Befehl von oben
mit dem Virus, und sie war schon schlimm genug gewesen.
Die Eltern trugen es mit Fassung. Daß es so kommen würde, hatten sie schon einen ganzen Tag gewußt, lange genug, um sich darauf einzustellen. Sie würden nach Hause gehen und beten, wie es sich gehörte.
Benedikt Mkusas Leiche würde verbrannt werden und das Virus mit ihr. Das Telex aus Atlanta war diesbezüglich unmißverständlich. Leider.
*
Ryan machte ein paar Fingerübungen, als das Händeschütteln zu Ende war. Er wandte sich seiner Frau zu, die sich die Hand massierte und tief Luft holte. »Möchtest du etwas?« fragte Jack.
»Etwas ohne. Zwei Eingriffe morgen vormittag.« Und sie hatten noch keine praktischere Lösung gefunden, Cathy zur Arbeit zu bringen.
»Wieviel von so was kommt noch auf uns zu?« fragte sie.
»Ich weiß nicht«, gestand der Präsident, obwohl er wußte, daß Termine schon Monate im voraus abgestimmt wurden und daß am Großteil des schon festgelegten Programms festgehalten würde, seinen Wünschen zum Trotz. Mit jedem Tag verwunderte es ihn mehr, daß es Leute gab, die sich nach diesem Job sehnten – es gab so viele Pflichten am Rande, daß der Job selbst kaum erfüllt werden konnte. Doch im Grunde waren es auch diese amtsfremden Pflichten, die den Job ausmachten.
Dann kam ein Bediensteter mit alkoholfreien Getränken für den Präsidenten und die First Lady. Die Papierservietten waren geprägt mit einer Abbildung des White House, darunter stand THE PRESIDENT'S HOUSE.
Ehemann und Frau bemerkten das im gleichen Augenblick, dann trafen sich ihre Blicke.
»Weißt du noch, wie wir das erstemal mit Sally in Disney World waren?« fragte Cathy.
Jack wußte, was seine Frau meinte. Kurz nach dem dritten Geburtstag ihrer Tochter, nicht lange vor ihrem Flug nach England … und dem Beginn einer Reise, die, wie es schien, niemals enden würde. Sally hatte sich aufs Schloß im Zentrum des Magie Kingdom fixiert und schaute immerzu dorthin, egal, wo sie gerade waren. Sie hatte es Mickeys Haus genannt. Nun, jetzt hatten sie ihr eigenes Schloß. Für eine Weile jedenfalls. Aber die Miete dafür war recht hoch. Cathy ging zu Robby und Sissy Jackson hinüber, die sich mit dem Prinzen von Wales unterhielten.
Jack fand seinen Stabschef.
»Wie geht's der Hand?« erkundigte sich Arnie.
»Keine Beschwerden.«
»Sie können froh sein, daß es kein Wahlkampf ist. Viele Leute denken, beim freundlichen Händedruck müssen Knöchel knacken – so von Mann zu Mann und so. Wenigstens wissen es die hier besser.« Van Damm nippte an seinem Perrier und musterte den Raum. Der Empfang lief gut. Viele Staatschefs, Botschafter und andere machten freundliche Konversation. Hin und wieder wurde gar diskret gelacht, über kleine Scherze und Komplimente. Die Stimmung des Tages hatte sich gewandelt.
»So, wie viele Prüfungen habe ich bestanden und wie viele nicht?« fragte Ryan leise.
»Ehrliche Antwort? Nicht zu sagen. Da hat jeder was anderes gesucht. Immer dran denken.« Und einige von ihnen scherten sich tatsächlich einen Dreck darum, waren aus eigenen politischen Zwecken gekommen, aber selbst unter diesen Umständen war es unhöflich, das zu sagen.
»Das hab' ich mir schon selber so gedacht, Arnie. Jetzt mach' ich mal 'n bißchen die Runde, okay?«
»Indien treffen«, riet van Damm. »Adler hält es für wichtig.«
»Roger.« Wenigstens erinnerte er sich noch, wie sie aussah. So viele Gesichter aus der Schlange waren für ihn gleich wieder verschwommen, wie das auf zu großen Partys immer passierte. Politiker hätten ein fotografisches Gedächtnis für Namen und Gesichter, hieß es. Er jedenfalls nicht, und er fragte sich, ob es dafür nicht eine spezielle Trainingsmethode gäbe. Jack gab sein Glas einem Bedienstete, wischte sich die Hände mit einer der besonderen Servietten und machte sich auf den Weg, Indien zu treffen. Rußland hielt ihn auf.
»Herr Botschafter«, sagte Jack. Waleri Bogdanowitsch Lermonsow war zwar auch in der Reihe gewesen, doch die Zeit reichte nicht für das, was er hatte sagen wollen. Sie schüttelten sich noch einmal die Hände.
Lermonsow war Karrierediplomat und bei seinesgleichen beliebt. Es hieß, daß er jahrelang für den KGB gearbeitet hatte, doch das war kaum etwas, das ihm gerade Ryan vorzuwerfen hatte.
»Meine Regierung läßt anfragen, ob eine Einladung nach Moskau erwogen werden könnte.«
»Ich hätte nichts dagegen«, sagte der Präsident, »aber wir waren doch erst vor ein paar Monaten da, und meine
Weitere Kostenlose Bücher