Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
Vom Netzwerk:
Kannst du nachfühlen, wie es ist, auf Wolke Sieben zu schweben? Ausgerechnet an dem Tag, als du mich verlassen hast! Ich war drauf und dran, die ganze Welt zu umarmen, ich hielt mich für den glücklichsten Menschen auf Erden, nachdem mir Pierres Anwälte die Briefe und Dokumente deiner Mutter ausgehändigt hatten. Dann allerdings erzählte mir Isabelle Didier von deiner Abreise und ich schlug auf meinem Weg aus dem Himmel zu dir auf Betonboden auf. Du kannst dir vorstellen, dass nach diesem Absturz nichts mehr von mir übrig blieb. Es waren bloß ein paar Stunden! Ein paar gottverdammte Stunden, Beate, die du auf mich hättest warten müssen und die nächsten Jahre wären anders verlaufen. Alles! Ganz anders! Ich konnte nicht zulassen, dass Pierre als Sieger aus jener Nacht hervorgeht, aber du hast mir keine Chance gegeben, das Blatt zu wenden.“
    Oh je, bei diesen Worten blitzten mindestens neun verschiedene Farben von Wut in seinen Augen.               Sie bemerkte, wie seine Wangenmuskeln sich anspannten. Natürlich war er zornig und enttäuscht von ihr. Langsam wurde seine Miene zu einer steinernen Maske und sie wich vor ihm zurück.
    „Es tut mir so l eid. Ich hätte dir von meinen Plänen erzählen sollen.“
    „Ja. Ja, verflucht noch mal, das hättest du tun sollen! Wenigstens das hatte ich nach all der Zeit, die wir miteinander verbracht haben, erwartet. Hatte ich denn wirklich kein Recht auf eine Erklärung? War ich dir so wenig wert? Hat dir unsere gemeinsame Zeit nichts bedeutet, dass du, ohne dich umzublicken, gehen konntest? Soll ich dir von dem grenzenlosen Schmerz erzählen, den du mir zugefügt hast? Ich machte mir berechtigte Hoffnungen auf eine gemeinsame Zukunft, doch als ich nach Hause kam, warst du nicht mehr da. Das war schlimmer als Pierres Sadismus, als sämtliche Demütigungen. Schlimmer als … als alles, was ich bis dahin ertragen musste. Nicht ein einziges Sterbenswort hast du über deine Abreise verlauten lassen, sondern feige Isabelle als Überbringer dieser Hiobsbotschaft geschickt. Musste ich das nicht als ein Zeichen von schlechtem Gewissen deuten? Mangelndes Vertrauen? Oder war es lediglich Gleichgültigkeit, die du mir gegenüber aufgebracht hast?“
    „Oh, nein , Alain! Niemals Gleichgültigkeit. Das darfst du dir nicht einreden. Alles, bloß nicht das!“
    „Damals zumindest wusste ich es nicht besser. Ich hatte keine Ahnung, warum du mich verlassen hast. Ich habe mir einfach keinen Reim auf dein Verschwinden machen können. Wenn du mir doch bloß ein Wort des Abschieds hinterlassen hättest! Eine einzige Zeile der Erklärung. Ich habe nie zuvor jemanden so geliebt wie dich. Und nie ist mir eine größere Enttäuschung bereitet worden.“
    „Du hast mir kein einziges Mal gesagt, dass du mich liebst.“
    Überrascht musterte er sie. „ Das ist wahr. Trotzdem hast du es gewusst“, sagte er, als hätte es nie Zweifel daran gegeben.
    „Ich wollte es einfach bloß hören. Frauen mögen das nun mal.“
    „Ich hatte Angst“, gab er mutig zu.
    „Angst wovor?“
    „Davor, dass du mir wehtust . Ich würde mich nicht unbedingt als Feigling bezeichnen, aber mit dir habe ich eine völlig neue Erfahrung gemacht. Nie zuvor war mir eine Frau begegnet, die mich vom ersten Augenblick an in jeder Beziehung gereizt hat. In wirklich jeder, verstehst du? Ich fand das ziemlich beunruhigend, weil dieses Gefühl im Laufe der Wochen und Monate nicht abflaute, sondern immer intensiver wurde. Ich war unsicher und verwirrt, weil ich keine Erklärung dafür fand und nicht wusste, was das für mich und uns beide bedeutete. Erst durch dich – die Frau, die ich so vehement abgelehnt hatte, obwohl ich sie noch gar nicht kannte, nur weil sie Pierres angebliche Tochter war –, habe ich erfahren, was Liebe bedeutet. Ich hatte Angst, du könntest nicht das gleiche empfinden und mich auslachen. Oder damit zu Pierre laufen, damit der mich in die Schranken weist. Oder das Weite suchen – wie du es ja dann auch getan hast. Hätte mein Geständnis etwas geändert an deinem Entschluss zu gehen?“
    „Nein, vermutlich nicht.“
    Einen langen Augenblick sprachen sie kein Wort. Beate schob ihre Hand zwischen seine Finger, die er fest um sie schloss. Er hörte, wie sie erleichtert aufatmete.
    „Ich habe keine Erinnerung daran, wie ich die ersten Tage überlebte, konnte erst wieder klar denken, nachdem mein Herz zerbrochen war und ich nicht länger diesen Schmerz fühlte. Dann keimte und wuchs

Weitere Kostenlose Bücher