Befehl von oben
habe ein Wohngebäude verteidigt – das Haus, das die Wissenschaftler und ihre Familien bewohnten. Ich hatte einen Zug KGB-Grenztruppen. Die Mudschi haben uns in Kompaniestärke angegriffen, im Schutz der Nacht und eines Schneesturms. Es ging ganz schön hoch her, ungefähr eine Stunde lang«, gab Gennadi zu.
Diggs hatte einige der Narben gesehen – er hatte seinen Besucher am Tag zuvor unter der Dusche überrascht. »Wie gut sind sie gewesen?«
»Die Afghanen?« brummte Bondarenko. »Sie würden sich nicht wünschen, von ihnen gefangengenommen zu werden. Sie waren absolut furchtlos, aber manchmal war das auch ihr Schaden. Man konnte genau erkennen, welcher Trupp kompetent geführt war und welcher nicht. Der damals war es. Die andere Hälfte der Einrichtung haben sie ausradiert, und auf meiner Seite« – er zuckte die Achseln – »wir haben mächtiges Glück gehabt. Am Ende kämpften wir im Erdgeschoß des Gebäudes. Der gegnerische Kommandeur führte seine Leute tapfer – aber ich erwies mich als der bessere Schütze.«
»Held der Sowjetunion«, bemerkte Diggs und kontrollierte noch mal seine Burger. Colonel Hamm hörte schweigend zu. So, auf diese Art, maßen Leute ihres Schlags einander, nicht so sehr mit dem, was sie vollbracht hatten, als vielmehr damit, wie sie die Geschichte erzählten.
Der Russe lächelte. »Marion, ich hatte keine Wahl. Es gab keine Möglichkeit wegzulaufen, und ich wußte, was sie mit gefangenen russischen Offizieren machten. Also bekomme ich Beförderung und Orden, und dann ist mein Land – wie sagt man? Verdampfen?« Während des Putsches war Bondarenko in Moskau gewesen und hatte, zum erstenmal in seinem Leben beruflich vor eine moralische Entscheidung gestellt, die richtige getroffen und damit die Aufmerksamkeit verschiedener Leute erlangt, die jetzt einflußreiche Posten in der Regierung des neuen, etwas kleineren Landes bekleideten.
»Wie war's mit: Ein Land wurde neu geboren?« schlug Colonel Hamm vor. »Mit: Wir können jetzt Freunde sein?«
»Da. Sie sprechen gut, Colonel. Und Sie kommandieren gut.«
»Danke, Sir. Meistenteils lehne ich mich zurück und überlasse das Regiment sich selbst.« Das war eine Lüge, die jeder gute Offizier aber als eine besondere Art von Wahrheit begriff.
»Und bedienen sich sow… russischer Taktik!« Das kam dem russischen General so unglaublich vor.
»Es funktioniert doch, oder?« Hamm trank sein Bier aus.
Das würde es, gelobte sich Bondarenko. Für seine Armee würde es funktionieren, wie es für die Amerikaner funktioniert hat, sobald er nach der Heimkehr die nötige politische Unterstützung erworben hätte, um die russische Armee in etwas umzubauen, das sie noch nie gewesen ist. Selbst zu ihrer Glanzzeit, als sie die Deutschen nach Berlin zurücktrieb, war die Rote Armee ein schwerfälliges, stumpfes Instrument gewesen, das sich vor allem auf die Schockwirkung seiner Masse verließ.
Er wußte auch, welche Rolle das Glück damals gespielt hatte. Sein ehemaliges Land hatte den besten Panzer der Welt in den Kampf geschickt, den T-34, mit einem in Frankreich für Luftschiffe entwickelten Dieselmotor gesegnet und dem von einem Amerikaner namens J. Walter Christie entwickelten Aufhängungssystem und einer Handvoll hervorragender Neuentwicklungen russischer Ingenieure. Das war eins der wenigen Beispiele in der Geschichte der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, in der seine Landsleute es fertiggebracht hatten, ein Weltklasseprodukt – und in diesem Fall war es das richtige zur richtigen Zeit – zu erzeugen, ohne das sein Land sicher untergegangen wäre. Doch die Zeit, auf Glück und Masse zu zählen, war für sein Land vorbei.
Anfang der 80er hatten die Amerikaner die richtige Formel gefunden: eine kleine Berufsarmee, sorgfältig ausgewählt, hervorragend ausgebildet und großzügig ausgerüstet. Colonel Hamms OpFor, diese 11. Kavallerie, so was hatte er noch nie gesehen. Im richtigen Terrain konnte dieses eine Regiment es mit einer ganzen Division aufnehmen und sie innerhalb von Stunden vernichten. Streitmacht Blau war wohl kaum inkompetent, aber ihr Kommandeur hatte die Einladung zur Grillparty ausgeschlagen, um den Tag zur Arbeit mit seinen Unterbefehlshabern zu nutzen, so schlimm waren sie zugerichtet worden.
So viel war hier zu lernen, das interessanteste aber war zu sehen, wie die Amerikaner ihre Lektionen aufnahmen. Regelmäßig wurden hohe Offiziere beschämt, erst während der Scheingefechte, dann in den
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