Befehl von oben
fügte Ryan hinzu. Er lehnte sich am billigen Schreibtisch im Funkraum nach vorn. »Zufälle?«
»Vielleicht. Vielleicht hat die indische Premierministerin einen Haß auf uns, weil wir an ihrem Käfig gerüttelt haben. Vielleicht will sie uns nur zeigen, daß wir sie nicht rumschubsen dürfen. Vielleicht ist es kleinliche Scheiße, Mr. President. Aber vielleicht auch nicht.«
»Optionen?«
»Wir haben im östlichen Mittelmeer einen Oberflächenverband, zwei Aegis-Kreuzer, einen Burke-Zerstörer und drei Fregatten. Im Mittelmeer ist's still. Ich schlage vor, daß wir die Gruppe durch den Suez bewegen, um die Gruppe Anzio zu unterstützen. Außerdem empfehle ich die Bewegung eines Trägers vom WestLant zum Mittelmeer. Das sind 6000 Meilen; auch bei 25 Knoten sind das fast neun Tage. Wir haben fast ein Drittel der Welt, in dem wir keinen zur Hand haben, und der ungeschirmte Teil fängt an, mir Sorgen zu machen. Falls wir etwas anstellen müssen, Jack, weiß ich nicht, ob wir's können.«
*
»Guten Tag, Schwester«, sagte Clark, der ihre Hand zärtlich nahm. Seit einigen Jahren hatte er keine Nonne gesehen.
»Willkommen, Colonel Clark. Major.« Sie nickte Chavez auch zu.
»Schönen Tag, Ma'am.«
»Was bringt Sie zu unseren Spital?« Schwester Mary Charles' Englisch war ausgezeichnet, fast als ob sie's unterrichtete, mit einem belgischen Akzent, der den beiden Amerikanern eindeutig französisch klang.
»Schwester, wir sind hier, um Sie über den Tod einer Kollegin zu befragen: Schwester Jean Baptiste«, sagte ihr Clark.
»Ach so.« Sie wies auf die Stühle. »Setzen Sie sich bitte.«
»Danke, Schwester«, sagte Clark höflich.
»Ich habe von der Krankheit gehört, die in Ihrem Land ausgebrochen ist. Das ist sehr traurig. Und so sind Sie hier, um sich über den armen Benedikt Mkusa, Schwester Jean und Schwester Maria Magdalena zu erkundigen. Doch ich fürchte, wir können Ihnen nicht sehr gut helfen.«
»Warum das, Schwester?«
»Benedikt starb, und seine Leiche wurde verbrannt nach Regierungsbefehl«, erklärte Schwester Mary Charles. »Jean wurde krank, ja, und flog ab nach Paris zur medizinischen Evakuierung, wissen Sie, zum Pasteur-Institut. Das Flugzeug stürzte jedoch ab, und alle waren verloren.«
»Alle?« fragte Clark.
»Schwester Maria Magdalena flog mit und Doktor Moudi, natürlich.«
»Wer war das?« fragte Clark als nächstes.
»Er war bei der Mission von World Health Organization zu dieser Region. Seine Kollegen sind im nächsten Gebäude.« Sie zeigte hin.
»Moudi, sagten Sie, Ma'am?« fragte Chavez beim Notieren.
»Ja.« Sie buchstabierte für ihn. »Mohammed Moudi. Ein guter«, fügte sie hinzu. »Es war sehr traurig, sie alle verlieren.«
»Mohammed Moudi, sagten Sie. Wissen Sie, von woher?« Wieder fragte Chavez.
»Iran – nein, das ist jetzt anders, nicht? Er war in Europa gebildet, ein guter junger Arzt, und sehr viel Achtung für uns.«
»Ja, so.« Clark räusperte sich. »Können wir mit seinen Kollegen reden?«
*
»Ich glaube, der Präsident ist viel zu weit gegangen«, sagte der Arzt im Fernseher. Er mußte in der lokalen Sendeanstalt interviewt werden, da er heute nicht von Connecticut nach New York fahren konnte.
»Warum das, Bob?« fragte der Gastgeber. Er war von New Jersey zum Studio neben Central Park West in New York gekommen, kurz bevor die Brücken und Tunnel geschlossen wurden, und schlief jetzt in seinem Büro. Verständlicherweise war er darüber nicht besonders glücklich.
»Ebola ist ein ganz übler. Da gibt's keinen Zweifel«, sagte der Medizin-Korrespondent der Senderkette. Er war Arzt ohne Praxis, kannte aber die Sprache recht gut. »Aber es ist nie hiergewesen, weil dieses Virus hier nicht überleben kann. Dennoch haben diese Menschen sich ihn zugezogen – im Moment möchte ich dazu Spekulationen außen vor lassen –, und er kann sich nicht weit verbreiten. Ich fürchte, die Aktionen des Präsidenten sind voreilig.«
»Und verfassungswidrig«, ergänzte der Rechtsexperte. »Da gibt es keinen Zweifel. Der Präsident ist in Panik geraten und tut damit dem Land weder in medizinischer noch in rechtlicher Hinsicht Gutes.«
»Verbindlichsten Dank, Jungs«, sagte Ryan und schaltete das Gerät ab.
»Daran müssen wir arbeiten«, meinte Arnie.
»Wie?«
»Schlechte Information bekämpft man mit guter Information.«
»Super, Arnie, bloß hieße der Beweis, daß ich recht habe, daß Leute sterben müßten.«
»Wir haben eine Panik zu verhindern, Mr.
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