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Begegnung in Tiflis

Begegnung in Tiflis

Titel: Begegnung in Tiflis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und die Hände zu Fäusten ballten.
    »Lauf, Iwan!« sagte der Vorarbeiter hinter ihm dumpf und gab ihm einen Stoß in die Nieren. »Bei uns benimmt man sich nicht wie in Sibirien.« Dimitri wollte etwas erklären. Sibirien, wollte er sagen. Was habt ihr bloß alle gegen dieses herrliche Land? Wie benimmt man sich denn da, he? Friedliche Menschen sind's. Menschen wie wir. Und Freunde hat man in der Taiga, Freunde bis an den Tod! Aber er schwieg. Sinnlos war's, jetzt noch zu reden. Er sah in die harten Augen der Männergasse, er fühlte einen neuen Stoß in seinem Rücken, und er sah den Oberingenieur an einem Auto stehen und das Strafgericht beobachten.
    Da ging er … ja, er ging, ganz langsam, nicht wie man erwartet hatte, daß er renne wie um sein Leben … die Hände auf dem Rücken, den Kopf weit in den Nacken, schritt er durch die Gasse der halbnackten schwitzenden Männerleiber, und die harten Fäuste hatten plötzlich keine Kraft mehr, nicht die, die man gern hineinlegen wollte, denn so einen Menschen hatte man noch nicht gesehen, auch nicht in der Wüste, der durch eine schlagende Gasse ging und die Hiebe hinnahm wie ein Streicheln.
    Am Ende des Weges fiel Dimitri in den Sand, mit dem Gesicht zuerst, ebenso stumm, wie er seinen Weg gegangen war. Man ließ ihn liegen, nur der Vorarbeiter schüttete einen Eimer Wasser über ihn, das aber verdunstete, bevor Dimitri aus seiner Ohnmacht erwachte.
    Er kroch in seine Baracke und legte sich auf sein Bett, aber in der Nacht schlich er sich wieder hinaus, kletterte auf das Dach der Garage und hockte sich hier auf das Wellblech, sah hinaus in die jetzt kalte, unter den Sternen herrliche Wüste und wartete auf Bettina.
    Am nächsten Tag kümmerte sich keiner um ihn. Seinen Arbeitsplatz hatte ein Türke eingenommen. Er bekam von der Küche kein Essen mehr. Er war wie Luft, man sah durch ihn hindurch und rannte ihn um, wenn er jemandem im Wege stand. Ain Taiba hatte ihn ausgestoßen. Er war vogelfrei.
    Dimitri kümmerte es nicht. Er hatte noch etwas zu essen, ein paar Büchsen, die er kalt hinunterschlang, denn ein offenes Feuer war verboten. Man hätte ihn erschlagen, wenn er es getan hätte. In der Nacht aber saß er wieder auf dem Garagendach und starrte in die Wüste.
    Und dann, in der dritten Nacht, sah er weit hinten über den Sanddünen eine kleine Staubwolke gegen den Nachthimmel steigen, aus einer Richtung, die genau entgegengesetzt der Route nach Fort Lallemand war. Eine Staubwolke, die größer und größer wurde, als schabe jemand durch den Sand und werfe ihn dann gegen den Himmel.
    Wanduscha … dachte Dimitri und kroch an den Rand des großen Wellblechdaches. Ist sie es? Und dann richtete er sich auf, stand auf dem Dach und winkte mit beiden Armen, und der Mond schien auf ihn und hob ihn gegen den Nachthimmel ab, und die Staubwolke kam näher, und es sah aus, als hüpfe ein großer schwarzer Floh durch die Wüste.
    Dimitri kletterte von dem Dach und rannte um den letzten Bohrturm herum. Eine Sanddüne versperrte ihm den Blick, aber er hörte schon das Brummen des Motors.
    »Wanduscha!« schrie er. »Wanduscha!« Und dann lief er durch den knietiefen Sand, stolpernd und ächzend wie ein Verdurstender, mit ausgebreiteten Armen und wie im Fieber glänzenden Augen, und ganz sicher war er sich, daß dort aus dieser Staubwolke Bettina auftauchen und daß sein Leben wieder schön werden würde.
    Aus den Sanddünen tanzte der kleine graue, mit gelbem Sand bestäubte Wagen. Die Staubwolke, die ihn einhüllte, verhinderte jede Sicht, aber Dimitri taumelte mit flatternden Armen weiter, und seine Schreie »Wanduscha! Wanduscha!« prallten nach kurzer Zeit gegen eine Sandwand, die ihn einhüllte, ihm den Atem nahm, seine Mundhöhle mit Tausenden kleinen, harten Körnern füllte und ihn umwarf. Er kniete im Sand, mit erhobenen Armen, als bete er die Sterne an, die im Staubnebel versunken waren.
    »Himmel! Wer ist denn dieser Idiot?« schrie eine Stimme auf französisch. Der Jeep bremste einen Meter vor dem knienden, vom wirbelnden Sand blinden Dimitri, und die Wolke sank in sich zusammen und überfiel den ächzenden Menschen wie ein Wasserguß. »Den hätte ich bald überfahren!« schrie die Stimme wieder. »Was läuft so ein Vollidiot auch in der Nacht herum! He! Aufstehen! Wohl besoffen, was?«
    Dimitri Sotowskij öffnete langsam die sandverklebten Augen. Seine Kehle war ausgedörrt, sein Körper schien wasserlos, wie eine verdorrte Tamariske war er, ein toter Baum in

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