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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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sonnigen Tagen. Ihre Dicke ließ sie grün erscheinen, fast wie die Glasscheiben eines Aquariums für einen ganz speziellen Fisch. Dann fiel einem der Schreibtisch auf, ein mächtiger, aus Holz. Er wirkte einschüchternd, um so mehr, wenn der Präsident daneben stand und einen erwartete. Das war ganz gut, dachte der Präsident. Es machte ihm seine momentane Aufgabe etwas leichter.
    »George«, sagte Ryan und streckte ihm die Hand entgegen.
    »Mr. President«, erwiderte Winston freundlich und ignorierte die beiden Secret-Service-Agenten hinter ihm, die bereitstanden, ihn sofort zu packen, wenn er etwas Unpassendes tat. Man brauchte sie nicht zu hören. Ein Besucher konnte ihre Blicke im Genick spüren. Er schüttelte Ryan die Hand und rang sich ein Lächeln ab. Winston kannte Ryan halt nicht so gut. Beim Konflikt mit Japan hatten sie gut zusammengewirkt.
    Zuvor waren sie sich nur ein paarmal bei kleineren Anlässen begegnet, und er wußte um Ryans Ruf an der Börse. All die Zeit im Nachrichtendienst war nicht umsonst gewesen.
    »Setzen Sie sich.« Jack deutete auf eine der beiden Couchen. »Entspannen Sie sich. Wie war die Fahrt hierher?«
    »Wie üblich.« Ein Messesteward der Navy tauchte wie aus dem Nichts auf und schenkte zwei Tassen Kaffee ein, denn die Tageszeit paßte. Der Kaffee, fand er, war ausgezeichnet und die Tassen mit ihrem Goldrand exquisit.
    »Ich brauche Sie«, sagte Ryan als nächstes.
    »Sir, schauen Sie, es ist viel zerstört worden in meinem …«
    »Land.«
    »Ich habe nie Regierungbeamter werden wollen, Jack«, erwiderte Winston sofort, wobei er ziemlich schnell sprach.
    Ryan rührte seine Tasse nicht einmal an. »Wieso glauben Sie, ich will Sie dafür haben? George, ich bin da gewesen und hab' es getan, okay? Mehr als einmal. Ich muß ein Team zusammenstellen. Heute abend werde ich eine Rede halten. Vielleicht gefällt Ihnen, was ich sagen werde. Okay, als erstes brauche ich jemanden, der das Finanzministerium führt. Verteidigung ist okay für den Augenblick. Das Außenministerium bei Adler in guten Händen. Treasury also steht als oberstes auf meiner Liste der Dinge, die mit jemandem Neuen besetzt werden müssen. Ich brauche einen Guten. Das sind Sie. Sind Sie sauber?« fragte Ryan abrupt.
    »Was? Darauf können Sie Ihren Arsch verwetten! Ich verdiene mein Geld im gesetzlichen Rahmen. Jedermann weiß das«, echauffierte sich Winston, bis er bemerkte, daß er geködert worden war.
    »Gut. Ich brauche jemanden, der das Vertrauen der Finanzwelt genießt. Ich brauche jemanden, der weiß, wie das System wirklich funktioniert. Ich brauche jemanden, der weiß, was kaputt ist und repariert werden muß und was nicht. Sie wissen das. Ich brauche jemanden, der unpolitisch ist. Sie sind es. Ich brauche einen objektiven Profi – doch vor allem, George, ich brauche jemanden, der seinen Job genauso haßt wie ich meinen.«
    »Was genau meinen Sie damit, Mr. President?«
    Ryan lehnte sich zurück und schloß für eine Sekunde die Augen, ehe er fortfuhr. »Ich habe hier drinnen begonnen, als ich einunddreißig war.
    Bin ausgestiegen und habe mich an Wall Street auch gut geschlagen, doch ich bin wieder reingesaugt worden, und hier bin ich.« Er öffnete die Augen. »Seit ich bei der Agency angefangen habe, mußte ich dem inneren Getriebe zusehen, und wissen Sie was? Ich hab's nie gemocht. Dann bin ich an Wall Street zurück, erinnern Sie sich, und hab' mich ganz gut gemacht, erinnern Sie sich? Ich wollte wieder Akademiker werden, nachdem ich genug verdient hatte. Geschichte ist meine erste Liebe, und ich dachte, ich kann unterrichten und studieren und schreiben, herausfinden, wie alles gewesen ist, und mein Wissen weitergeben. Beinahe hätt' ich es auch geschafft, aber dann ist's doch nicht so gelaufen. Also, George, ich stelle eine Mannschaft zusammen.«
    »Um was zu tun?«
    »Ihre Aufgabe ist es, Treasury auszumisten. Geldwirtschaft und Fiskalpolitik gehören Ihnen.«
    »Sie meinen …«
    »Ja.«
    »Kein politischer Kram?« Das mußte er fragen.
    »Sehen Sie, George, ich weiß nicht, wie man Politiker ist, und ich hab' keine Zeit, es zu lernen. Ich habe das Spiel nie gemocht. Die meisten Beteiligten hab' ich auch nicht gemocht. Ich hab' nur versucht, meinem Land so gut zu dienen, wie ich konnte. Manchmal hat's funktioniert, manchmal nicht. Ich hatte keine Wahl. Sie erinnern sich sicher noch, wie's begonnen hat. Man hat versucht, mich und meine Familie umzubringen. Ich wollte mich nicht reinziehen lassen,

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