Begegnung im Schatten
seinen Erfolg durch eine unvorsichtig geplante Heimreise gefährden, insbesondere keinen Anlass für eine unbequeme Fragerei bieten. Er flog also zunächst im Inlanddienst zurück nach Darwin. Dort erst löste er das internationale Ticket über Singapur nach Frankfurt. Jetzt stimmte der Ort auf seinem Papier mit dem des Abflugs überein, vielleicht eine überflüssige Maßnahme. ,Aber sicher ist sicher’, dachte er.
Der Dame vom Zoll, an die Ramlundt geriet, imponierte sein superfreundliches Gehabe in keiner Weise. Sie brauchte für das Studium des Zettels unverhältnismäßig lange, sodass es Ramlundt in der Kopfhaut bereits zu kribbeln begann. Dann verlangte sie, die Eier vorzuzählen. Sie passte akribisch auf, merkte aber doch nicht, dass er die schon gezählten Eier wieder so ablegte, dass sie zwischen und in die lose Verpackung gerieten und so eventuell vorhandene Unterschiede mehr verborgen blieben.
Aus seiner Sicht dauerte es ewig, bis die strenge Dame einen weiteren Stempel auf das Papier drückte und mit einem etwas schelmischen „Bye, bye“, den mittlerweile Schwitzenden verabschiedete.
Den Frankfurtern genügte der Zettel, den Ramlundt sofort und ungefragt vorwies.
Beschwingt verließ Ramlundt den Flughafenkomplex, beschwingt auch deshalb, weil er Franziska als seine Abholerin wusste, und sie, da der Tag bereits sehr fortgeschritten, nicht sofort nach Fraunheim reisen, sondern in Frankfurt übernachten würden.
Als sie im Waldhaus eintrafen, empfing sie Dr. Anja Lauring. Hauser und Markowitsch seien unterwegs, einen neuen Genmanipulator zu beschaffen. „Es geht nämlich los“, sagte sie und rieb die mageren Hände gegeneinander. „Wir dachten schon, Ihnen sei etwas zugestoßen; denn wir haben Sie bereits gestern erwartet.“
„Zugestoßen…?“, mit einem Blick zu Franziska und anzüglichem Grinsen bemerkte er, „kann man nicht direkt sagen. Der Flieger hatte Verspätung“, schwindelte er.
Ohne Rücksicht darauf, ob Ramlundt vielleicht nach der langen Reise zunächst etwas anderes zu machen gedachte, forderte sie in einem ziemlich herrischen Ton: „Na, zeigen Sie doch mal her, was Sie da angeschleppt bringen!“
Sie gingen ins Wohnzimmer. Wortlos öffnete Ramlundt den Koffer und legte die Eier, sortiert nach Arten, auf den Kamintisch und nannte den Spender dazu.
„Nur drei?“, nörgelte sie, als er die des Schnabeltieres auspackte. „Gerade darauf legt der Chef großen Wert Wir meinen nämlich, dass diese Aliens ihre Jun…. Kinder die erste Zeit mit einem Körpersekret ernähren. Das tun die Schnabeltiere auch.“
„Tut mir Leid, es war so schon schwierig genug – und sie müssen schnell bearbeitet werden.“
„Keine Sorge!“ Sie bückte sich zum Tisch, nahm ein Ei auf und wog es in der Hand, kratzte dann mit dem Fingernagel an der Schale herum. Aus ihrem dünnen Haar stieg eine Wolke Tabaksmogs auf, die Stephan Ramlundt, obwohl selber Raucher, zurückweichen ließ.
„Wann“, fragte er, „geht’s los?“
„Hat Ihnen das Ihre – Begleiterin nicht gesagt? Sobald wir uns in den neuen Manipulator eingearbeitet haben. Das kann übermorgen sein. Die DNA stehen bereit.“
„… und wie viele?“
„Das erzähle ich dir später“, mischte sich Franziska ein. „Komm erst einmal nach Hause!“
3. Teil
Das weitere Vorgehen erwies sich weit schwieriger als angenommen. Man irrte, als man zunächst glaubte, das Manipulieren an handlichen Eiern sei einfacher als an Eizellen. Geräte und Bestecke waren alle auf die Mikromethode hin entwickelt worden. Die Behandlung der Zellen in den Eileitern der Tiere wäre sehr viel einfacher gewesen, allein die äußeren Umstände der Aktion verboten a priori ein solches Vorgehen. Dr. Hauser und seinen Helfern blieb keine Wahl, als zu versuchen, das Hergebrachte der neuen Aufgabe anzupassen.
Markus Markowitsch entpuppte sich als ein geschickter Mechatroniker. Er habe zunächst Feinmechaniker gelernt, bevor er sich dem Journalismus verschrieben hat. Und Dr. Anja Lauring versetzte die übrigen Mitglieder des Teams in Erstaunen: Gemeinsam mit Markowitsch entwickelte sie Ideen, und sie setzten sie in kürzester Zeit pragmatisch um, sodass letztendlich kein Verzug entstand, der möglicherweise die Haltbarkeit der Eier in Frage gestellt hätte. Überhaupt, es hatte den Anschein, als wären sich die beiden auch menschlich näher gekommen, ein Umstand, den Franziska Hauser-Lan und Stephan Ramlundt mit gelinder Verwunderung wahrnahmen. Dieser doch
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