Begegnung im Schatten
jetzt.“
Dr. Lauring hatte die ganze Zeit vor dem Glashaus gewartet. Sie stürzte förmlich auf Ramlundt zu und fragte eifrig: „Jetzt muss ich wohl…?“ Und sie schien leicht verschnupft, als er ihr mitteilte, dass mit Lissi alles Nötige abgesprochen und sie einverstanden sei.
Stephan Ramlundt rüstete den Hänger, belud ihn mit dem Wasserballon, füllte diesen und setzte auch das Salz zu.
Als er wieder ins Wohnzimmer zu den anderen trat, war es 21.52 Uhr. Sein kurzer Bericht wurde kommentarlos entgegengenommen.
Danach herrschte nervöses Schweigen.
Alle paar Minuten schaute Hauser auf die Uhr. Einmal prüfte er, ob der Telefonhörer des Hauptapparates richtig auflag.
Plötzlich fragte Stephan Ramlundt rau: „Auf wessen Anruf warten wir eigentlich?“
Hauser unterbrach seine Wanderung, die er gerade aufgenommen hatte. Eine Sekunde lang starrte er den Frager an. „Auf Markowitschs“, antwortete er dann, als sei dies selbstverständlich.
22.04 Uhr. Dr. Hauser stand vor dem Telefon, als müsse er jeden Augenblick blitzschnell zugreifen, um eine plötzliche Flucht des Hörers zu verhindern. Seine Nervosität hatte sich auf die anderen übertragen.
Dann fragte Stephan Ramlundt gereizt: „Wo ist Markowitsch, was macht er? Ich denke, er hat gekündigt?“
Unwillig blickte Hauser auf den Frager. ja, ja“, antwortete er zunächst zerstreut, dann konzentrierter: „Er stopft dieser Erpresserin mit dreihunderttausend Euro das Maul. Wenn er sie damit ruhig stellen kann, sind wir zunächst aus dem Schneider. Verstehen Sie jetzt?“
,Sandra eine Erpresserin? Ausgeschlossen! Da stimmt etwas nicht, ein Komplott…! »Ruhigstellen« soll er sie, hat Hauser gesagt, ruhigstellen.’ Mit diesem Gedanken kam Angst in Stephan Ramlundt auf.
,Dem Markowitsch ist doch alles zuzutrauen, wenn es ums Geld geht. Verdammt!’ Und er teilte sich plötzlich mit Hauser das ungeduldige Gieren auf den Anruf, wenn auch aus gänzlich unterschiedlichem Motiv.
22.10 Uhr – nichts.
Um 22.17 Uhr wurde die Tür geöffnet. Auf der Schwelle stand Lissi mit eingeschaltetem Computer: „Reisen wir, Stephan!“
Die vier standen Augenblicke vor Überraschung wie erstarrt. Dann rief Dr. Lauring: „Lissi!“
Stephan Ramlundt fing sich. „Wie kommst du darauf, jetzt aufbrechen zu wollen?“
Lissi trat in den Raum, stellte ihr Notebook auf den Tisch und tippte ein: „Ich habe die Lokalnachrichten gehört. Letzte Meldung: ,Ein Markowitsch wurde wegen Mordversuchs verhaftet.’ Damit sind doch, Stephan, die Kriterien für die Reise erfüllt!“
„Mordversuch!“, stöhnte Ramlundt und ging einen Schritt auf Lissi zu. „Ist jemand verletzt?“, fragte er drängend. „Weißt du Näheres?“
„Das ist doch jetzt unwichtig“, rief Hauser ungehalten. „Verlieren wir keine Zeit!“
Stephan Ramlundt blickte wütend zu ihm. „Das ist also ihr Ruhigstellen, Sie haben das gedeckt!“ Mit zwei Schritten hatte er Hauser erreicht, packte ihn am Revers und schrie: „Mit Mord will ich nichts zu tun haben, Sie Verbrecher!“
Auf Lissis Monitor stand: „Niemand soll verletzt sein.“
Franziska sprang hinzu, drängte sich zwischen die beiden Männer. „Was ist los mit dir, Stephan!?“, rief sie erregt.
Dr. Hauser lehnte sich an die Wand. Er atmete heftig, strich mechanisch sein Jackett glatt. „Er hatte das Geld“, stammelte er. „Er sollte das Geld übergeben!“
„Markowitsch und Geld übergeben“, höhnte Ramlundt. Er beruhigte sich aber zusehends und atmete erleichtert durch, als Lissis Schirm in sein Blickfeld geriet. „Entschuldigung“, murmelte er.
Lissi war scheinbar von all dem um sie herum ungerührt geblieben. „Sie schrieb: Was ist, fahren wir?“
„Wir fahren“, antwortete Stephan, und es klang wie ein befreiender Seufzer. – Markus Markowitsch blieb bei der Version, er hätte der Erpresserin lediglich einen Denkzettel verpassen wollen, ohne Tötungsabsicht. Die Lichtverhältnisse und sein Ungeschick mit der Waffe umzugehen, seien schuld gewesen, dass die Schüsse so hoch einschlugen. Eigentlich wollte er gar nicht treffen und wenn zufällig, dann die Beine. Mit einem Diebstahl hätte er nicht das Geringste zu tun, aber solchen Schmeißfliegen müsse man das Handwerk legen. Und zur Polizei, mit Verlaub, habe er in diesem Fall nicht das notwendige Vertrauen aufbringen können. Man kennt das ja. Wie oft hieße es: Der Täter, der Polizei wohlbekannt, wurde wieder auf freien Fuß gesetzt. Allenfalls könne man ihm
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