Befehl von oben
noch im Bett lag. Einsatzoffiziere gaben weitere Anordnungen durch, zuallererst an das 89. Military Airlift Wing am Luftwaffen-Stützpunkt Andrews.
SecState klammheimlich aus der Stadt zu bringen war nie eine der leichtesten Übungen. Den Leuten fielen leere Büros dieser Größenordnung auf, und so wurde ein einfacher Vorwand erfunden. Adler sollte mit den europäischen Verbündeten verschiedene Punkte besprechen.
Die Franzosen hatten ihre Medien weitaus besser im Griff, eine Aufgabe, die hauptsächlich auf Timing beruhte.
»Yeah?« sagte Clark, der im Marriott, das Langley am nächsten lag, den Hörer abhob.
»Es geht heute los«, sagte die Stimme.
Ein Blinzeln. Ein Kopfschütteln. »Super. Okay, ich hab' gepackt.«
Dann drehte er sich für noch eine Runde Schlaf auf die andere Seite.
Zumindest brauchte er hier keine besondere Einweisung mehr. Behalte Adler im Auge, mach eine Spaziergang und kehr wieder zurück. Wegen der Sicherheit gab's keine ernsten Bedenken. Wenn die Iraner – die UIRer war ein unmöglicher Ausdruck – etwas unternehmen wollten, wären zwei Männer mit Pistolen auch nicht in der Lage, dagegen einzuschreiten. Sie könnten nur ihre Waffen unbenutzt aushändigen, und entweder würden Polizei oder die Sicherheitskräfte Irans den feindlichen Pöbel fernhalten. Er sollte dort nur der Form halber hin, weil es so zu geschehen hatte, aus irgendeinem Grund.
»Geh'n wir?« fragte Chavez vom anderen Bett.
»Jo, Bueno.«
*
Daryaei blickte auf seine Schreibtischuhr, zog acht, neun, zehn, elf Stunden ab und fragte sich, ob etwas schiefgelaufen war. Hintergedanken waren für Leute in seiner Position Gift. Er mußte Entscheidungen fällen und handeln, und erst dann kamen die ernsten Sorgen, trotz all der Planung und Ideen, die da hineingeflossen waren. Es gab keinen Königsweg zum Erfolg. Risiken mußten eingegangen werden, was diejenigen nie in Erwägung zogen, die sich Staatsoberhauptwürden nur dachten.
Nein, es war nichts schiefgelaufen. Er hatte den französischen Botschafter empfangen, ein sehr netter Giaur. Und ein eleganter Mann, stets höflich und ehrerbietig. Er hatte die ihm aufgetragene Bitte wie ein Mann vorgebracht, der eine Hochzeit zwecks Familienallianz arrangiert, und mit seinem hoffnungsvollen Lächeln auch die Wünsche seiner Regierung übermittelt. Die Amerikaner hätten die Bitte nicht geäußert, wenn sie vor Badrayns Leuten und ihrem Auftrag im voraus gewarnt worden wären. Nein, in einem solchen Fall hätte die Begegnung auf neutralem Boden stattgefunden – die Schweiz war immer dafür gut – zu einem informellen, aber direkten Kontakt. Im vorliegenden Fall würden sie ihren Außenminister in ein ihrer Einschätzung nach feindliches Land schicken – noch dazu einen Juden! Freundschaftlicher Kontakt, freundschaftlicher Meinungsaustausch, freundschaftliche Angebote freundschaftlicher Beziehungen, hatte der Franzose gesagt und das Treffen hochgespielt, zweifellos in der Hoffnung, daß Frankreich, wenn alles gutging, als das Land in Erinnerung blieb, das eine neue Freundschaft – nun, vielleicht eine »Arbeitsbeziehung« – gefördert hatte, und wenn das Treffen fehlschlug, bliebe nur in Erinnerung, daß Frankreich versucht hatte, ein ehrlicher Vermittler zu sein.
Die verfluchten Franzosen, dachte er. Hätte ihr Ritterhauptmann Karl Martel 732 in Poitiers nicht Abdel Rahman aufgehalten, dann wäre die ganze Welt … aber selbst Allah konnte die Geschichte nicht ändern.
Rahman hatte die Schlacht verloren, weil seine Männer gierig geworden, vom Glauben abgefallen waren. Beim Anblick der Reichtümer des Westens hatten sie das Kämpfen vergessen und geplündert, was Martels Mannen die Gelegenheit bot, sich neu zu formieren und den Gegenangriff zu starten. Ja, das war eine denkwürdige Lektion. Erst mußte die Schlacht gewonnen werden. Zerstöre erst die gegnerischen Kräfte, dann nimm dir, was du haben willst.
Er ging von seinem Büro ins nächste Zimmer. Dort hing an der Wand eine Karte seines neuen Staates und der Nachbarn, dazu ein bequemer Sessel, um sie zu betrachten. Landkarten anzusehen führte so leicht in die Irre. Entfernungen waren verkürzt. Alles schien so nahe, nach all der verlorenen Zeit in seinem Leben um so mehr. Zum Greifen nahe.
Wegfliegen war leichter als Ankommen. Wie die meisten westlichen Länder war Amerika besorgter darum, was Menschen mitbrachten, als was sie mitnahmen – war ja auch recht so, dachte der erste Kurier, als sein Paß
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