Begegnungen (Das Kleeblatt)
Verbesserungsvorschlägen für …“
Er unterbrach sich erneut und musterte stattdessen mit einer gewissen Neugier den schweigsamen Besucher. Hatte der überhaupt schon irgendetwas anderes als Bon soir gesagt, seit er ihm die Tür geöffnet hatte? Nun, wahrscheinlich hatte er ihm nicht einmal Gelegenheit dazu gegeben.
Mit einer ärgerlichen Handbewegung schob er das Schreibzeug zu einem Haufen zusammen und ließ sich dem Franzosen gegenüber auf dem Sofa nieder. Erst in diesem Moment fielen ihm die ungesunde Gesichtsfarbe und die dunklen Ringe unter Germeaux‘ Augen auf.
Er horchte auf, als der Franzose leise bat: „Sagen Sie mir, dass sie hier ist. Beate muss doch bei Susanne sein, nicht wahr?“
„Nun, e s ist so: Susanne hält sich seit mehreren Wochen bei ihren Eltern in Steinbach auf. Seit fünf Monaten, um genau zu sein. Zunächst war lediglich ein kurzer Besuch geplant, dann allerdings gab es Probleme. Sie erwartet ein Kind. Ich sehe höchstens sporadisch nach dem Rechten in der Wohnung, das heißt momentan bin ich hier … Gast bei Ossi. Aber von einer Beate habe ich nichts gehört.“
„Sie ist meine … Ich wollte sie heiraten. Und plötzlich … seit gestern ist sie …“ Alain Germeaux brachte es nicht über sich, diese unumstößliche Tatsache auszusprechen und schloss für Sekunden die Augen.
„Ich habe gerade frischen Kaffee gekocht. Sie machen ganz den Eindruck, als könnten Sie ebenfalls eine Stärkung gebrauchen.“
Matthias Clausing holte eine zweite Kaffeetasse aus der Küche und schenkte dem Franzosen außerdem ein Glas Cognac ein. Schweigend wartete er ab, bis er weiterreden würde. Alains Hände zitterten, als er den Cognac mit einem hastigen Schluck in sich hineinschüttete und anschließend vorsichtig den dampfenden Kaffee probierte.
„Beate ist verschwunden. Aus Paris. Aus meinem Haus. Ich hatte gehofft , sie bei Susanne und Adrian zu finden“, erklärte Alain mit schwacher Stimme.
„ Verschwunden?“
„Ja. Ohne ein Wort. Sie ist einfach gegangen.“
„Wieso das? Ist etwas passiert? Hatten Sie …“
Zum Teufel, er wollte nichts von irgendwelchen Problemchen hören und sich zum Eheberater degradieren lassen! Derartigen Ärgernissen in seinen Beziehungen war er – Fuchs, der er war – stets elegant aus dem Weg gegangen, indem er die Affäre kurzerhand beendet hatte, ehe es überhaupt zu einer Szene kommen konnte. Warum sollte er sich ausgerechnet jetzt mit fremden Angelegenheiten belasten?
„Hatten Beate und Sie Streit?“
„Nein, natürlich nicht.“
Und selbst wenn, wäre das für sie kein Grund zum Weglaufen gewesen, ging es Alain durch den Kopf. Nein, wirklich nicht. Im Gegenteil, Beate hatte es ein geradezu überirdisches Vergnügen bereitet, sich mit ihm zu streiten, bis die Fetzen zwischen ihnen flogen. Oder das Geschirr, je nachdem was gerade zur Hand war.
Ausgeschlossen. Wegen eines Streites – und wurde er noch so heftig geführt – würde sie ihn nicht verlassen. Schon beizeiten hatte sie den fragwürdigen Ehrgeiz entwickelt, stets das letzte Wort zu behalten. Manchmal gab er ihrem Bestreben um des guten Friedens willen aus freien Stücken, aber unauffällig nach. Und wenn nicht, setzten sie einen einmal begonnenen Streit eben Tage später fort. Das also konnte es nicht gewesen sein. Wenn er nur wüsste …
Alains Stimme wurde noch eine Spur leiser. „Nein, bestimmt nicht. Es ist schlimmer. Ich habe … Pierre getötet.“
Clausings Kopf schoss nach oben. Mund und Augen weit aufgerissen suchte er nach den passenden Worten. Du liebe Güte, wo war er da bloß hingeraten? Zugegeben, er hatte seinen Bekanntenkreis in letzter Zeit um einige illustre Gestalten erweitert. Ein Mörder wäre allerdings in der Tat die bisherige Krönung.
„Pierre?“, erkundigte er sich vorsichtig.
Alains Augen färbten sich in Bruchteilen einer Sekunde tiefschwarz. Seine Zähne knirschten, als er heftig hervorstieß: „Er war nicht Beates Vater, dennoch hat er es immer wieder behauptet, lullte sie mit seinem Charme und süßen Worten ein, bis sie ihm schließlich all seine Lügen glaubte. Bea ist ein so unschuldiges, argloses Ding, das er ohne Skrupel für seine Zwecke benutzt hat. Aber er … Pierre Germeaux war … mein Vater.“
Und ohne dass es einer weiteren Aufforderung bedurfte, erzählte der Franzose dem Kapitän die ganze Geschichte, angefangen bei seiner ersten Begegnung mit Beate in Paris, und er endete erst, nachdem er bei der Entdeckung seiner Anwälte
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