Begegnung im Schatten
fahrigen Bewegungen des Suchtrauchers eine Zigarette langte, sich des Rauchverbots besann, sie dennoch zwischen die Lippen klemmte, aufstand, seine Wanderung wieder aufnahm… Wann schon wäre einem Anthropologen auf dieser Erde eine derartige Aufgabe zu Teil geworden.
Hauser saß und blätterte in einem Journal. Seine Aufregung konnte man nur am sachten Fingertrommeln der linken Hand vermuten, das das Papier zum Beben brachte.
Dann, der Körper des Fremdlings war bereits zur Hälfte im Kanal, sprang der Kopierer an und begann, das Bildband auszugeben.
Beide standen und ließen sich die Fotos durch die Hände gleiten. Es begann mit den Schnittbildern durch das Körperende des Aliens, das entfernt wie die Schwanzflosse einer Seejungfrau aussah.
Beide Männer betrachteten stumm und intensiv Bild für Bild. Und bei beiden wuchs die Gewissheit, ohne Fachwissen würde sich ihnen das Innere des Alien nicht erschließen. Außer dem Gesicht und äußeren Besonderheiten des Körpers würden auch nach der Tomographie wesentliche Fragen offen bleiben. Und in diesem Gesicht stachen lediglich die beiden runden, nach vorn gerichteten Augen hervor, die mit einer Nickhaut verschlossen werden konnten. Aus menschlicher Sicht unproportional, gab es an diesem Kopf unter den Augen zwei übereinander liegende und farblich überhaupt nicht hervorstechende flache Wülste, die wahrscheinlich die Mund- Öffnung verbargen. Es fiel in diesem Gesicht nichts auf, das man für eine Nase oder Ohren hätte halten können. Eine kleine verschließbare Öffnung unterhalb des Hinterkopfs konnte man für den Zugang zu den Atmungsorganen halten – ein Analogieschluss zu den Delphinen. Den Anus vermuteten sie in einer Hautfalte auf der Hinterseite oberhalb der Schwanzflosse, vorn, etwa in gleicher Höhe, den Genitalbereich unter einem vertikal leicht hervorstehenden Lappen.
Dr. Hauser sprach es aus. Er blickte auf Ramlundt: „Wir brauchen einen Mediziner, einen guten, der von Innereien etwas versteht.“
Der Angesprochene nickte nachdrücklich, knüpfte dann jedoch an Hausers Bemerkung zu dessen Verwunderung an: „Wenn wir solches Wissen überhaupt brauchen. Es ist die Frage, was wir weiter mit ihm vorhaben. Das…“, er wies auf die Bilder, „werden die Anderen auch bereits besitzen und darüber berichten, was wir nicht dürfen. Wozu also?“
Es war klar, wen Ramlundt mit „die Anderen“ meinte. Dr. Hauser blickte nachdenklich, ließ mehrere Bilder vorbeigleiten, ohne einen Blick darauf zu werfen. ,Natürlich, die Leute dieser Kommission um Kalisch und insbesondere dieser selber werden nicht schlafen. Den Außerirdischen zu tomographieren – das Naheliegendste überhaupt! Tja, veröffentlichen dürfen wir nicht, noch nicht. Da hat der Ramlundt Recht. Dennoch! Ich brauche den Mediziner.’ „Ich will, Stephan, wissen, wie sie sind!“ Ein gewisser Eigensinn klang aus seinen Worten. „Vielleicht nicht, wie lang ihr Gedärm ist, ob die Leber, wenn sie eine haben, links oder rechts liegt Schon, das ist alles hochinteressant. Und, wie Sie sagen, wir werden es über kurz oder lang aus den Arbeiten der Anderen erfahren. Ich will wissen, und zwar nicht erst, wenn die sich dazu bequemen – Ihnen ist bekannt, wie lange das dauern kann – wie sie sich ernähren, fortpflanzen, in welchem Medium sie leben – verstehen Sie? Und das, oder so viel wie möglich davon, soll ihr Innenleben mir offenbaren – so schnell es eben geht. Vielleicht lassen sich sogar Schlüsse auf soziale Strukturen ziehen, die dort, wo sie herkommen, walten.“
„Wenn Sie mir nun noch sagen, was Sie wirklich vorhaben…?“ Stephan Ramlundt blickte mit hochgezogenen Brauen auf Hauser.
Dr. Hauser zögerte einen Augenblick. „Was ich wirklich vorhabe?“, wiederholte er. „Ich werde alles versuchen, damit der…“, er wies auf den Tomographen, in dessen Kanal gerade noch ein Teil des Kopfes des Wesens zu sehen war, „weiter lebt, verstehen Sie?“
Zwei Dinge gefielen Stephan Ramlundt an seiner neuen Tätigkeit besonders: Das Unkonventionelle und dass Geld keine Rolle spielte, wenn es galt, rasch Ergebnisse zu erzielen.
Von heute auf morgen hatte er eine Weltreise antreten müssen – ohne Antrag und Bewilligung –, das empfand er als durchaus unkonventionell.
Eine solche Reise sei notwendig, hatten sie gemeinsam festgestellt, und da wird sie eben unternommen. Deshalb von Stephan Ramlundt, weil er im gegenwärtigen Stadium der Arbeit am abkömmlichsten sei. Der
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