Begegnung im Schatten
unerlaubten Waffenbesitz und fahrlässige Körperverletzung zur Last legen. Über seinen derzeitigen Wohnsitz wolle er keine Angaben machen, um eine verheiratete Freundin nicht zu kompromittieren.
Constanze van Haarden ging den Fall gelassen an. „Den lassen wir schmoren, die Ermittlungen fangen gerade erst an.“
Sie hatte unter Bauchschmerzen des Staatsanwalts und mit fernmündlicher Fürsprache ihres Vorgesetzten für das Wochenendanwesen Dr. Hausers einen Durchsuchungsbefehl erwirkt, ohne zunächst die genaue Lage das Hauses zu kennen. Nach den Kartenunterlagen aber führte die Waldstraße, an deren Einmündung sie seinerzeit die Verfolgung Markowitschs, um sich nicht zu verraten, abgebrochen hatte, direkt zum Objekt.
Schon am Tag nach der Verhaftung Markowitschs setzte sich dorthin die kleine Polizeikolonne in Bewegung. „Verdunkelungsgefahr im Verzug“, begründete van Haarden ihren Drang zu schnellem Handeln. Ohne Aufhebens blieb Sandra Georgius an der Aktion beteiligt.
Auf halber Wegstrecke stand, halb im flachen Graben, ein Auto, in das eine junge Frau einen Korb in den Kofferraum lud. Auffällig war die Begegnung nicht, die Pilzsaison hatte begonnen.
Als die Kommissarin in den Rückspiegel schaute, war ihr, als höbe die Frau ein Mobiltelefon an den Kopf.
Als sie ankamen, ließ sich zunächst kein Mensch sehen. Van Haarden verteilte vier ihrer sechs Helfer so rings um die Gebäude, dass ihnen Bewegungen an den Fenstern und möglichen Hinterausgängen nicht entgehen würden. Mit Sandra Georgius und zwei Beamten machte sie sich am Haupteingang des stattlichen Hauses bemerkbar.
Das Objekt als Wochenendhaus zu deklarieren, empfand Sandra Georgius als beträchtlich untertrieben. Auch van Haarden nickte nachhaltig anerkennend mit dem Kopf. „Da werden wir zu tun haben“, sagte sie.
Enttäuscht und mutlos kehrte Dr. Sandra Georgius zu ihrer Arbeitsstätte am Tagebau Walnow zurück. Der Trost, den ihr Constanze van Haarden nach dem Fiasko zugesprochen hatte, hielt nicht lange vor. Freilich, dieser Hauser hatte die Contenance nicht verloren, aber stand hinter seiner ausgesuchten Höflichkeit, seinem voreilenden
Entgegenkommen nicht pure Schadenfreude?
Sowohl Constanze als auch sie hatten das deutliche Gefühl, gründlich gelinkt worden zu sein. Ein in Bezug auf die Verdachtsmomente lupenreiner Reinfall. Zu lupenrein? Auf alles gab es eine plausible Erklärung. Sondermöbel? Für die bedauernswerte Rollstuhlfahrerin. Ein zur Zeit nicht bewohntes Herrenzimmer? Ein Domizil für den Freund der Tochter, falls er zu Besuch kommt. Nichts, das im Geringsten auf einen Zusammenhang mit dem Diebstahl des Aliens hingedeutet hätte. Dafür aber einige, wie Hauser freundlich erläuterte, wichtige Aufgaben, die er sich mit seinem Team noch vorgenommen habe, „für die mir Gott noch ein paar gesunde Jahre schenken möge“, frömmelte er.
Sie sprachen nicht, als sie nach Stunden die Waldstraße zurück in die Stadt fuhren. Als sie die Stelle passierten, an der morgens der Wagen stand, der der Tochter des Hauses gehörte, die während der polizeilichen Aktion mit einer mäßigen Pilzernte am Haus eintraf, bemerkte Sandra: „Von hier aus wurde unser Anmarsch gemeldet, da wette ich drauf!“
Constanze ging auf die Bemerkung Sandras nicht ein. „Drei Dinge sind merkwürdig“, sagte sie, und es klang, als denke sie laut, „in dem zweiten, angeblich länger nicht bewohnten Gästezimmer gab es eine feuchte Zahnbürste und das Bett war nicht frisch bezogen. Das sollte in einem ordentlichen Haushalt nicht vorkommen. Aber, das ist das Zweite: Der Haushalt ist nicht ordentlich. Der Hauser könnte sich eine Hilfe leisten. Für das große Anwesen wäre sie nötig. Aber er hat keine. Bei der angeblich vielen hochwertigen Arbeit verzetteln sich drei Wissenschaftler mit profanen Verrichtungen wie Hausputz, Kochen, Einkaufen, Gartenarbeit und…“
Die Kommissarin machte eine Pause, dachte nach.
„Und drittens?“, drängte Sandra Georgius.
„Für mich das Merkwürdigste: In diesen Glastrakt führt kein rollstuhlgerechter Eingang, obgleich Teile der Einrichtung extra für Behinderte angefertigt worden sein sollen, wie man sagte – im konkreten Fall für diese Doktor Lauring. Aber es gab darin nicht ausreichend Aufbewahrungsorte, Schrank, Kommode oder was weiß ich, für Weiberkram und demzufolge auch zu wenig von diesem. Dagegen, du erinnerst dich an das Zimmer neben dem der Tochter?, da gab es davon zur Genüge,
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