Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
spuckte mir vor die Füße. »Geh mir aus den Augen, du Hure«, giftete er mich an, bevor er ein weiteres Mal spuckte. Diesmal mir ins Gesicht. Ich ertrug das stoisch, denn ich hatte einen großen Sieg errungen. Niemals hätte ich zu träumen gewagt, dass ich einmal den Mut aufbringen würde, mich gegen ihn zu stellen. Nun hatte ich es getan und ihn damit aus der Fassung gebracht. Was konnte mir da also das bisschen Spucke anhaben?
Mahmud war in der Zwischenzeit in sein Auto gestiegen und mit quietschenden Reifen davongefahren. Ich stopfte meine Hände in die Hosentaschen und schaute ihm innerlich triumphierend hinterher.
8. Kapitel
Alles auf Anfang
S eit diesem für mich so bedeutungsvollen Tag waren inzwischen mehr als 14 Jahre vergangen. Im Großen und Ganzen hatte ich dann lange meine Ruhe vor Mahmud. Mahmud unternahm noch vereinzelt Versuche, mich einzuschüchtern, aber als er begriff, dass ihm das nicht mehr gelang, gab er auf.
Das letzte Mal hörte ich 2006 von ihm, da hatte er wieder einmal meine Telefonnummer herausbekommen. Er erklärte mir ein letztes Mal, dass er mich eines Tages heiraten würde. Ich lächelte und legte einfach auf.
Allerdings gab es einen Cousin von Mahmud, zu dem ich nach wie vor losen Kontakt pflegte. Von Zeit zu Zeit trafen wir uns auf einen Kaffee. Bülent war der Einzige in dieser Familie, der sich zumindest teilweise aus den frauenverachtenden Strukturen gelöst hatte und von dem ich besten Gewissens behaupten konnte, dass er sich, seine Frau und die Kinder wirklich hier in Deutschland integriert hatte. Bülent war Inhaber eines florierenden Geschäfts und die Selbstständigkeit seiner Frau wie die Bildung seiner Kinder waren ihm sehr wichtig.
Seine Frau Lale war zum Beispiel das erste weibliche Wesen in der Großfamilie, das den Führerschein machen durfte. Auch dass seine Tochter einen guten Schulabschluss erzielte und einen Beruf erlernte, hatte für ihn oberste Priorität.
Mir gegenüber hatte sich Bülent immer fair verhalten, und hätte er damals gewusst, wie miserabel es mir in der Partnerschaft mit seinem Cousin erging, hätte er mir vielleicht sogar geholfen. Da er sich aber schon immer etwas fern von der Familie gehalten hatte, ergab sich nie die Gelegenheit für ein vertrauliches Gespräch.
Natürlich erfuhr ich bei den späteren Treffen mit Bülent auch immer den neuesten Klatsch aus der Familie und so erzählte er mir eines Tages, dass Aysegül ebenfalls geflüchtet sei.
Er war darüber verärgert, denn sie war seine Schwester und er hätte erwartet, dass sie sich ihm anvertraute.
Wie groß seine Enttäuschung war, konnte ich unter anderem an der von ihm berichteten Episode erkennen, dass sie ihn wohl in größter finanzieller Not angerufen und um etwas Geld gebeten hatte. Doch Bülents knappe Antwort hatte gelautet: »Du hast mich nicht gefragt, als du abgehauen bist, jetzt musst du mich auch nicht nach Geld fragen.« Damit war das Thema für ihn beendet.
Auch ich steckte einmal in einer Situation, in der ich dringend Geld brauchte. Meine Ehe mit Jochen war mittlerweile aus mehreren Gründen gescheitert und ich brauchte ein neues Auto, um zu meiner Arbeitsstelle zu kommen. Ein Anruf damals bei Bülent genügte und bereits zwei Stunden später händigte er mir fünfhundert Euro aus.
Natürlich interessierte es mich, wo Aysegül sich nun aufhielt. Wir hatten ein enges Verhältnis zueinander gehabt und den blöden Diebstahl hatte ich ihr längst verziehen.
Bülent konnte mir aber leider keine Auskunft darüber geben, da er es selbst nicht wusste. Sie hatte in ihrer Ehe noch eine Tochter bekommen und war plötzlich und ohne Vorwarnung mit ihren Kindern untergetaucht. Ich war zu diesem Zeitpunkt mit meinem Leben glücklich und zufrieden, obwohl ich auch mit manchen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte.
Nachdem ich eine Weile ohne einen Partner gelebt hatte, lernte ich meinen heutigen Lebensgefährten kennen. Er ist von allem, was ich bisher gekannt habe, das komplette Gegenteil.
Rüdiger ruht in sich selbst, ist absolut verlässlich und strahlt eine Souveränität aus, die mir auch in Zeiten, in denen es mir nicht so gut ging, die Ruhe und Kraft gab, die ich so sehr brauchte. Denn die Zeit mit Mahmud und die Ängste, die ich in dieser Beziehung oft ausstehen musste, hatten ihre Spuren hinterlassen. Lange Zeit litt ich unter Panikattacken, die mich plötzlich und ohne Vorwarnung überfielen. Im Verlauf so einer Attacke hatte ich stets das Gefühl, sterben zu
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