Begehrter Feind
möchte sich gern ein bisschen ausruhen. Er ist verwundet, weißt du?«
»Hast du gekämpft?«, fragte Ewan mit riesigen Augen.
Ein lächerlicher Stolz wallte in Dominic auf. »Ja, das habe ich. Und ich wehrte meine Angreifer mit bloßen Händen ab. Du musst nämlich wissen, dass ich alle möglichen Kampfarten gelernt habe, als ich auf dem Kreuzzug war.«
»Kreuzzug?«, hauchte Ewan ehrfürchtig. »Mit dem König?«
Dominic bestätigte stumm.
Nun kam der Junge noch näher, und vor Aufregung röteten sich seine runden Wangen. »Wann warst du denn auf dem Kreuzzug? Hast du König Richard richtig gesehen? Wie sieht er aus? Und hast du …«
»Knöpfchen! Was habe ich dir gesagt?«
»Mama!«
Der kleine Junge wirkte so enttäuscht, dass Dominic lachen musste. »Ist schon gut. Er ist doch bloß neugierig.«
Prompt zeigte sich ein Anflug eines Lächelns auf dem Gesicht des Kleinen, dessen Augen glänzten, während seine Hände vor Aufregung die Tunika vorn kneteten. »Hast du …« Er nagte an seiner Unterlippe. »Hast du schon mal …«
»Suppe, Mylord!« Mit einem energischen Knall stellte Ada eine Schale neben Dominic auf den Tisch. Zweifellos wollte sie damit die Unterhaltung zwischen ihm und dem Jungen beenden.
Dominic lächelte ihr zu. »Ich danke dir, gute Frau.«
Seine Höflichkeit wurde mit einem verächtlichen Schnauben quittiert, bevor Ada sich Ewan zuwandte. »Willst du mit mir kommen? Deine Mama hat fast kein Mehl mehr. Wir gehen zu mir nach Hause und holen welches.«
Ewan schüttelte heftig den Kopf. »Ich will hierbleiben.«
»Vielleicht habe ich sogar einen Zuckerkeks für dich«, legte Ada nach und griff nach der Hand des Jungen. »Ich sehe einmal nach, was ich in meiner Küche so finde.«
Der Kleine aber zog seine Hand zurück und erklärte voller Inbrunst: »Ich will nicht mit! Ich will ihm noch mein Schwert zeigen.«
Gisela kam mit einem Stapel Stoffstreifen und dem Salbentopf, den sie im Stall dabeigehabt hatte, zum Tisch. »Ein andermal, Knöpfchen. Jetzt gehst du mit Ada«, sagte sie und sah besorgt zu ihrer Freundin. »Er sollte seinen Mantel überziehen. Und lass ihn nicht die Kapuze abziehen, ja? Achte darauf, bitte!«
»Natürlich«, erwiderte die ältere Frau in einem beruhigenden Tonfall, als führte sie dieses Gespräch nicht zum ersten Mal mit Gisela. »Wir gehen nur fünf Häuser weit, da wird ihm schon nichts passieren.«
Dominic stutzte. Fünf Häuser weit? Bei solch einer kurzen Entfernung und noch dazu an einem strahlenden Tag wie heute brauchte der Junge gar keinen Umhang, geschweige denn einen mit Kapuze. Warum bestand Gisela trotzdem darauf? Er hätte gern gefragt, doch es ging ihn nichts an.
Schmollend verschränkte Ewan die Arme und rührte sich auch nicht, als Ada seinen Umhang holte, der aus grober schlammbrauner Wolle genäht war. Schnalzend hielt sie ihn dem Jungen hin. Schließlich verdrehte er die Augen und ließ ihn sich widerwillig anziehen. Seine übrige Kleidung wirkte zu klein, wohingegen dieser Umhang eindeutig zu groß für ihn war.
Gisela trat vor und flüsterte Ada etwas ins Ohr. Dominic tat, als würde er nicht lauschen.
Dann sah Ewan, der beinahe in seinem übergroßen Umhang versank, wieder zu Dominic auf. »Ich will wissen«, flüsterte der kleine Junge sehr laut, »hast du schon mal …«
Dominic zog eine Braue hoch. Er ahnte bereits, was der Kleine wissen wollte.
Hast du schon mal jemanden getötet? Gegen einen Sarazener gekämpft? Mit dem König gegessen?
»Ja?«
»Drachen getötet?«
Drachen getötet?
Dominic konnte sich kaum sein erstauntes Lachen verkneifen. Irgendwie gelang es ihm, dennoch sehr ernst dreinzublicken. »Ja«, sagte er, »habe ich.«
Gisela wartete, bis die äußere Tür ins Schloss fiel, ehe sie einen tiefen Seufzer ausstieß.
Dominic, der nur wenige Zentimeter entfernt von ihr auf der Bank hockte, lachte leise.
»Lach nicht!«, sagte sie und hatte sichtlich Mühe, nicht erbost zu gucken. Dann nahm sie den Deckel von ihrem Salbentopf, aus dem ein starker Kräutergeruch aufstieg.
»Ewan ist ein niedlicher Junge.«
Ja, er kommt nach seinem Vater.
»Das ist er«, bestätigte sie und breitete die Leinenstreifen neben dem Salbentopf auf dem Tisch aus, »aber du hättest ihm nicht sagen dürfen, dass du Drachen getötet hast.«
Die Bank knarzte, als Dominic sich weiter nach hinten lehnte. »Warum nicht?«
Sie richtete sich auf und sah ihn wütend an. »Weil es gelogen ist!«
»Ach ja?«
Gisela kniff die
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