Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
gemacht. Ich habe ja lange Zeit fest damit gerechnet, dass Mahmud sich für mein Buch rächen würde, und teilweise tue ich es noch heute.
Mittlerweile verzichtete ich auch weitgehend auf den Personenschutz. Nur wenn ich mich wirklich nicht sicher fühlte oder einen öffentlichen Auftritt hatte, ließ ich mich von Andreas oder einem seiner Mitarbeiter begleiten.
Es ist keinesfalls so, dass ich die Gefahr liebe oder gar suche, aber das Gefühl, einer Frau, oftmals auch mit ihren Kindern, aus einer langen Leidensgeschichte heraushelfen zu können, ist einfach unbeschreiblich. Vielleicht bekamen meine erlebten Qualen dadurch erst einen Sinn. Ich wusste genau, wie es sich anfühlt, geschlagen und gedemütigt zu werden. Ich wusste, wie sehr die Angst vor dem Peiniger einen lähmen kann. Ich habe es zwar verdrängt, aber ich würde es niemals vergessen, wie es sich anfühlt, wenn man ständig gesagt bekommt, dass man nichts wert ist. Ich kann mich auch noch gut erinnern an die unsägliche Scham vor den Nachbarn, die meine Schreie hörten, aber der Meinung waren, dass eine erwachsene Frau, die sich schlagen lässt, ja selbst schuld daran sei. Sie könne ja ansonsten gehen beziehungsweise sich trennen.
Diese Erfahrungen waren mein Motor, der mich immer wieder antrieb, auch wenn ich mich manchmal nach der Ruhe und Anonymität vor der Buchveröffentlichung sehnte.
Meine Hilfsaktionen zeigten mir auch immer wieder, wie schmal der Grat zwischen Leben und Tod doch sein kann. Da war zum Beispiel eine Frau aus Berlin, die sich völlig verzweifelt an mich gewandt hatte. Sie hatte sich vor ein paar Monaten von ihrem gewalttätigen Mann getrennt und er ließ ihr seitdem keine Ruhe. Ständig bedrohte er sie und nicht selten stand er plötzlich in dem Supermarkt, in dem sie arbeitete, und stellte sie dort vor den Kunden und Kollegen bloß. Selbst das vom Marktleiter ausgesprochene Hausverbot ignorierte er.
Dies geschah etwa zu der Zeit, als in Berlin ein Mann am helllichten Tag ein Auto stoppte, in dem sich seine Exfrau mit ihrer Familie befand, er erschoss alle Insassen.
An dem Tag, als über diesen unfassbaren Mord in der Presse berichtet wurde, erhielt die Frau, die bei mir Hilfe gesucht hatte, einen Anruf ihres Exmannes, er wies sie auf diesen brutalen Fall hin und drohte ihr an, ihr das Gleiche anzutun, sollte sie nicht endlich mit den Kindern zu ihm zurückkehren.
Panisch wandte sich die Frau erneut an mich. Ich gab ihr natürlich den Rat, sich umgehend an die nächste Polizeistation zu wenden. Und ich bat sie, mir zu berichten, zu was ihr die Polizei raten würde. Was sie mir dann später erzählte, ließ mich nur ungläubig den Kopf schütteln.
Die Eltern der hilfesuchenden Frau wohnten auf Rügen. Anstatt ihr zu raten, mit ihren Kindern dorthin zu flüchten, legte man ihr auf der Polizeistation nahe, ihre sechzigjährige Mutter zu ihrer Verstärkung nach Berlin zu holen. Was bitte schön sollte eine Frau in diesem Alter gegen einen amoklaufenden Mann ausrichten? Hatte nicht gerade erst ein Mann seine Exfrau samt deren Familie erschossen?
Ich riet der hilfesuchenden Frau, ihren Chef anzurufen und ihn um ein paar Tage Urlaub zu bitten. Dann sollte sie rasch das Nötigste zusammenpacken und mit dem nächsten Zug zu ihren Eltern fahren. Sie versprach mir, so zu handeln.
Am nächsten Tag rief mich eine Freundin dieser Frau an, die sich bei mir bedankte, da ich mit meinem Ratschlag ihrer Freundin wahrscheinlich das Leben gerettet hätte. Zwei Stunden nachdem diese mit den Kindern die Wohnung verlassen hatte, war ihr Exmann dort aufgetaucht und hatte in der Wohnung wild um sich geschossen.
12. Kapitel
Der Kampf geht weiter
I ch war so mit den Hilfeaktionen beschäftigt, dass ich das drohende Ermittlungsverfahren gegen Mahmud und Kerim fast vergessen hätte. Das Eintreffen der Vorladung zu einer richterlichen Vernehmung erinnerte mich jedoch wieder daran. Meine Hände zitterten verdächtig, als ich das Schreiben las. Die Anhörung sollte in Mahmuds Heimatstadt stattfinden.
Besondere Sicherheitsvorkehrungen seien nicht erforderlich, hieß es darin im letzten Absatz, da die Angeklagten von dem Termin nicht in Kenntnis gesetzt würden.
Der besagte Staatsanwalt erwies sich wirklich als hartnäckig. Obwohl er doch wusste, dass ich gegen Mahmud und Kerim nicht aussagen konnte, solange man mir kein schlüssiges Sicherheitskonzept vorgelegt hatte, wollte er mich nun mit diesem Termin zu einer Aussage zwingen. Und sollte ich
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