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Begehrter Feind

Begehrter Feind

Titel: Begehrter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Kean
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öffnete die Tür nach hinten. Sogleich war sie in einen goldenen Lichtkranz gehüllt.
    »Mama!«
    Ewans begeisterter Ruf rührte an Dominics Herz. Ob ihn der kleine Junge eines Tages ähnlich begeistert begrüßen würde? Oder würde Ewan ihn hassen, weil er de Lanceau von dem Betrug seiner Mutter berichtete?
    »Ich freu mich so, dass du wieder da bist, Mama!«
    »Ich freue mich auch, Knöpfchen«, murmelte sie und schloss die Tür, so dass Dominic in der fast dunklen Schneiderei zurückblieb. Nun wurden die Stimmen leiser, bevor die Tür wieder aufging und Gisela mit einer brennenden Kerze zurückkam.
    Sie schob die Tür hinter sich mit dem Fuß zu, ging zu ihrem Arbeitstisch und entzündete mehr Kerzen. Dominic wartete. Ihm entging nicht, wie steif sie sich bewegte. Sollte sie so unsinnig handeln, ihm das Versteck zu verheimlichen, würde er auf allen vieren die Dielen eine nach der anderen prüfen, bis er es gefunden hatte.
    Doch sie wischte sich die Hände an ihrem Kleid ab und schritt auf die Stelle unmittelbar vor ihm zu. Dann kniete sie sich hin und drückte mit beiden Händen auf die abgewetzten Bohlen.
    Dominic blickte auf ihren Hinterkopf hinunter, der im Kerzenlicht schimmerte, und auf ihre Gestalt, deren Konturen sich durch das schäbige Kleid abzeichneten. Er entsann sich, wie er die sanften Grübchen auf ihrem Rücken geküsst hatte, die so vollkommen gewesen waren wie bei einer römischen Skulptur. Zu gern würde er sich neben sie knien, ihr Kinn einfangen und ihr Gesicht sanft zu sich drehen, damit er sie küssen konnte! Er sehnte sich danach, ihr sagen zu können, dass, was immer sie getan hatte, er ihr vergeben könnte, weil er sie liebte.
    Aber sie hatte ihn belogen, und das mehr als ein Mal.
    Mit einem reibenden Ächzen verschob sich das Dielenbrett unter ihren Händen. Darunter gähnte schwarze Leere.
    Nun hockte Dominic sich hin, so dass sein Gesicht auf einer Höhe mit ihrem war. Sie sah kurz zu ihm auf. Für einen winzigen Moment begegneten sich ihre Blicke, ehe Gisela wieder auf das Dielenbrett schaute, daran zog und es heraushob.
    Dominic griff nach dem benachbarten Brett. Die Ränder waren vollkommen glatt, die Bretter nahtlos eingefügt. Derjenige, der diesen verborgenen Stauraum gebaut hatte – wahrscheinlich ein Schmuggler, dem das Geschäft früher gehört hatte –, musste handwerklich sehr geschickt gewesen sein, denn er hatte dafür gesorgt, dass sein Versteck unsichtbar war.
    Ein bitteres Lächeln zuckte in Dominics Mundwinkeln. Kein Wunder, dass er nichts gefunden hatte! Obgleich er genau gewusst hatte, dass er in Crenardieu den Richtigen ausgemacht hatte, waren ihm die losen Dielen gar nicht in den Sinn gekommen.
    Gisela zog noch zwei weitere Bretter heraus. Dann hockte sie sich zurück auf die Fersen und zeigte in die Öffnung.
    Blaue Seide. Ein kleines Vermögen an Tuch.
    Kopfschüttelnd fragte Dominic: »Hast du noch mehr davon versteckt?«
    »Nein.«
    »Bist du ganz sicher?«
    Ihre Miene verhärtete sich, dann nickte sie ein Mal.
    »Diese Seidenballen sind nur ein kleiner Teil dessen, was Geoffrey gestohlen wurde. Irgendwo müssen noch viel mehr sein.« Er sah sie streng an. »Weißt du, wo Crenardieu sie lagert?«
    »Nein, das weiß ich nicht.« Sie sah auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte.
    Ein schrilles Kichern kam aus dem hinteren Zimmer – Ewans Lachen –, und Gisela seufzte tief.
    Dominic streckte einen Arm in die Bodenluke und prüfte den Inhalt. Sauber zusammengelegt auf zwei Seidenballen waren ein Kleid und ein teils fertiger Seidenumhang. Äußerst edle Kleidungsstücke.
    »Was hast du mit Crenardieu vereinbart?«, fragte er, während er ertastete, wie viel Tuch noch auf den Ballen war.
    »Er kommt morgen früh, um die Kleider und den verbliebenen Stoff abzuholen.«
    »Und dann bezahlt er dich?«
    »Ja.«
    Dominic lächelte.
    Sofort zog Gisela die Brauen hoch und sah ihn fragend an. »Ich kenne diesen Blick.«
    »Ja, das würde ich meinen.«
    Mit einem kleinen Stöhnen erhob sie sich. »Was hast du vor? Ich muss es wissen!«
    Muss.
Was für ein eigennütziger Terminus! Er hatte ihr vor Tagen schon erklärt, dass er entdecken
musste,
wo sich die gestohlene Seide befand.
    Er stand ebenfalls auf und strich sich die Tunika glatt. »Wenn ich später am Abend wiederkomme, werden wir weiterreden. Jetzt habe ich andere Angelegenheiten zu regeln.« Vordringlich war, dass er Geoffrey schrieb und ihm berichtete, was er entdeckt hatte. Je mehr Waffenknechte

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