Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
fast hysterisch, und mein Herz begann wie wild zu hämmern. »Wie konnte das passieren? Wie geht es dir? Hat er dir Gewalt angetan?«, bombardierte ich Petra mit Fragen.
»Ich kann jetzt nicht sprechen. Kerim ist nur kurz auf der Toilette, und wenn er mitbekommt, dass ich telefoniere, dann schlägt er mich tot. Bitte komm und hol mich hier raus«, hauchte sie noch, bevor ich ein Knacken hörte und das Gespräch abbrach.
Meine Gedanken überschlugen sich und ich machte mir sofort bittere Vorwürfe, dass ich nach Kerims Auftauchen bei Petra nicht die Polizei informiert hatte. Ich hatte bewusst darauf verzichtet, da ich die Situation nicht noch verschärfen wollte und die Hoffnung hatte, dass nichts weiter passieren würde. Außerdem hätten die Beamten sowieso nur eine Anzeige aufnehmen können. Wegen eines verwüsteten Wohnzimmers und ein paar Ohrfeigen kam in Deutschland niemand in Haft.
Dies war auch der Grund, warum ich mir selbst bezüglich Mahmud noch keine Hilfe von der Polizei geholt hatte. Ich hatte ja gesehen, wie wenig die Beamten für mich tun konnten, als ich noch mit Mahmud zusammen und ständig seiner Gewalt ausgesetzt gewesen war.
Den Polizisten waren die Hände gebunden, obwohl sie mir damals gern geholfen hätten.
Daran gab es für mich keinen Zweifel.
Im Moment hatte ich aber ganz andere Sorgen. Wie bekam ich Petra so schnell wie möglich aus den Fängen von Kerim? Diesmal würde ich nicht alleine dorthin fahren. So viel stand fest. Nur wen könnte ich fragen, ob er mich in diese unsichere Höhle begleiten würde?
Auf keinen Fall wollte ich Dritte in Gefahr bringen. Es war einfach zum Verrücktwerden. Ich grübelte, aber mir wollte partout niemand einfallen. Der Einzige, den ich fragen könnte, wäre Ralf, mein Bruder. Der befand sich aber um diese Uhrzeit auf seiner Arbeit und konnte unmöglich alles stehen und liegen lassen, um mir in dieser Situation beizustehen.
Am Ende würde mir wohl doch nichts anderes übrig bleiben, als mich alleine auf den Weg zu machen.
Ich hatte gerade ein Messer und Tränengas in meiner Handtasche verstaut – ohne dieses Spray war ich seit der Trennung von Mahmud grundsätzlich nicht mehr unterwegs –, als mein Telefon erneut klingelte und diesmal tatsächlich Kerim dran war. Schon der unangenehme Ton seiner Stimme sorgte dafür, dass sich mir der Magen krampfhaft zusammenzog.
»Du brauchst gar nicht auf die Idee zu kommen, hierherzufahren und deine Freundin abholen zu wollen«, zischte er mich an. »Ich wollte nur eine Unterschrift von ihr. Die hab ich jetzt und nun bring ich Petra zurück«, setzte er hinterher, bevor er grußlos das Gespräch beendete und mich vollends verwirrt am Apparat zurückließ.
Ein weiteres Mal an diesem Morgen ließ ich mich kraftlos auf den alten Stuhl neben dem Telefon sinken.
Konnte ich darauf vertrauen, das stimmte, was Kerim mir gerade gesagt hatte, oder hatte er das Telefongespräch zwischen Petra und mir doch mitbekommen und wollte nur Zeit schinden, um Petra in aller Ruhe schlimme Dinge anzutun oder sie gar an einen anderen Ort zu bringen?
Aber dann hätte er doch gleich angerufen und nicht erst gut fünfzehn Minuten später … Fragen über Fragen, auf die ich keine Antworten fand. Da ich aber auf keinen Fall umsonst den weiten Weg zu Petras alter Wohnung machen wollte, verwarf ich erst mal die Idee, dorthin zu fahren. Jetzt musste ich mir allerdings überlegen, wie ich weiter vorgehen wollte. Sollte ich hier bei mir zu Hause auf Petras Anruf warten oder doch lieber zu ihrer Wohnung fahren und dort im Auto ihre Ankunft erwarten? Ich entschied mich schließlich für die erste Variante, was sich im Nachhinein auch als richtig herausstellte.
Ungefähr drei Stunden später klingelte es an meiner Haustür und eine total verheulte Petra und ein ziemlich betrunkener Kerim standen davor. Obwohl es mich große Überwindung kostete, ließ ich sie beide herein, da ich fürchtete, dass Kerim sich sonst mit Gewalt Einlass verschaffen würde.
Er faselte eine Weile wirres Zeug, auf das ich allerdings nicht achtete. Meine ganze Aufmerksamkeit galt Petra, die sich in einem katastrophalen Zustand befand. Man musste gar nicht genau hinschauen, um zu erkennen, dass Kerim sie geschlagen hatte. Sie bat mich um eine Kopfschmerztablette, die ich ihr zusammen mit einem Glas Wasser reichte.
Kerim verlangte nach einem alkoholischen Getränk. Als ich ihm dies verweigerte, verabschiedete er sich erstaunlich schnell. Um auch sicherzugehen,
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