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Begegnung in Tiflis

Begegnung in Tiflis

Titel: Begegnung in Tiflis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kassen.
    Machte es etwas aus, daß Darja, das schöne Vögelchen aus Astrachan, Monika Kepmeier hieß und aus Oelde in Westfalen stammte? Wer fragt danach, wenn nur ein roter Stern im Bauchnabel schillert?
    Dimitri Sotowskij betrat die ›Datscha‹, nachdem er dem Portier in altrussischer Kosakenuniform einen Rubel gegeben und mit »Frieden und Freiheit, Brüderchen!« angeredet hatte. Der Portier gab keine Antwort, denn er kam aus Brisbane in Australien und hatte keine Ahnung von russischen Vokabeln. Dagegen empfing in der kleinen Garderobe Ilja Matwejewitsch Pikalow den neuen Gast, und musterte verdrossen den zerknitterten Smoking und schätzte ihn als einen mittelmäßig finanzkräftigen Touristen aus dem Balkan ein.
    »Eine Dame, Monsieur?« fragte Ilja und überlegte, wer in der Preislage des neuen Gastes noch frei sei.
    Dimitri winkte ab und sah Ilja etwas gequält an. »Kann ich Sie allein sprechen, Bürger?« fragte er leise. Ilja Pikalow zog den Kopf etwas ein, einen dicken, vollgefressenen, richtig kapitalistischen Kopf, und sah Dimitri aus rotumränderten grauen Mausaugen an.
    »Ein Landsmann?« fragte er, drängte Dimitri aus der Garderobe durch eine Tapetentür in einen dunklen Flur und von dort in ein Büro, an dessen Wänden große Fotos nackter Tänzerinnen der ›Datscha‹ klebten. »Was soll's? Was wollen Sie? Woher kommen Sie?«
    »Aus Tbilisi, Freund.« Dimitri setzte sich auf einen der ledergepolsterten Stühle. »Ich bin geflüchtet.«
    »Krumme Dinger gemacht, Herzchen?«
    »Nein. Ich bin politischer Flüchtling.«
    Ilja Matwejewitsch Pikalow hob den Blick zur Decke. Politisch, dachte er. Immer diese Idealisten. Denken, im Westen fliegen ihnen die gebratenen Tauben in den Hals und die Weibchen liegen wie die Hühnchen aufgereiht auf der Theke und man kann sie aussuchen nach Farbe und Form. Was sie sich denken, die Brüder im Osten. Keiner wartet auf sie. Jeder ist froh, wenn er selbst genug zu beißen hat, und der Westen ist nicht golden, Brüderchen, o nein, er ist blutig, denn der eine ist des anderen Feind, und er bringt ihn um für weniger als dreißig Silberlinge. Welch ein harmloser Stammler war da Judas!
    »Und was nun?« fragte Pikalow. »Was soll ich mit deinen Problemen?«
    »Brauchst du einen Kellner, Ilja Matwejewitsch?« fragte Dimitri zurück.
    »Bist du ausgebildet?«
    »Nein. Aber wenn nach der Revolution Großfürsten Taxis fuhren und Großfürstinnen Geschirr spülten, kann das ein Dimitri Sotowskij auch.«
    »Ich brauche jemanden, der morgens die Bar putzt und die Toiletten schrubbt.« Ilja Matwejewitsch setzte sich seufzend hinter den Schreibtisch und sah seine nackten Fotomädchen an. »Alles kannst du hier bekommen, Brüderchen. Tänzerinnen, Kellner, Barmädchen, Schwule, Lesbierinnen … sie führen dir alles vor, brauchst nur zuzusehen und zu sagen: Engagiert! Aber einen, der die Toiletten schrubbt – keine Seele!«
    Dimitri Sotowskij nickte. Ihm war alles gleichgültig. Nur ein Dach über dem Kopf, ein Bett zum Langliegen, ein paar Geldstücke, um nicht zu verhungern. Es war ja nur für eine kurze Zeit, vielleicht zwei Wochen, wenn's hoch kam.
    »Ich tue es, Ilja Matwejewitsch. Wenn du ein Bett für mich hast.«
    »Natürlich. Aber du wirst einsehen, daß mit dieser Stellung keine Reichtümer zu erwerben sind. Und was soll der Smoking, Freund? Häng ihn weg! Es geht doch nicht an, daß ich einen Mann beschäftige, der im Smoking die Toilette schrubbt. Man wagt ja nicht zu pissen, wenn du so herumläufst.«
    Dimitri lachte, aber es war ein bitteres Lachen. Er trank mit Ilja zum Einstand noch ein großes Glas Krimsekt, und als er den unverkennbar halbsüßen, würzigen Geschmack des Sektes auf der Zunge spürte, kamen ihm wieder die Tränen in die Augen, denn er schmeckte nach Rußland … die Heimat, die er nun nie wiedersehen würde.
    »Wo willst du hin?« fragte Ilja Matwejewitsch. »Bleibst du in Beirut? Was hast du gelernt?«
    »Ich bin Ölingenieur.«
    »Aha! Also nach Amerika oder in den Irak?«
    »Nein. Ich will nach Deutschland.«
    »Nach Deutschland?« Ilja Matwejewitsch Pikalow schüttelte den fetten Kopf, erhob sich, hieb Dimitri auf die Schulter und sagte: »Komm mit. Ich zeige dir den Männerlokus. Nach Deutschland! Bist du ein armer Idiot, mein Freundchen.«
    *
    Das Boot trieb auf dem sich schnell beruhigenden Meer und schaukelte auf die Küste zu. Flach war diese Küste, sandig und öde, und nur am Horizont stiegen nackte Felsen auf, durchsetzt mit

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