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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Zigarette aus, wie immer nach dem Rückfall ins Laster von einem leichten Schwindel im Kopf befallen.
    »Nun, ich werde wohl eine Menge lesen müssen.«
    »Ich würde Ihnen Hilfe anbieten, aber Sie sollten's lieber allein probieren. So greift keiner unzulässig ein – das heißt, nicht mehr, als ich's bereits getan habe. Sie haben mich drum gebeten, und das ist das Beste, was ich habe.«
    »Ich schätze, mehr kann man nicht«, bemerkte Ryan, der auf den Stapel mit den Mappen starrte.
    Der Leiter der Bürgerrechtsabteilung des amerikanischen Justizministeriums war noch von Präsident Fowler berufen worden. Früher war er Wirtschaftsanwalt und Lobbyist gewesen und hatte sich schon vor Beginn seines Jurastudiums politisch betätigt. Wie viele Inhaber öffentlicher Ämter verkörperte er inzwischen nicht direkt sein Amt, sondern eher seine Vision davon. Er hatte einen Wahlkreis, obwohl er nie gewählt worden war, und war nur mit Unterbrechungen in Diensten der Regierung gewesen, hatte aber eine Reihe zunehmend höherer Stellungen durch seine Nähe zur Macht in seiner Stadt erreicht, speiste und feierte mit den Mächtigen, besuchte deren Büros, während er Leute vertrat, die ihn mehr oder weniger interessierten, denn ein Anwalt mußte den Interessen seiner Klienten dienen – und die Klienten wählten ihn, nicht umgekehrt. Die Honorare der wenigen wurden gebraucht, um den Bedürfnissen der vielen zu dienen – was auch seine politische Philosophie war. Und so war er zur Verkörperung von Ben Johnsons Diktum geworden von ›Widersprüche‹ nur ansprechen, sind sie doch alle Rechte. Nie aber hatte er seine Leidenschaft für die Bürgerrechte abgelegt und seinen Einfluß nie gegen den Glaubenskern eingesetzt. Zwar hatte seit den Sechzigern keiner sich gegen die Bürgerrechte per se gewandt, aber er sagte sich, dies sei wichtig. Als Weißer mit einheimischen Vorfahren bis weit vorm Bürgerkrieg äußerte er sich an allen Gerichtshöfen, und von da her hatte er sich die Bewunderung von Menschen zugezogen, die derselben politischen Ansicht waren. Aus dieser Wertschätzung erwuchs Macht, und es ließ sich schwer sagen, welcher Aspekt seines Lebens den anderen mehr beeinflußte. Aufgrund seiner früheren Arbeit im Justizministerium war er Politikern aufgefallen.
    Weil er diese Arbeit ordentlich erledigt hatte, war auch eine mächtige Anwaltskanzlei in Washington auf ihn aufmerksam geworden. Er schied aus dem Regierungsdienst aus, um in diese Kanzlei einzutreten, verwendete seine politischen Kontakte, um seinen Beruf wirkungsvoller auszuüben, was ihm wieder zusätzliche Glaubwürdigkeit in politischen Kreisen einbrachte. Und so wusch eine Hand ständig die andere, bis er nicht mehr unterscheiden konnte, welche Hand welche war. Auf diesem Weg waren die von ihm vertretenen Fälle in einem so schleichenden und anscheinend logischen Prozeß zu seiner Identität geworden, daß er kaum mitbekam, was stattgefunden hatte. Er war das geworden, was er all die Jahre vertreten hatte.
    Und das war jetzt ein Problem. Er kannte, bewunderte Patrick Martin als ein geringeres juristisches Talent, der seinen Aufstieg in der Justiz ausschließlich der Arbeit an Gerichten verdankte, war er doch nie ein ordentlicher Anwalt der Vereinigten Staaten gewesen (das waren politische Posten, hauptsächlich von Senatoren mit Leuten aus ihren Heimatstaaten besetzt), sondern eine der apolitischen Arbeitsbienen, die wirkliche Fälle erledigten, während der Vorgesetzte sich mit Vorträgen, Verwaltung von Fallzuweisungen und seiner politischen Karriere beschäftigte. Tatsächlich war Martin mit einundvierzig ein begabter juristischer Taktiker in seinen formalen Prozessen, sogar noch besser als juristischer Bürokrat, der junge Strafverfolger einwies. Aber er kannte sich in Politik nicht aus, dachte der Leiter der Bürgerrechtsabteilung, und deshalb war er als Ratgeber Präsident Ryans fehl am Platz.
    Er besaß die Liste. Einer seiner Leute hatte Martin bei der Zusammenstellung geholfen, und die waren ihm ergeben, weil sie wußten, daß sie in dieser Stadt den wahren Aufstieg nur auf dem gleichen Weg wie ihr Chef erreichen konnten, und ihr Chef konnte ihnen mit einem Anruf einen Posten bei einer großen Kanzlei verschaffen, und aufgrund all dessen hatte der Leiter die Liste mit den vollen Namen erhalten.
    Und so brauchte er keine Recherchen anstellen, denn er kannte sie alle. Dieser hier, vom vierten Gerichtshof in Richmond, hatte das Urteil einer unteren

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