Begegnung im Schatten
wir drei Kängurus dorthin vermittelt. Seitdem gab es keine Kontakte mehr. Einen guten Aufenthalt wünsche ich Ihnen. Es tut mir Leid, Ihnen nicht helfen zu können.“ Und er setzte mit seinen Begleitern den Gang fort.
Stephan Ramlundt fühlte sich veralbert, ein wenig wie vor den Kopf geschlagen und zunächst unfähig, einen Gedanken zu fassen, wie es weiter gehen könnte. Dass seine Mission schon gescheitert sein sollte, wollte er sich nicht eingestehen. Schließlich sei Australien ein großes Land und wimmelte von diesen Viechern. Langsam baute sich in ihm ein Groll gegen diese neue, diese Medizinerin, Anja Lauring, auf. Oh ja, sie hatte Hauser offenbar auf den ersten Blick imponiert. Einer Rationalisierungsmaßnahme wegen nach langjähriger Tätigkeit im städtischen Krankenhaus entlassen, nachdem sie der Arbeit alles geopfert habe, ihre Ehe eingeschlossen. Diese feindselige Gesellschaft sei ihr nun keinen Pfifferling mehr wert, ihr eins auszuwischen eine Freude. Grund genug, auf Hausers Bedingungen einzugehen. Gute Zeugnisse und Berufserfahrung, insbesondere aber auch eine fünfjährige Tätigkeit in der Rechtsmedizin, trugen zur Anstellungsentscheidung natürlich bei. Nur, nach einem etwas näheren Kennenlernen konnte sich Ramlundt des Eindrucks nicht erwehren, dass noch andere als die Rationalisierungsgründe die Leute aus dem Krankenhaus bewogen haben könnten, gerade die Lauring auf die Entlassungsliste zu setzen. Nicht, weil sie nahe an den 50 war. Ehrgeizig, herrisch und eigenbrötlerisch, unvermögend, mit Subordinierten verträglich umzugehen hatten wohl eher den Ausschlag gegeben.
Von kleiner Gestalt, überschlank, mit ungesundem Raucherteint und dem ständigen Tabakruch um sich, verkörperte sie nicht gerade den Typ Frau, den man um sich haben mochte. Aber sie hatte beim Auswerten der Tomogramme zu aller Überraschung herausgefunden, was Dr. Hausers Bestreben eine neue Richtung gegeben und Ramlundt nach Australien getrieben hatte: Die Aliens aus dem in der Kohle aufgefundenen Shuttle vermehrten sich durch Eiablage, sind zweigeschlechtig, und in Hausers Obhut befand sich ein offenbar weibliches dieser Wesen, eine Frau. Im Körper hatte die Lauring deutlich den Eileiter und ein fast völlig entwickeltes Ei kurz vor der Ablage entdeckt. Dr. Hauser zögerte keine Sekunde, dieses heraus operieren und sezieren zu lassen. Das Ei entsprach von seiner Größe und übrigen Beschaffenheit her mit seiner elastischen Schale etwa dem eines irdischen Reptils.
Während Stephan Ramlundt also in Brisbanes Zoopark ziellos umherwanderte und fieberhaft überlegte, wie er seinen Auftrag noch erfüllen könnte, neben Krokodileiern auch solche von Schildkröten, insbesondere – eine Idee von Hauser – aber von Schnabeltieren zu besorgen, arbeitete die Lauring, unterstützt vom Chef selber und Franziska, an der Separierung der DNA des Fremdlings, und zwar nach mehreren Methoden und Testreihen.
Freilich, Schildkröten gab es zur Genüge auch noch anderwärts, sogar in heimischen Gefilden. Ob sie sich dort allerdings vermehrten, wusste Ramlundt nicht. Aber Schnabeltiere? Nur Australien und nur an dessen Ostküste sind sie zu Hause.
Stephan Ramlundt landete an einer Imbissbude und erstand eine Portion Meat Pies, ein Blätterteigröllchen mit Hackfleisch- und Salatfüllung, das ihm am vertrauenswürdigsten erschien.
Als er sich daran machte, es lustlos zu verzehren, stellte sich ein Mann mit an seinen Tisch, obwohl in der Umgebung noch einige völlig frei waren. Ramlundt beachtete das nicht. Erst als der Mensch eine Colabüchse hart abstellte, wurde er aufmerksam. Der Mann kam ihm bekannt vor – ja, einer von des Direktors Begleitern. Und jener sprach ihn an: „Dumm gelaufen!“
Ramlundt drehte sich ihm zu und nickte nachhaltig. „Was will man machen!“, sagte er und hob die Schultern.
„So etwas gibt es bei euch wohl nicht?“, fragte der andere naiv.
„Schildkröten schon – nicht in dieser Vielfalt freilich – aber Schnabeltiere keine. Wir wollen versuchen, sie zu züchten. Das wird nun vorerst natürlich nichts.“
„Was wäre denn bei euch so – ein Eierchen wert?“ Er sagte es obenhin und beschäftigte sich mit dem offenen Verschluss seiner Getränkedose.
Schon wollte Stephan Ramlundt abermals die Schultern heben, um anzudeuten, dass er das nicht wusste. Da wurde er stutzig. Er musterte den Mann schärfer, aber den schien der Ring an der Büchse außerordentlich zu interessieren. „Hm, genau weiß
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