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Begierde

Begierde

Titel: Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Gruenberg
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sie seine Gedanken mehr denn je, seit er ihr wieder begegnet war. Er hätte sich nicht darauf einlassen sollen. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich nicht weiter um sie zu kümmern. Auf welchen Traumprinzen wartete sie? Für wen hob sie sich auf? Marc versuchte vergeblich, sich auf ihr widersprüchliches Verhalten einen Reim zu machen. Sein schlechtes Gewissen brachte ihn noch um. Vielleicht war er schuld an dem ganzen Dilemma? Nein, das war nicht möglich. Er würde nie Vickys Anblick in der Bar vergessen, wie gerne sie vor dem Fremden ihre Brüste entblößt hatte. Er hätte sie in diesem Moment am liebsten übers Knie gelegt und versohlt. Doch wo war die Grenze? Er lebte gerne seine Dominanz aus, aber auf erotische Weise. Nicht auf erzieherische.
    »Marco, was meinst du dazu?«
    Antonios Stimme riss Marc unsanft aus seinen Überlegungen.
    »
Scusa
, ich war mit meinen Gedanken woanders.«
    Antonio sprach weiter, als wäre nichts gewesen. »Die Marktforschung hat ergeben, dass sich unser neues Chaiselongue nicht in Bordeauxrot und Anthrazitgrau verkaufen lässt. Cesare hat ein paar Alternativvorschläge.« Er schob die in verschiedenen Varianten gefärbten Ledermuster Marc zu, der ihm gegenüber saß, mit geistesabwesendem Blick. Er zog fragend die Augenbrauen hoch, doch Marc war bewusst, der fragende Blick galt nicht der Farbauswahl, sondern seiner Unkonzentriertheit. Er schüttelte fast unmerklich den Kopf.
    »Also, wir hätten Azurblau, Apfelgrün, Flieder oder Bitterorange als Alternative.«
    Marc unterdrückte ein Seufzen. Er fühlte sich heute überhaupt nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen. Aber wenn er von seinen Mitarbeitern Professionalität und vollen Einsatz verlangte, musste er eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen. Er setzte sich gerader auf, nahm die Lederstücke in die Hand, drehte sie im Licht. »Flieder und Apfelgrün«, erwiderte er schließlich.
    Antonio lächelte zufrieden, für Marc das Zeichen, dass er genau diese beiden Farben ebenfalls bevorzugte. Damit war der neue Farbtrend abgesegnet und die Produktion konnte weiter voranschreiten.
    Der übrigen Sitzung wohnte Marc einigermaßen aufmerksam bei. Als ihre Besprechung zuende war, folgte Antonio Marc in dessen Büro.
    »Hey, was ist los mit dir? Du bist zerstreut. So kann es nicht weitergehen.« Er setzte sich Marc gegenüber an den Schreibtisch. »Nun komm schon, rede mit mir!«
    Marc rutschte unruhig auf dem Bürostuhl herum, schlug die Beine übereinander, stellte sie dann wieder nebeneinander.
    »Marco! Es hat nichts mit unserer Arbeit zu tun, das weiß ich.
Per favore
, wir sind nicht nur Partner, wir sind auch Freunde. Es geht immer noch um deine Vicky, nicht wahr?« Er suchte den Blickkontakt mit Marc, doch dieser wich ihm aus und schaute an ihm vorbei. Eisernes Schweigen von beiden Seiten. Marc betrachtete seine Fingernägel, als ob es dort etwas Interessantes zu begutachten gab. Er spielte auf Zeit, in der Hoffnung, dass Antonio nicht weiter bohren würde. Vielleicht wäre es besser, mit ihm darüber zu reden, aber seine Kehle war wie zugeschnürt. Minuten vergingen. Es war so ruhig, dass sie hörten, wie nebenan einer ihrer Mitarbeiter telefonierte.
    »Ich stehe nicht auf, bevor du mir nicht glaubhaft gemacht hast, dass du ohne meine Hilfe klar kommst.«
    Laut seufzend gab Marc auf. »Ich dachte, ich kenne dich. Aber ich wusste nicht, dass du so hartnäckig sein kannst.«
    »Hmm.«
    Marc verdrehte die Augen. »Was willst du wissen?«
    »Och, was immer du mir erzählen möchtest. Vielleicht sagst du mir einfach mal, warum du deine Schwester zuerst verschacherst und dann plötzlich ein schlechtes Gewissen hast und dich um sie bemühst?«
    »Weil ich jetzt weiß, dass ich sie falsch eingeschätzt habe. Ich verstehe noch nicht ganz, was sie veranlasst hat, sich als sündige Verführung zu präsentieren. Aber – der Eindruck, sie würde mit jedem vögeln, war vollkommen falsch. Sie –« Marc hielt kurz inne. Antonio schaute ihn erwartungsvoll an, die Augenbrauen hoch gezogen. »Sie ist noch Jungfrau.«
    Antonios Mund klappte ein Stück weit auf. Dann prustete er laut heraus. »Wie bitte? Sag das noch einmal. Sie ist was?«
    Doch Marc nickte einfach nur.
    Antonio gab ein tiefes Lachen von sich. »Das ist doch ein Scherz, oder?«
    Marc schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist bei einer ärztlichen Untersuchung festgestellt worden.«
    »Aha, ich verstehe. Jetzt hast du Gewissensbisse, weil du ihr Unrecht getan hast?«

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