Beginenfeuer
Erzbischofs von Sens werden soll?« Mathieu zögerte. Er hatte den Namen des Kandidaten gehört, und nach kurzem Überlegen entschied er sich, ihn zu nennen. »Seine Majestät hat dem Papst nahe gelegt, den Bruder seines Ministers Enguerrand von Marigny mit dem Erzbistum von Sens zu belohnen. Seine Verdienste als Provinzialinquisitor von Lothringen machen Monsieur von Marigny zu einem guten Kandidaten. Wenn er den Vorsitz über die Synode hat, der das endgültige Urteil über die Templer obliegt, dann wird es unzweifelhaft im Sinne des Königs fallen.«
»Philippe von Marigny«, wiederholte Pierre von Bologne nachdenklich. »Ob der Heilige Vater darauf eingeht, sich eine solche Laus in den Pelz zu setzen?«
»Erinnert Ihr Euch an eine wichtige Entscheidung in den letzten Jahren, die er gegen Philipp den Schönen gefällt hat?« Die Rückfrage erübrigte die Antwort.
Der Tempelritter bekreuzigte sich, erhob sich von den Knien. Er ging zum Ausgang des Gotteshauses, das inmitten des königlichen Palastgeländes stand. Nur ein schmaler, überdachter Gang verband die Oberkapelle mit der Wohnung des Königs. Ludwig der Heilige hatte auf diesem Wege die Messen besucht und seine Gebete verrichtet. Auch sein Enkel schätzte diese Möglichkeit zum ungestörten Gebet. Der König bekämpfte zwar die weltliche Macht der Kirche, aber er war dennoch ein gläubiger Christ. Seit dem Tode seiner Gemahlin verbrachte er mehr Zeit im Gebet als bei seinem Lieblingssport, der Jagd.
Mathieu folgte Bologne schweigend, und die beiden Männer hielten erst inne, als sie die Brücke zum rechten Ufer des Flusses erreicht hatten. Am Ufer wartete ein Boot auf Pierre de Bologne. Ehe er einstieg, fasste er freundschaftlich nach der Hand seines Begleiters.
»Sollten wir uns nicht wieder sehen, werde ich Euch als einen aufrechten Mann in Erinnerung behalten, der in Zeiten der Lüge und des Verrats den Weg der Ehre und des Mutes geht. Gott schütze Euch, mein Freund.«
Mathieu fehlten die Worte, diesen unerwarteten Gruß zu erwidern. Er konnte nur dem Boot nachsehen, das den Tempelritter über die Seine brachte, und ihm wünschen, klug genug zu sein, sein Leben zu retten.
Schon der nächste Tag brachte die Nachricht, dass Bologne zusammen mit den anderen drei Sprechern der Tempelritter im Châtelet eingekerkert worden war. Mathieu erfuhr im Rat des Königs davon, und er hatte Mühe, seinen Zorn zu beherrschen. »War dies nötig?«, fragte er so heftig, dass der König die Stirn runzelte und zu Nogaret aufsah.
»Es geht uns lediglich darum, die Sicherheit der Verhandlungsführer zu gewährleisten«, antwortete le terrible ungerührt. »Ihr wisst, wie es in den Straßen der Stadt zugeht. Ein einziger Ausbruch von Gewalt, in dem Monsieur von Bologne zu Schaden kommt, und schon schiebt man uns die Schuld dafür in die Schuhe. Das darf nicht geschehen.«
»Und im Châtelet kommt niemand zu Schaden?«, erkundigte sich Mathieu sarkastisch.
»Monsieur de Jamville, der das Châtelet befehligt, hat lediglich den Befehl, die vier Ritter zu beschützen und zu bewachen. Nicht mehr«, beendete der König die Debatte. Mathieu knirschte mit den Zähnen und ersparte sich den Hinweis, dass die Gastfreundschaft Seiner Majestät die vier Ordensmänner auf eine Stufe mit Ketzern, Galgenstricken und Betrügern stellte. Wenn sich König und Großsiegelbewahrer in ihrem Vorgehen einig waren, gab es keine Möglichkeit, das Verhängnis abzuwenden. Keine legale zumindest.
Er fand Jean Vernier in der Küche des kleinen Hauses in der Rue Ursins. Der Alte betrachtete Ysée, deren Finger die Handspindel nur hielten, aber nicht bewegten. Sie starrte aus der offenen Küchentür hinaus in den Hof. Beide fuhren erschrocken zusammen, als Mathieu eintrat. Ihre Gesichter entlockten ihm ein kurzes Lachen.
»Welch hübsches Bild häuslichen Friedens«, sagte er mit mildem Spott. Ysée errötete.
»Gott zum Gruß, Herr Ritter«, sagte sie. »Es tut mir Leid, dass ich keine Zeit für dich hatte. Der König ist ein strenger Herr in diesen Tagen.«
»Wegen der Templer?«, rutschte es Ysée heraus. »Was weißt du von den Templern?«
»Nichts.« Man hörte Ysée das Bedauern darüber an. Mathieu sah zu Jean. Immerhin wusste das Mädchen von den Templern, und dafür konnte es nur eine Quelle geben. »Langweilt dich mein Waffenmeister mit dem Klatsch der Gassen?«
»Er spricht wenigstens mit mir.«
Ysée vermied es aufzusehen. Sie fürchtete, man würde ihr anmerken, dass sie nicht
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