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Begegnung in Tiflis

Begegnung in Tiflis

Titel: Begegnung in Tiflis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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eines zerrissenen mütterlichen Herzens.
    Bettina sah hinüber zu den armenischen Bergen, dem schwarzen Wall vor der Freiheit.
    Wenn man eine Nachricht geben könnte, dachte sie. Nur eine Nachricht. Nur einen kleinen Satz.
    Ich lebe.
    Könnte man dann bei Dimitri und Kolka bleiben?
    Sie wandte sich ab, deckte die Hände vor die Augen und warf sich aufs Bett.
    Dimitri oder Mutter.
    Kolka oder Wolfgang.
    Es waren keine Fragen mehr. Ein Teufel hatte dies Entweder-Oder ersonnen, und Bettina war zu schwach, um darüber zu entscheiden.
    Wer nie in einem solchen Zwiespalt war, wird es auch nie begreifen.
    *
    Man hatte nicht zuviel prophezeit, als man General Oronitse schlaflose Nächte und unangenehme Tage voraussagte. Und auch Oberst Jassenskij fühlte sich nicht wohl und kratzte sich mit seinen tabakgebeizten Fingern immer öfter unter der Nase, was bewies, wie nervös er war.
    Um es rundweg zu sagen: Sie hatten versagt. Wer Moskau kennt, weiß, daß solche Einsichten angetan sind, die Hose flattern zu lassen. Ein Offizier kann dumm sein, denn nicht allen hat der liebe Gott ein reges Hirn gegeben – aber wenn er einen Befehl gut ausführt, ohne zu denken, ich bitte, was hindert ihn daran, ein guter Offizier zu sein? Wenn er hingegen denken kann und sogar stolz darauf ist, und mit seinem ganzen klugen Hirn kommt er trotzdem nicht weiter als der Blöde, der Wasser mit einem Sieb schöpfen will – dann hat man allen Grund, sich mit Wodka und Papirossy zu trösten.
    Die Suche der eingesetzten Bataillone war vergeblich und wurde abgeblasen. Nur die Grenzstationen hatten weiter Alarm und belästigten die Grenzfahrer mit langwierigen Kontrollen. Die Truppen kamen aus den Bergen zurück in die Garnisonen, und General Oronitse schickte ihnen einen internen Tagesbefehl, in dem er jeden einzelnen beschimpfte, einen Hohlkopf nannte und eine vierzehntägige Urlaubssperre anordnete.
    »Beschämend ist das!« schrie Oronitse in seinem Hauptquartier und hieb auf den Kartentisch. »Zweitausendvierhundert Rotarmisten suchen ein hilfloses Mädchen, und was bringen sie heran? Ihre Uniform! Nichts weiter als ihre ausgegrabene Uniform! Hält man das für möglich?«
    »Regen Sie sich nicht auf, Fjodor Nikolajewitsch«, sagte Oberst Jassenskij. »Ich habe es Moskau zu erklären versucht. Dem Himmel sei Dank, daß auch im Kreml Leute aus Grusinien sitzen! Sie kennen das Land und sind wie ich der Ansicht, daß wir warten sollten. In den Bergen, Schluchten und Höhlen wird sich diese Bettina Wolter verbergen, bis sie glaubt, der Sturm um sie habe sich gelegt. Dann kommt sie heraus, und wir fangen sie wie einen Schmetterling.«
    »Und wenn er nicht kommt, Ihr Schmetterling?«
    »Sie kommt!« Jassenskij lächelte verzerrt. »Wo soll sie denn hin?«
    »Vergessen Sie nicht: sie spricht Russisch.«
    »Aber jeder Russe merkt, daß es ein gelerntes und kein angeborenes Russisch ist.«
    »Und unsere Grenze zur Türkei ist weich. Es gibt Felsengebiete, die kaum kontrolliert werden können. Ab und zu fliegt ein Hubschrauber drüber, das ist alles.«
    Oberst Jassenskij kratzte sich wieder unter der Nase. Der Pessimismus Oronitses ging ihm an die Nerven. »Sie ist noch im Lande«, sagte er laut. »Verdammt noch mal, Fjodor Nikolajewitsch, mir wäre es sogar ein Fest, wenn sie noch hier sein würde. Im Vertrauen, das Vögelchen ist uns gar nicht wichtig. Wichtiger ist, daß wir ein Mittelchen für ihren Bruder haben. Über seine Schwester werden wir ihn zu uns locken. Wir wissen jetzt, daß dieser Oberleutnant Offizier des deutschen Militärischen Abschirmdienstes ist. Zwar nur ein kleines Rädchen, aber auch kleine Rädchen können eine Maschine stören, wenn sie sich in der falschen Richtung drehen. Je länger man nichts über diese Bettina weiß, und je länger sie verschwunden bleibt, um so wirksamer können wir den Bruder bearbeiten. So gesehen, lieber Fjodor Nikolajewitsch, war die Suche gar kein Mißerfolg.«
    »Da haben Sie recht, Safon Kusmajewitsch«, sagte General Oronitse müde.
    Man muß Mitglied der GRU sein, dachte er, um mit solcher Sophistik reden zu können. Das nennt man Dialektik, Genossen! Da kann man noch etwas lernen.
    Aber die Freude im stillen war nur kurz.
    Es war ausgerechnet der Copilot und Funker Paul Andresen, der neue Unruhe zu Oronitse und Jassenskij trug.
    Nach langen Untersuchungen und Erklärungen hatte man der deutschen Sachverständigen-Delegation zu verstehen gegeben, daß es sinnlos sei, weiter nach Ursachen zu

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