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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Schocktrauma-Zentrum von Baltimore gelegen hatten, zwischen Leben und Tod schwebend, und das war auch keine verdammte Abstraktion gewesen. Da lag das Problem. Das war es, warum man seine Familie attackiert hatte. Das war es, weshalb all diese Leute hier hatten sterben müssen – weil irgend so ein irregeleiteter Fanatiker sie nur als Abstraktionen betrachtete, nicht als Menschen mit Leben, Hoffnungen und Träumen – und Kindern. Jacks Aufgabe war es, eine Nation zu beschützen. Er hatte geschworen, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu erhalten, zu schützen und zu verteidigen, und das wollte er nach besten Kräften tun. Doch die Absicht der Verfassung war recht einfach – den Segen der Freiheit für das Volk zu sichern, und dazu gehörten die Kinder. Der Staat, dem er diente, und die Regierung, die er zu leiten versuchte, waren nicht mehr und nicht weniger als Instrumente zum Schutz einzelner Menschen. Die Pflicht war keine Abstraktion. Die Realität dieser Pflicht saß zehn Fuß zu seiner Linken, mühten sich nach besten Kräften, die Tränen zurückzuhalten, während Mike O'Leary zu einem Land sprach statt zu einer Familie. Das Theater hatte lang genug gedauert. Es wurde gesungen, und dann war Ryan an der Reihe, sich zu erheben und auf die Kanzel zu gehen.
    Secret-Service-Agenten drehten sich um und nahmen wieder das ganze Kirchenschiff in Augenschein, denn jetzt war SWORDSMAN ein ideales Ziel. Beim Pult angekommen, sah er, daß Kardinal O'Leary getan hatte, wie ihm aufgetragen worden war, und den präsidialen Ordner hergelegt hatte. Nein, entschied Jack. Nein. Mit den Händen ergriff er die Seitenränder des Pultes, um sich Halt zu geben. Seine Blicke ließ er kurz über alle Versammelten schweifen und schaute dann zu den Kindern von Roger und Anne Durling hinab. Der Schmerz in ihren Augen brach ihm das Herz. Sie hatten die Last getragen, die ihnen eine Pflicht auferlegt hatte, die sie niemals hätten haben sollen. Von irgendwelchen namenlosen »Freunden« war ihnen eingeredet worden, tapferer zu sein, als es in einer solchen Situation je von einem Marine verlangt worden wäre, wohl mit der Begründung, daß »Mom und Dad es so gewollt hätten«. Doch Schmerz in stiller Ergebenheit zu ertragen gehörte nicht zu den Pflichten von Kindern. Das wurde von Erwachsenen erwartet, so gut sie es konnten. Genug, sagte sich Jack, meine Pflicht beginnt hier.
    Die erste Pflicht der Starken war es stets, die Schwachen zu schützen.
    Er preßte die Hände fest auf die polierte Eiche, und der selbstzugefügte Schmerz half, seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen.
    »Mark, Amy, euer Vater war mein Freund«, sagte er mit sanfter Stimme. »Es war mir eine Ehre, für ihn zu arbeiten und ihm zu helfen, so gut ich konnte – aber, wißt ihr, er war wohl viel mehr eine Hilfe für mich. Ich weiß, ihr habt immer verstehen müssen, daß Dad und Mom wichtige Aufgaben hatten und daß ihnen nicht immer Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Leben blieb, aber ich kann euch sagen, daß euer Vater alles getan hat, was er konnte, um mit euch zusammenzusein, denn er liebte euch mehr als alles andere in der Welt, mehr, als Präsident zu sein, mehr als alles – außer vielleicht eure Mom. Auch sie hat er sehr geliebt …«
    So ein Unrat! Ja, man kümmerte sich um Kinder. Daryaei tat das auch, aber Kinder wuchsen heran zu Erwachsenen, unaufhaltsam. Ihre Aufgabe war es zu lernen und zu dienen und eines Tages die Aufgaben Erwachsener zu übernehmen. Bis dahin waren sie Kinder; die Welt sagte ihnen, was sein mußte. Das Schicksal. Allah. Allah war gnädig, selbst wenn das Leben hart war. Er mußte zugeben, daß der Jude gut gesprochen und die Schrift zitiert hatte, wo sie in ihrer Thora und in seinem Heiligen Koran völlig übereinstimmte. Zwar hätte er eine andere Stelle ausgewählt, aber das war eine Frage des Geschmacks. Eine unnütze Übung war es gewesen, aber das hatten diese Anlässe so an sich. Ryan, dieser Narr, vergab hier die Chance, sein Volk zu versammeln, stark und sicher aufzutreten und so seine Regierung zu festigen. Bei solcher Gelegenheit zu Kindern zu sprechen!
    Seine politischen Berater erlitten wohl einen kollektiven Herzschlag, sagte sich die Premierministerin, und es bedurfte aller Selbstbeherrschung, die sie in ihrem politischen Leben antrainiert hatte, um ihre Miene gelassen zu halten. Da beschloß sie, ihren Ausdruck zu ändern und Mitgefühl zu zeigen. Schließlich könnte es sein, daß er sie beobachtete,

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