare Definitionen gibt es nur in der Mathematik.“ Der Autor, Journalist und Träger des Medienpreises für Sprachkultur Wolf Schneider stellt als Hobbybergsteiger die Frage: „Wo fängt das Matterhorn an? Nicht oben, da herrscht Einigkeit – unten.“ Doch wo genau das Unten ist, möchte er sich nicht festlegen. Wolf resigniert: „Das Matterhorn ist nicht definierbar. Das Wort franst nach unten aus, wie so viele Wörter.“
Es gibt viele Gründe, warum keine genauen Definitionen möglich sind. Keiner denkt bei einem Wort an genau das, woran der andere denkt. Sie werden Worte nur dann verstehen, wenn Sie eine Mindestmenge an gemeinsamen Erfahrungen mit dem Gesprächspartner haben.
Für Martin Buber ist das unterschiedliche Verständnis gemeinsamer Begriffe sogar förderlich. Das veranlasst nämlich Menschen, sich mehr Mühe mit dem gegenseitigen Verstehen zu geben. Einen ganz großen Vorteil hat die mangelnde Eingrenzbarkeit. Die meisten Worte haben es ermöglicht, über Jahrhunderte hinaus ein Verständnis ohne allzu große Mängel zu erreichen. Wolf weist darauf hin, dass sich der Wortschatz des Raumfahrtzeitalters zu 90 Prozent mit dem der Postkutschen-Ära deckt. Wären alle
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