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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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führen, aber wenn du denkst, ich respektiere nicht die Presse, bist du nicht so schlau, wie du sein solltest. Wir sind nicht immer Freunde, manchesmal auch Feinde, aber wir brauchen euch wie ihr uns. Herrgott noch mal, wenn ich dich nicht respektiere, warum zum Teufel schlabberst du meinen Sprit?«
    Es war entweder eleganter Dreh oder Wahrheit, dachte Holtzman, und Arnie war ihm zu gewieft, als daß er den Unterschied gleich ausmachen konnte. Am schlauesten war, den Drink wegzuputzen. Das tat er. Schade, daß sein Gastgeber billigen Fusel zu seinen L-L-Bean-Hemden bevorzugte. Arnie wußte sich auch nicht zu kleiden, oder vielleicht war das Teil seines gewählten Nimbus. Das Politikspiel war so verwinkelt wie die Kreuzung aus klassischer Metaphysik und Experimentalwissenschaft. Das Ganze überblickte man nie, und einen Teil rausfinden hieß oft, den Weg zu den anderen, ebenso wichtigen, verbauen. Vielleicht war's deshalb das beliebteste Spiel in der Stadt.
    »Okay, Arnie, das nehme ich als gegeben hin.«
    »Wie gut von dir.« Van Damm füllte lächelnd nach. »Aber warum hast du mich angerufen?«
    »Es ist mir beinahe peinlich.« Eine weitere Pause. »Ich möchte nicht an der öffentlichen Erhängung eines Unschuldigen teilnehmen.«
    »Das hast du vorher doch schon getan.«
    »Mag sein, aber das waren alles Politiker, und alle auf die eine oder andere Art fällig. Ich weiß nicht, was – okay, wie wär's, wenn ich gegen Kindesmißbrauch wäre? Ryan hat eine faire Chance verdient.«
    »Und du bist sauer, weil dir die Story und der Pulitzerpreis flöten …«
    »Davon hab' ich schon zwei«, erinnerte ihn Holtzman. Sonst hätte ihm sein Ressortchef die Geschichte aus der Hand genommen, aber die interne Politik bei der Washington Post war so tückisch wie sonstwo in der Stadt.
    »Und?«
    »Und ich muß das mit Kolumbien wissen. Ich muß etwas über Jimmy Cutter wissen, wie der starb.«
    »Herrgott, Bob, du weißt nicht, was unser Botschafter heute dort unten durchgemacht hat.«
    »Spanisch ist eine tolle Sprache zum Schimpfen.« Ein Reporterlächeln.
    »Die Geschichte darf nicht rauskommen. Sie darf es einfach nicht.«
    »Die Geschichte wird rauskommen. Es geht nur darum, wer sie bringt, und das wird bestimmen, wie sie herauskommt. Arnie, ich weiß, wie etwas zu schreiben ist, okay?«
    Wie es in Zeiten wie diesen so oft in Washington geschah, waren alle in Umständen gefangen. Holtzman mußte eine Story bringen. Wenn er es richtig anpackte, würde vielleicht seine ursprüngliche Story wieder aufleben, ihn für einen weiteren Pulitzer – der war ihm immer noch wichtig, ungeachtet früheren Leugnens, und das wußte Arnie – qualifizieren, und dann könnte er der Person, die seine Informationen an Ed Kealty weitergeleitet hatte, sagen, sie sollte besser die Post verlassen, bevor er sie festnagelte und seine oder ihre Karriere ruinierte, indem er an geeigneter Stelle ein paar Worte fallenließ und mehr als ein paar Projekte zuwies, die zu nichts führten. Arnie war durch seine Pflicht, den Präsidenten zu schützen, gefangen, und der einzige Weg dahin war der, gegen das Gesetz zu handeln und das Vertrauen seines Präsidenten zu mißbrauchen. Es müßte einen einfacheren Weg geben, dachte der Stabschef, um leben zu können. Er hätte Holtzman auf seine Entscheidung warten lassen können, aber das wäre bloß Spiegelfechterei gewesen, und beide Männer waren darüber hinaus.
    »Keine Notizen, Tonbandgerät.«
    »Inoffiziell. ›Höherer Beamten‹, nicht einmal ›Höherer Regierungsbeamter‹«, willigte Bob ein.
    »Dann kann ich dir sagen, wo du es bestätigt bekommst.«
    »Die wissen das alle?«
    »Mehr noch, als ich weiß«, sagte van Damm. »Verdammt, ich hab' das Wichtigste eben erst erfahren.«
    Eine hochgezogene Augenbraue. »Das ist fein, und für die gelten die gleichen Regeln. Wer kennt sich da wirklich aus?«
    »Selbst der Präsident weiß nicht alles. Ich bin nicht sicher, ob irgendwer alles weiß.«
    Holtzman nahm einen weiteren Schluck. Das sollte sein letzter sein.
    Wie ein Arzt im Operationssaal hielt er nichts davon, Alkohol und Arbeit zu vermischen.
    *
    Flug 534 setzte um 2.55 Uhr Ortszeit in Istanbul nach einer Strecke von 1270 Meilen und drei Stunden, fünfzehn Minuten auf. Die Passagiere waren noch benommen, vor dreißig Minuten vom Bordpersonal geweckt, das ihnen in einer Reihe von Sprachen gesagt hatte, sie sollten ihre Sitze wieder in aufrechte Position bringen. Die Landung war glatt, manche

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