Befehl von oben
an!«
»Crew«, sagte der Mann, nachdem er die Brille wieder aufgesetzt hatte.
»Möglicherweise ein Pilot. Was ist denn das?«
Nun zeigte er auf etwas.
Es hatte etwas Delikates an sich. Das weiße Uniformhemd hatte gleich rechts neben der Brusttasche ein Loch. Das Loch war umgeben von einem rostroten Fleck. Die FBI-Agentin hielt ihre Taschenlampe dran und sah, daß der Fleck trocken war. Die Temperatur lag unter minus fünf Grad. Der Körper war beim Aufprall des Flugzeugs in diese frostige Umgebung geschleudert worden, und das Blut am Hals war gefroren. Sie sah, daß das Blut am Hemd schon eingetrocknet gewesen sein mußte, ehe es gefrieren konnte.
»Rühren Sie diese Leiche auf gar keinen Fall mehr an«, sagte sie dem Feuerwehrmann. Wie die meisten FBI-Agenten war sie Polizistin gewesen, ehe sie sich für die Bundesbehörde beworben hatte. Daß ihr Gesicht bleich wurde, lag an der Kälte.
»Erste Absturzuntersuchung?« fragte der NTSB-Mann, der die Blässe in ihrem Gesicht mißdeutete.
Sie nickte.
»Ja, aber nicht mein erster Mord.«
Und damit schaltete sie ihr Sprechfunkgerät ein und rief ihren Vorgesetzten. Für diese Leiche wollte sie ein Tatortteam mit allem gerichtsmedizinischen Drum und Dran.
*
Von allen Regierungen der Welt trafen Telegramme ein. Die meisten waren lang, und alle mußten gelesen werden – nun, zumindest die von bedeutenden Ländern. Togo konnte warten.
»Die Minister für Inneres und für Handel sind in der Stadt und halten sich mit all den Stellvertretern für eine Kabinettssitzung bereit«, sagte van Damm, während Ryan die Kondolenzschreiben durchblätterte und versuchte, gleichzeitig zu lesen und zuzuhören. »Die JCS – alles Stellvertreter – und die Oberbefehlshaber für die einzelnen Regionen sind zusammengekommen, um die nationale Sicherheit zu erörtern …«
»Stand der Akutbedrohung?« fragte Jack, ohne aufzuschauen. Bis zum vorherigen Tag war er Präsident Durlings Sicherheitsberater gewesen, und es schien nicht wahrscheinlich, daß sich die übrige Welt binnen vierundzwanzig Stunden arg verändert hätte.
Die Antwort gab Scott Adler: »Frei.«
»Washington ist ziemlich dichtgemacht«, sagte Murray. »Aufforderung im Radio und Fernsehen, zu Hause zu bleiben, außer für essentielle Dienstleistungen. Die D.C. National Guard ist im Einsatz. Wir brauchen die frischen Kräfte am Hill, und die D.C. Guard ist eine Militärpolizeibrigade. Die könnte sich wirklich nützlich machen. Die Feuerwehrleute müssen ja inzwischen völlig erschöpft sein.«
»Wie lange dauert es noch, bis die Ermittlungen konkrete Erkenntnisse liefern?« fragte der Präsident.
»Das kann man nicht sagen, Jac … Mister …«
Ryan blickte vom belgischen Telegramm auf. »Wie lange kennen wir uns schon, Dan? Ich bin nicht Gott, okay? Wenn du mich ab und zu mit Namen ansprichst, wird dich deswegen keiner erschießen.«
Jetzt war es an Murray, zu lächeln. »Okay. Ohne gründliche Ermittlungen läßt sich nichts sagen. Der Durchbruch kommt, früher oder später, aber er kommt«, versprach Dan. »Wir haben ein sehr gutes Ermittlungsteam da draußen.«
»Was sage ich den Medien?« Jack rieb sich die Augen, jetzt schon müde vom Lesen. Vielleicht brauchte er doch eine Brille. Vor ihm lag die schriftliche Aufstellung seiner morgendlichen Fernsehauftritte, die ausgelost worden waren. CNN um 7.08 Uhr, CBS um 7.20, NBC um 7.37, ABC um 7.50, Fox um 8.08. Alle vom Roosevelt-Zimmer im White House, wo die Kameras bereits aufgestellt waren. Jemand hatte entschieden, daß eine förmliche Ansprache zuviel für ihn wäre und der Situation auch nicht angemessen, bis er wirklich etwas Substantielles zu sagen hätte. Bloß eine ruhige, würdige und vor allem intime Vorstellung seiner Person für Leute, die ihre Zeitung lasen und ihren Morgenkaffee tranken.
»Lockere Fragen. Das ist schon geklärt«, versicherte ihm van Damm.
»Beantworten Sie sie. Sprechen Sie langsam und deutlich, so entspannt, wie Sie können. Nichts Dramatisches. Das erwarten die Leute nicht. Sie wollen nur wissen, daß jemand da ist, der ans Telefon geht, was auch immer. Sie wissen, es ist noch zu früh für Sie, etwas Entscheidendes zu sagen oder zu tun.«
»Rogers Kinder?«
»Schlafen noch, nehme ich an. Wir haben die Angehörigen hergeholt.
Die sind jetzt im White House.«
Präsident Ryan nickte, ohne aufzublicken. Es war schwer, den Augen der Leute am Frühstückstisch zu begegnen, besonders wenn's um so was ging. Auch
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